„Die Menschen dieses Landes sind keine Untertanen.“ – Hans-Jürgen Papier

Nur ein Schwächeanfall der Justiz? Noch einmal: Das Urteil des Landgerichts Erfurt gegen Christian Dettmar

Foto: Tilyo Rusev, photocase.de

Das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte hat sich bereits in zwei Beiträgen zum Strafverfahren gegen den Weimarer Amtsrichter Christian Dettmar geäußert: Der erste Artikel analysierte die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Erfurt (im Folgenden: Artikel zur Anklage), der zweite kommentierte kurz nach Verkündung das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23.08.2023 (im Folgenden: Artikel zur Urteilsverkündung). Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Rechtsbeugung, so lautete das Urteil der 2. Strafkammer des Landgerichts, das nicht rechtskräftig ist. Inzwischen liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor.1Das schriftliche Urteil wurde (bisher) nicht veröffentlicht, liegt KRiStA aber vor. Allgemein zugänglich ist auf der Webseite eines der Verteidiger des Angeklagten eine professionelle stenografische Mitschrift der mündlichen Urteilsbegründung. Dies ist der Anlass für diesen Beitrag. In ihm soll die Argumentation der Kammer nachgezeichnet und der Kritik unterzogen werden. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, wie ein solches Urteil überhaupt möglich ist: Ist es allein durch Unvermögen zu erklären oder muss man auch nach anderen Gründen suchen?

Der Beitrag setzt die beiden früheren Artikel inhaltlich voraus. Insbesondere werden rechtliche Erläuterungen zum Tatbestand des § 339 StGB, die in dem Artikel zur Anklage gegeben wurden, hier nicht noch einmal wiederholt.

1.  Überblick

Das schriftliche Urteil des Landgerichts Erfurt umfasst 139 Seiten. Zum Aufbau eines Strafurteils muss man Folgendes wissen: Es besteht aus Rubrum (Angaben der Verfahrensart, der Verfahrensbeteiligten, ihrer Rollen, der Verhandlungstage u. a.), Urteilstenor (= Urteilsformel) und den Gründen. Die Gründe sind üblicherweise in fünf Abschnitte unterteilt: (1) persönliche Verhältnisse des Angeklagten, (2) Sachverhalt, von dem das Gericht ausgeht („Was ist passiert?“), (3) Beweiswürdigung („Woher weiß das Gericht das?“), (4) rechtliche Würdigung („Welche Straftatbestände sind damit erfüllt?“), (5) Strafzumessung („Wie ist die Tat zu ahnden?“).

Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten werden in dem Urteil auf einer Seite geschildert, die Darstellung des Sachverhalts nimmt 44 Seiten ein, die Beweiswürdigung sogar 77 Seiten. Minutiös werden hier die Einlassung des Angeklagten, die Aussagen von Zeugen, der Inhalt von Schriftstücken, E-Mails und SMS wiedergegeben. Die rechtliche Würdigung ist mit 11 Seiten dagegen eher knapp, die Strafzumessung findet auf 4 Seiten Platz. Die Feststellungen zum Sachverhalt müssen hier nicht explizit erörtert werden, weil das äußere Geschehen zwischen Gericht und Verteidigung im Wesentlichen unstrittig ist.2Die subjektive Seite (Vorsatz) wird von der Kammer im Sachverhalt (entgegen den Üblichkeiten) nicht dargestellt, sondern erst in der rechtlichen Würdigung erörtert.   Strittig ist die rechtliche Würdigung, weshalb sich der Beitrag vor allem darauf konzentriert.

2.  Anklagevorwürfe, die den Tatbestand nicht erfüllen

Wie in dem Artikel zur Anklage dargelegt,3 Abschnitte 3 bis 7. hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten eine Vielzahl von (angeblichen) Rechtsverletzungen vorgeworfen, die alle den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen sollen. Bis zum Schluss der Hauptverhandlung hat sie daran keine Abstriche gemacht. Auch der Vorwurf, Rechtsbeugung liege vor, weil der Angeklagte gewusst habe, dass (angeblich) die Verwaltungsgerichte zuständig gewesen seien, wurde bis zum Plädoyer aufrechterhalten (und auch in der Begründung der von ihr eingelegten Revision wiederholt).4Angesichts dessen wird deutlich, dass es der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren keineswegs allein um die Wahrheit, sondern offenbar (auch) um andere Dinge ging. Denn dieser Vorwurf war schon durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das OLG Jena in dem Beschluss vom 14.05.2021 vom Tisch, weil das OLG damit erklärte, dass die Frage auch aus seiner Sicht keineswegs abschließend geklärt sei (vgl. Artikel zur Anklage, Abschnitt 3).

Die Kammer erklärt auf knapp eineinhalb Seiten, dass nach ihrer Auffassung sämtliche von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe bis auf einen nicht den Tatbestand des § 339 StGB erfüllen. Den Zuständigkeitsvorwurf räumt sie unter Verweis auf die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht ab und die anderen Vorwürfe mit der Begründung, dass jeweils keine für den Tatbestand der Rechtsbeugung ausreichend schwerwiegende Rechtsverletzung (ein „elementarer Rechtsverstoß“) vorliege.

3.  Der Vorwurf der Befangenheit

a. Unterlassen der Selbstablehnung als tatbestandsmäßige Handlung oder Befangenheit an sich?

Der einzige Vorwurf, der der Kammer zufolge von der Anklage übrigbleibt und der die Verurteilung wegen Rechtsbeugung tragen soll, ist der der Voreingenommenheit und Befangenheit. Der einleitende Satz dieses Teils der Begründung lautet: „Der Angeklagte hat sich der Rechtsbeugung jedoch dadurch schuldig gemacht, indem (sic!) er die verfassungsrechtlich gebotene richterliche Unabhängigkeit aus sachfremden Motiven missachtet hat.“ (S. 125)

Abgesehen davon, dass sachangemessene Motive für eine Missachtung der richterlichen Unabhängigkeit nicht vorstellbar sind,5Die Kammer übernimmt für das Urteil häufig Sätze und Formulierungen aus der Anklageschrift, die sie teilweise umformuliert. Das gelingt nicht immer. Die Vorlage (S. 4 der Anklage) lautete hier: „… führte der Angeschuldigte unter Missachtung der verfassungsrechtlich gebotenen richterlichen Unabhängigkeit allein aus persönlichen sachfremden Motiven heraus, …“   kann das bloße Fehlen gebotener Achtung niemals einen Straftatbestand erfüllen. Im geltenden Strafrecht wird tatbestandsmäßiges Verhalten, das in einem Tun oder einem Unterlassen bestehen kann, bestraft. Gedanken, Gefühle, Überzeugungen sind nicht strafbar.

Ganz so meint die Kammer das auch nicht, wenngleich sie bei der Frage des Vorsatzes (dazu unter Abschnitt 5 mehr) nur prüft, ob Vorsatz bezüglich der (angeblichen) Befangenheit bestand, also die Befangenheit als Tathandlung behandelt. In dem dem zitierten Satz nachfolgenden Satz wird vielmehr deutlich, dass sie der Auffassung ist, die Rechtsbeugung bestehe darin, dass der Angeklagte das Verfahren trotz seiner Befangenheit geführt und entschieden habe. Die gesamte richterliche Tätigkeit bei dem Verfahren soll gewissermaßen den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen, weil sie im Zustand der Befangenheit erfolgt sei. Auch das ist aber falsch und zwar aus dem einfachen Grund, dass es keine Rechtspflicht für Richter gibt, bei der Leitung eines Verfahrens unbefangen zu sein bzw. keinen Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit zu liefern. Dies klingt vielleicht für den juristischen Laien überraschend, erklärt sich aber damit, dass zum einen in vielen Fällen der Richter die Besorgnis der Befangenheit gar nicht selbst in der Hand hat, etwa wenn sie sich aus persönlichen Beziehungen zu den Beteiligten ergibt (Beispiel: zu einer Partei des Verfahrens besteht eine enge Freundschaft), und es zum anderen kein „Selbstablehnungsrecht“ gibt, das es einem Richter ermöglichen würde, sein Ausscheiden aus einem Verfahren selbst herbeizuführen.

Die einzige Pflicht, die insoweit besteht, ist die zur Selbstablehnung (hier gem. § 6 FamFG i. V. m. § 48 ZPO).6Im Zivilrecht (§ 48 ZPO) ist von Selbstablehnung die Rede, im Strafrecht (§ 30 StPO) von Selbstanzeige. Dies ist nur ein begrifflicher, kein sachlicher Unterschied. Wird diese von dem darüber zur Entscheidung berufenen Richter als begründet beurteilt, scheidet der Richter aus dem Verfahren aus. Wird sie aber für unbegründet erachtet, muss der Richter das Verfahren weiterführen und zwar auch dann, wenn die Entscheidung falsch ist, weil tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit besteht.

Als Rechtsverletzung i. S. v. § 339 StGB kommt danach allein das Unterlassen einer gebotenen Selbstablehnung in Betracht. Sieht man hier klar, wird eine wesentlich sachlichere Betrachtung möglich, als wenn – wie im Urteil – mit hoher moralischer Aufladung das gesamte Verfahren vom Beginn bis zur Entscheidung zur Rechtsbeugungshandlung erklärt wird.

Zwar führt die Kammer auch an, dass der Angeklagte (nach ihrer Auffassung) verpflichtet gewesen wäre, eine Selbstanzeige anzubringen, aber das soll nur ein untergeordneter Teil der Tat sein. Sie meint, weil der Angeklagte nicht nur die Selbstanzeige unterlassen habe, sondern auch das Verfahren geführt und entschieden habe, liege der Schwerpunkt auf einem aktiven Tun und nicht auf einem Unterlassen (S. 127).7Dies dürfte von dem Urteil des LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 29798, Rn. 19, übernommen worden sein.  Das ist, wie dargelegt, falsch. Es kommt grundsätzlich nur ein Unterlassungsdelikt in Betracht. Das hätte wiederum eine Absenkung der Mindeststrafe – eine sog. Strafrahmenverschiebung – von einem Jahr auf 3 Monate Freiheitsstrafe (§ 13 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und über § 47 Abs. 2 StGB sogar die Verhängung einer Geldstrafe ermöglicht.8Ein Beispiel für eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung durch Unterlassen und zu einer Geldstrafe ist der Fall des Hamburger Richters Schill. Schill, dem vorgeworfen wurde, er habe die Bearbeitung einer Beschwerde gegen einen Ordnungshaftbeschluss absichtlich verzögert, um eine frühere Entlassung der Inhaftierten durch das Beschwerdegericht zu verhindern, wurde in erster Instanz vom Landgericht Hamburg zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. In der Revision wurde das Urteil vom BGH (04.09.2001, 5 StR 92/01, juris) aufgehoben.   

b. Rechtsbeugung durch Unterlassen der Selbstablehnung

Man muss an dieser Stelle noch einmal einen Schritt zurücktreten, um die Besonderheiten des Vorwurfs der Rechtsbeugung durch Unterlassen einer Selbstablehnung in den Blick zu bekommen.

Die Behauptung der Besorgnis der Befangenheit ist in Gerichtsverfahren, vor allem in Strafverfahren keine Seltenheit. Die meisten Ablehnungsanträge von Verteidigern haben zwar keinen Erfolg, aber es gibt selbstverständlich auch Fälle, in denen die Besorgnis der Befangenheit für begründet erklärt wird. In all diesen Fällen könnte man fragen, ob der betreffende Richter nicht verpflichtet gewesen wäre, noch vor der Ablehnung durch einen anderen Beteiligten eine Selbstablehnung bzw. Selbstanzeige anzubringen. Und da er dies offensichtlich nicht getan hat, würde sich nach der Logik der Kammer (und der Staatsanwaltschaft) stets die Frage eines Verdachts der Rechtsbeugung durch Unterlassen der Selbstanzeige stellen.

Tatsächlich wird die Frage aber in der Praxis so gut wie nie gestellt. In der Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur zu § 48 ZPO und § 30 StPO wird bei den Folgen einer pflichtwidrig unterlassenen Selbstablehnung ausschließlich erörtert, ob dies in der Revisions- oder Berufungsinstanz gerügt werden kann, und es wird außerdem darauf hingewiesen, dass eine pflichtwidrig unterlassene Selbstablehnung für sich allein oder in der Zusammenschau mit weiteren Umständen ein Ablehnungsgesuch rechtfertigen könne.9BeckOK ZPO/Vossler ZPO § 48 Rn. 7; Zöller/Vollkommer ZPO § 48 Rn. 11; KK-StPO/Heil StPO § 30 Rn. 6; BeckOK StPO/Cirener StPO § 30 Rn. 6. Nirgendwo wird hier erörtert, dass eine pflichtwidrig unterlassene Selbstablehnung als Rechtsbeugung strafbar sein könnte.

Soweit aus den veröffentlichten Entscheidungen zu § 339 StGB ersichtlich, gibt es nur einen einzigen Fall, bei dem ein Richter bei unterlassener Selbstablehnung wegen Rechtsbeugung angeklagt wurde:10LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 22988. Bei diesem Fall hatte ein Richter als Gefälligkeit für einen Bekannten, der einen Zivilprozess am Amtsgericht führte, ein Ablehnungsgesuch gegen den für das Verfahren zuständigen Amtsrichter verfasst. Nachdem das Ablehnungsgesuch von dem dafür zuständigen Richter als unbegründet verworfen worden war, verfasste er auch die Beschwerde dagegen. Als die Beschwerde dann aufgrund des Geschäftsverteilungsplanes (was nicht vorhersehbar war) in seinem Dezernat landete, unterließ er die Selbstablehnung und entschied selbst über die Beschwerde. Dass dies ein wirklich schwerwiegender Fall richterlichen Fehlverhaltens ist und der Richter unter keinen, wirklich keinen denkbaren Umständen die Selbstablehnung hätte unterlassen dürfen, dürfte unter Richtern und Staatsanwälten Konsens sein.11Der Angeklagte hat in dem Verfahren laut Urteilsfeststellungen auch eingeräumt, dass ihm klar war, dass er eine Selbstanzeige hätte machen müssen (a. a. O. Rn. 10). Die Verurteilung wegen Rechtsbeugung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten auf Bewährung wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt.12BGH, Beschluss vom 05.08.2009, 1 StR 366/09. – Die Kammer führt den Fall auch an und meint tatsächlich, dass der Unrechtsgehalt der Handlungen des Angeklagten Dettmar deutlich höher zu bewerten sei als im Freiburger Fall, weil er nicht nur über eine von ihm mitbearbeitete Anregung entschieden habe, sondern zielgerichtet darauf hingewirkt habe, dass er ein Verfahren in seiner Zuständigkeit zur Entscheidung bekommt und deren Ergebnis von vornherein vorgefasst war (S. 134). Dass dies eine geradezu phänomenale rechtliche Fehlbewertung ist, wird im Folgenden noch im Detail aufgezeigt.

Dass dies der einzige Fall einer Verurteilung wegen Rechtsbeugung wegen unterlassener Selbstanzeige ist, zeigt zugleich, dass nur im absoluten Ausnahmefall eine pflichtwidrig unterlassene Selbstanzeige das Gewicht einer für den Tatbestand des § 339 StGB erforderlichen elementaren Rechtsverletzung haben kann.

Dies ergibt sich auch daraus, dass darauf zu achten ist, dass eine Rechtsverletzung, die für sich genommen nicht das Gewicht eines elementaren Rechtsverstoßes i. S. v. § 339 StGB hat, nicht über den „Umweg“ der unterlassenen Selbstablehnung doch noch den Vorwurf der Rechtsbeugung begründen soll. Denn ein Verstoß gegen das Verfahrensrecht, der für einen Rechtsbeugungsvorwurf nicht gewichtig genug ist, kann doch ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit begründen. Würde nun in diesem Fall das Unterlassen der Selbstanzeige als Rechtsverletzung i. S. v. § 339 StGB gewertet, würde dies zu einem Wertungswiderspruch führen.

Zu bedenken ist insoweit auch, dass letztlich bei jedem Rechtsbeugungsfall auch ein Fall der Befangenheit vorliegt, denn bei einer Rechtsbeugung zum Vor- oder Nachteil einer Partei besteht begriffsnotwendig auch die Besorgnis der Befangenheit. Es ist bisher aber noch kein Gericht auf die Idee gekommen, nachdem es bei einer Rechtsbeugungsanklage die Verwirklichung des Tatbestandes verneint hat, im Anschluss zu prüfen, ob der Richter wegen des angeklagten Verhaltens sich nicht hätte selbst ablehnen müssen und das Unterlassen nun seinerseits einen Rechtsbeugungsvorwurf tragen könnte.

Daraus ergibt sich vorliegend die Frage, wie ein nicht ergebnisoffenes Führen des Verfahrens oder eine nicht korrekte Auswahl der Sachverständigen13Dazu sogleich näher unter c. und d. – Vorwürfe, die niemals den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen können – über die sich daraus (angeblich) ergebende Befangenheit und die unterlassene Selbstanzeige dann doch eine Rechtsbeugung begründen sollen. Diese Frage stellt sich die Kammer aber schon deshalb nicht, weil nach ihrer Auffassung bereits die Verfahrensleitung im Zustand der Befangenheit das tatbestandsmäßige Verhalten sein soll.

Diese grundsätzlichen Einwände vorangestellt, soll im Folgenden dennoch die Argumentation der Kammer im Einzelnen nachgezeichnet werden.

c. Eine eigene Meinung als Befangenheitsgrund?

Der Vorwurf der Befangenheit soll sich nach dem Urteil aus Folgendem ergeben:
Der Angeklagte sei schon ab Februar 2021 entschlossen gewesen, „eine gerichtliche Entscheidung zur Maskenpflicht mit Öffentlichkeitswirkung zu treffen“. In diese Entscheidung habe er Sachverständigengutachten einführen wollen, „um damit den Argumentationsdruck für weitere gerichtliche Entscheidungen zu erhöhen.“ Zur „Verschleierung seiner Voreingenommenheit“ habe er für eine Anregung eines Verfahrens nach § 1666 BGB gezielt nach geeigneten Betroffenen gesucht und während des Verfahrens darauf geachtet, „dass seine vorgefasste Position … nicht nach außen erkennbar wird.“ Auch dass er das  Anregungsschreiben der Familie B. „mitbearbeitet“ habe, soll ihn befangen machen (bis hier S. 125 f.). Bei der Auswahl der Sachverständigen habe er keine Objektivität walten lassen, sondern diese ergebnisorientiert ausgewählt (S. 128). Insgesamt sei das Verfahren von ihm nicht ergebnisoffen geführt worden (S. 127). Und schließlich sei er auch befangen „aufgrund seiner vorgefassten Auffassungen zu der SARS-CoV-2-Pandemie und der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen“ (S. 127).

Auf den letztgenannten Vorwurf soll hier zuerst eingegangen werden: Die Kammer behauptet tatsächlich, der Angeklagte hätte in dieser Sache nicht entscheiden dürfen, weil er sich im Vorfeld bereits intensiv mit der Coronakrise und insbesondere den Coronamaßnahmen auseinandergesetzt und sich eine Meinung dazu gebildet hatte. Wenn das stimmen würde, dürften auch Richter, die wissenschaftliche Literatur über illegale Drogen gelesen haben und sich eine Meinung zum Thema gebildet haben, kein Betäubungsmittelverfahren mehr führen. Das ist so absurd, dass man dazu gar nichts weiter sagen muss.14S. dazu bereits Artikel zur Urteilsverkündung. Es stellt sich allerdings die Frage, warum der Kammer die Absurdität nicht selbst auffällt.

Die Antwort scheint zu sein, dass die Kammer in Bezug auf Kritik an Coronamaßnahmen selbst befangen ist und diese Befangenheit sie daran hindert, hier klar zu sehen. Der implizite Obersatz, der das Denken der Kammer steuert, ist nämlich nicht: „Richter, die sich bereits vor einem Verfahren mit (nichtjuristischen) Fragen aus anderen Wissenschaften, die für das Verfahren bedeutsam sind, beschäftigt haben, dürfen solche Verfahren nicht führen“, der implizite Obersatz (der allerdings nicht explizit reflektiert werden darf, weil dann doch die Absurdität offenkundig würde) lautet vielmehr: „Coronamaßnahmenkritiker dürfen keine Verfahren zu Coronamaßnahmen führen.“ Dieser implizite Obersatz „funktioniert“ deshalb für die Kammer, weil grundsätzliche Kritik an der Coronapolitik in ihrem Verständnishorizont als vernunftwidrig, in gewisser Weise sogar illegitim, während Konformität mit dieser Politik als vernunftgemäß gilt. Die Idee, dem Angeklagten könnte zum Vorwurf gemacht werden, dass er sich eine kritische Meinung zu den Coronamaßnahmen gebildet hat, während einem vorbehaltlosen Befürworter der Maßnahmen ein solcher Vorwurf niemals gemacht würde, beruht damit letztlich auf der im gesellschaftlichen Diskurs erfolgten Abwertung der Maßnahmenkritiker als „Querdenker“, „Coronaleugner“, „Wissenschaftsleugner“, auch wenn die Kammer solche Vokabeln nicht verwendet und an anderen Stellen des Urteils wiederholt betont, dass sie über die Frage, ob der Beschluss des Angeklagten in der Sache richtig war, nicht entschieden habe. Mit dem Vorwurf an den Angeklagten, er habe wegen seiner kritischen Meinung zu den Coronamaßnahmen das Verfahren nicht führen dürfen, ist jedenfalls ein erster Tiefpunkt des Urteils erreicht. 

d. Der Vorwurf fehlender Unparteilichkeit bei einem Verfahren von Amts wegen

Im Artikel zur Anklage15Abschnitt 5. war ausführlich die Frage erörtert worden, was eigentlich Befangenheit bei einem amtswegigen Verfahren nach § 1666 BGB bedeutet.

Die Kammer beschäftigt sich mit dieser Frage nicht. Sie zitiert, wie schon die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen das Gebot von Unparteilichkeit und Neutralität der Richter aus Art. 97 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz abgeleitet wird,16Das ausschließliche Zitieren des Grundgesetzes und von Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an dieser Stelle, anstatt sich mit der umfangreichen Rechtsprechung zur Befangenheit auseinanderzusetzen, dient erkennbar dazu, die Vorwürfe möglichst „hoch anzuhängen“. wirft dem Angeklagten vor, diesem Gebot von Unparteilichkeit und Neutralität nicht genügt zu haben und damit ist die Argumentation auch schon fast beendet. Dass die zitierten Aussagen vom Bundesverfassungsgericht alle im Kontext von Parteiverfahren getroffen wurden, also in Verfahren, die von einer Partei und nicht vom Gericht begonnen werden und in denen sich zwei Parteien im Streit gegenüberstehen, und sich daher die Frage stellt, inwieweit diese Aussagen der Interpretation bedürfen, wenn es um amtswegige Verfahren geht, wird von der Kammer dabei übergangen.

In einem Kinderschutzverfahren gibt es keine sich gegenüberstehenden Parteien, es gibt ein oder mehrere betroffene Kinder und das Verfahren wird von Amts wegen vom Gericht eingeleitet, wenn ein Verdacht der Kindeswohlgefährdung besteht. Man kann sagen: Der Richter ist von der ersten Minute des Verfahrens an auf der Seite des Kindes und damit parteiisch. Man kann die Rolle des Familienrichters in einem solchen Verfahren sogar mit der Rolle eines Staatsanwaltes im Ermittlungsverfahren vergleichen: Wie ein Staatsanwalt hat der Richter das Verfahren einzuleiten, sofern es einen Anfangsverdacht gibt und hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (durch Anhörung von Beteiligten, ggf. auch Zeugenvernehmungen, Einholung von Gutachten etc.).17Dass der Richter am Ende dann auch noch selbst über die Sache abschließend entscheiden muss, während der Staatsanwalt „nur“ Anklage erheben kann, ist für den Vergleich ohne Belang.   Von der Staatsanwaltschaft wird aber keine Unparteilichkeit und Neutralität (Wem gegenüber auch, dem Verbrechen?) erwartet. Was von ihr erwartet wird, ist Objektivität. Die Staatsanwaltschaft ist der Wahrheit verpflichtet und hat deshalb nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände zu ermitteln (§ 160 StPO). Und dieselbe Objektivität in der Sache wird selbstverständlich auch von einem Richter in einem Kindesschutzverfahren nach § 1666 BGB erwartet. 

Um aber die Frage zu beurteilen, ob der Angeklagte die gegenüber der Sache erforderliche Objektivität hat walten lassen, also insbesondere bei der Aufklärung der Frage, ob die Maskenpflicht in der Schule das Wohl der betroffenen Kinder gefährdet, müsste die Kammer sich mit der Sache selbst beschäftigen. Das lehnt sie aber ab und behauptet, dazu nicht verpflichtet zu sein. Welche Gefahren tatsächlich von dem SARS-CoV-2-Virus ausgingen, welchen Anteil Kinder am Infektionsgeschehen hatten, ob Maskenpflichten einen relevanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben und welche Folgen physischer, psychischer und psychisch-sozialer Art eine Maskenpflicht für Kinder hat – diese Fragen hat die Kammer sämtlich für irrelevant für die Entscheidung erklärt und einen Beweisantrag der Verteidigung, der auf die Aufklärung dieser Fragen gerichtet war, zurückgewiesen.

Ganz kommt die Kammer in dem Urteil allerdings an der Frage des amtswegigen Verfahrens doch nicht vorbei. Ein diesbezüglicher Einwand der Verteidigung wird zumindest erwähnt, um dann aber mit einer beinahe kuriosen Argumentation beiseitegeschoben zu werden:

„Der Einwand des Angeklagten, ein amtswegiges Verfahren gemäß § 24 FamFG hätte keiner Anregung bedurft, sondern er hätte die Verfahren von Amts wegen einleiten können, entkräftet nicht den verwirklichten Rechtsbeugungstatbestand.18Ein Einwand kann selbstverständlich nur ein Argument entkräften, nicht einen verwirklichten Straftatbestand. Solche sprachlichen Schwächen, die nicht für scharfes Denken sprechen, sind keine Seltenheit in dem Urteil.  Grundsätzlich ist eine Einleitung eines Kinderschutzverfahrens von Amts wegen gemäß §§ 1666 BGB, 24 FamFG möglich. Entscheidend ist insofern aber, dass der Angeklagte bewusst gerade keine Einleitung des Kinderschutzverfahrens von Amts wegen vorgenommen hat, wodurch die von ihm vertretene Auffassung einer Kindeswohlgefährdung durch die Maskenpflicht und der weiteren, bezüglich der SARS-CoV-2-Pandemie geltenden Regelungen nach außen hin erkennbar gewesen wäre. Selbst wenn die Verfahren von Amts wegen eingeleitet werden können, ist ein solches Verfahren nach dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens ergebnisoffen in der gebotenen Neutralität zu führen.“ (S. 128)

Dem Einwand, dass bei § 1666 BGB immer das Gericht das Verfahren einleitet und bei hinreichendem Verdacht auch einleiten muss, weshalb es grundsätzlich unproblematisch gewesen sei, dass der Angeklagte das Verfahren selbst angestrebt und der das Verfahren anregenden Familie B. Hilfestellung hinsichtlich der Formulierung der Verfahrensanregung gegeben habe, wird also mit der Behauptung begegnet, der Angeklagte habe das Verfahren gar nicht von Amts wegen eingeleitet. Die Kammer hat offensichtlich nicht verstanden, dass „Einleitung von Amts wegen“ nur heißt, dass das Gericht entscheidet, ob im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt ein Verfahren begonnen wird. Das geschieht bei § 1666 BGB fast immer aufgrund einer Anregung von Dritten (meist dem Jugendamt). „Einleitung von Amts wegen“ und „aufgrund einer Anregung“ schließen sich daher überhaupt nicht aus.

Die Kammer meint offensichtlich: Wäre der Angeklagte in eine Schule gegangen, hätte sich mit Schülern über die Maskenpflicht unterhalten, sich ihre Namen sagen lassen und anschließend hinsichtlich dieser Schüler Verfahren eingeleitet, dann wäre das unproblematisch. Weil er aber auf eine Anregung einer Familie gewartet habe,19Der Angeklagte hat in seiner Einlassung dazu erklärt, dass er das Verfahren wegen von vornherein für möglich gehaltener negativer Konsequenzen keiner Familie zumuten wollte, die das Verfahren nicht selbst gewollt habe. sei er befangen. In dieser Richtung hat der Vorsitzende der Kammer in der mündlichen Urteilsbegründung am 23.08.2023 an den Angeklagten gerichtet formuliert: „Ich weiß nicht, ob man dann zu einer Rechtsbeugung gekommen wäre, wenn Sie den mutigen Weg gegangen wären, ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet hätten und dann so entschieden hätten – quasi mit offenem Visier.“20Stenografisches Protokoll der Hauptverhandlung am Landgericht Erfurt am 23.08.2023 S. 13.

Abgesehen davon, dass der Vorwurf fehlenden Mutes an den Angeklagten etwas grotesk erscheint, räumt die Kammer damit selbst ein, dass es dem Angeklagten letztlich nicht vorgeworfen werden kann, dass er das Verfahren wollte und darauf aktiv hingearbeitet hat. Genau dieser Vorwurf wird dem Angeklagten aber an anderer Stelle wieder und wieder gemacht! Dort, wo die Kammer sich für einen kurzen Moment gezwungen sieht, doch die Besonderheiten eines Verfahrens nach § 1666 BGB zur Kenntnis zu nehmen, muss sie diesen Vorwurf fallenlassen und an ihre Stelle tritt sozusagen ein „Heimlichkeitsvorwurf“, der aber nur in neue Widersprüche hineinführt. Denn die Aussage des Vorsitzenden bei der mündlichen Urteilsbegründung bedeutet im Ergebnis, dass es Rechtsbeugung ist bzw. sein kann, wenn ein Richter etwas verbirgt, was er gar nicht verbergen muss. Dass das abwegig ist, liegt auf der Hand.

Festzuhalten ist daher: Der Angeklagte war verpflichtet, ein Verfahren nach § 1666 BGB anzustreben und einzuleiten, sobald er den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung hatte. Dass die Verfahrenseinleitung aufgrund einer Anregung erfolgt, ist keine Besonderheit dieses Verfahrens, zu der der Angeklagte gegriffen hat, weil er irgendetwas verschleiern wollte, sondern es ist der Normalfall.

Genauso selbstverständlich durfte der Angeklagte Familie B. auch Unterstützung bei der Formulierung der Anregung geben. Anregungen gemäß § 24 FamFG können gemäß § 25 FamFG auch „zur Niederschrift der Geschäftsstelle“ abgegeben werden. Diese Niederschrift muss nicht durch einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 153 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgen, auch der Richter (oder Rechtspfleger) kann dies tun.21Sternal/Sternal FamFG § 25 Rn. 26; BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel FamFG § 25 Rn. 6. Bei dieser Niederschrift soll der Urkundsbeamte dafür Sorge tragen, dass sie inhaltlich dem Begehren des Erklärenden entspricht. Insoweit besteht im Rahmen der Fürsorgepflicht und der Möglichkeiten eine Verpflichtung, den mutmaßlichen Willen zu erfragen sowie für eine klare Formulierung des Begehrens zu sorgen.22Sternal/Sternal a. a. O, Rn. 24.

Wenn dies alles rechtlich möglich war, durfte der Angeklagte zweifelsohne auch die bereits vorformulierte Anregung der Familie B., die ihm per E-Mail übersandt wurde, gegenlesen und auf Unklarheiten oder Fehler hinweisen, bevor sie dann tatsächlich eingereicht wurde. Nichts ist daran rechtswidrig, aber die Kammer ist in völliger Verkennung der Rechtslage der Auffassung, das „Mitbearbeiten“ der Anregung der Familie B. disqualifiziere den Angeklagten als Richter in diesem Verfahren und zwar mindestens im gleichen Maße wie den Freiburger Richter das Verfassen der Beschwerde für seinen Bekannten. 

e. Gute Gutachten, aber von den falschen Sachverständigen?

Auch bei dem Vorwurf, der Angeklagte habe bei der Auswahl der Sachverständigen Kämmerer, Kappstein und Kuhbandner keine Objektivität walten lassen, sondern sei „ergebnisorientiert“ vorgegangen, verstrickt sich die Kammer in Widersprüche, wenn sie meint, sie könne dem Angeklagten die Wahl der Sachverständigen vorwerfen, ohne sich auch nur ansatzweise mit den Gutachten zu beschäftigen. 

Die Auswahl von Gutachtern durch Gerichte erfolgt nie im Lostrommelverfahren. Die Gerichte versuchen stets Gutachter zu beauftragen, von denen sie – aufgrund eigener Erfahrungen mit ihnen in früheren Verfahren, aufgrund von Empfehlungen von Kollegen oder aus sonstiger Kenntnis der Arbeit der Gutachter – in Inhalt und Darstellung überzeugende Gutachten erwarten. Das kann man ergebnisorientiert nennen. Wenn also die Gutachten der drei Sachverständigen allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, vielleicht sogar hervorragend sind – was die Kammer nicht ausschließen kann, da sie sich ja mit den Gutachten inhaltlich nicht befasst hat – kann der Angeklagte also keinen Fehler gemacht haben, man müsste ihn sogar dazu beglückwünschen, dass er bei der Auswahl „den richtigen Riecher“ hatte. Die Kammer aber meint, dass der Angeklagte unabhängig von der Qualität der Gutachten diese Gutachter nicht hätte beauftragen dürfen – und ist damit im nächsten Paradox gelandet. Auch dieses Paradox fällt der Kammer offensichtlich nur deshalb wieder nicht auf, weil Vorurteile gegenüber Coronakritikern (unreflektiert) als berechtigt angesehen werden: Die Sachverständigen können so gut sein, wie sie wollen, als maßnahmenkritische Wissenschaftler dürfen sie jedenfalls nicht von einem Gericht beauftragt werden und ein Richter, der das dennoch tut, ist eben befangen.23Die Staatsanwaltschaft hatte in der Anklage noch ganz offen die Auffassung vertreten, dass die Gutachter schon deshalb nicht hätten beauftragt werden dürfen, weil sie Mitglieder in dem Verein Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie (MWGFD) e. V. waren.

f. Zwischenfazit

Man kann den Vorwurf der Befangenheit noch einmal so zusammenfassen:
Die Kammer wirft dem Angeklagten vor, er habe gezielt das Verfahren angestrebt und darauf hingearbeitet, obwohl sie weiß, dass Familienrichter verpflichtet sind, Verfahren nach § 1666 BGB anzustreben und einzuleiten, wenn sie den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung haben. Sie behauptet, er hätte der Mutter der betroffenen Kinder keine Hilfe bei der Formulierung der Anregung geben dürfen, obwohl dies rechtlich vollkommen unproblematisch ist. Sie behauptet, der Angeklagte habe das Verfahren nicht führen dürfen, weil er sich schon zuvor eine „verfestigte“ Meinung zu den Coronamaßnahmen gebildet habe, während sie bei einem Richter, der die Coronamaßnahmen vorbehaltlos befürwortete, niemals auf diesen Gedanken gekommen wäre. Sie behauptet, der Angeklagte hätte die drei Sachverständigen nicht beauftragen dürfen, obwohl die Gutachten möglicherweise hervorragend sind. Und schließlich wirft sie dem Angeklagten vor, er habe seine (angebliche) Voreingenommenheit verschleiert und während des Verfahrens darauf geachtet, dass seine vorgefasste Position nicht nach außen erkennbar wird, obwohl – das ist an dieser Stelle nachzutragen – er nicht nur die Beweisbeschlüsse an alle Beteiligten übersandt hat, sondern dem Freistaat Thüringen als Verfahrensbeteiligtem auch einen Katalog mit 18 Fragen übersandt hat,24Im Urteil wörtlich wiedergegeben auf den Seiten 22-24. aus denen eine kritische Haltung zu den Coronamaßnahmen bereits deutlich ablesbar war.

4. „… zugunsten oder zum Nachteil einer Partei“

§ 339 StGB setzt als tatbestandlichen „Erfolg“ voraus, dass die Rechtsverletzung zu einem unrechtmäßigen Vorteil oder Nachteil auf Seiten einer Partei führt. Partei ist in diesem Sinne jeder Beteiligte des Verfahrens, dem ein anderer mit widerstreitenden rechtlichen Interessen gegenübersteht.25LK-StGB/Hilgendorf, § 339, Rn. 81; MüKoStGB/Uebele StGB § 339 Rn. 58. Bei einer Verletzung des materiellen Rechts, etwa, wenn eine eindeutige Rechtsnorm des materiellen Rechts falsch oder nicht angewandt wird, ist dies unproblematisch gegeben: Die Entscheidung ist im Ergebnis rechtswidrig und da eine Entscheidung immer mindestens für eine Partei vor- oder nachteilig ist, ist der Vor- oder Nachteil unrechtmäßig erlangt.

Bei einer Verletzung des Verfahrensrechts ist dies anders. Diese muss nicht notwendig zu einer falschen Entscheidung führen. Zwar hat eine Verfahrensrechtsverletzung meist eine zumindest vorübergehende Verbesserung oder Verschlechterung der prozessualen Position einer Partei zur Folge, dies lässt aber der Bundesgerichtshof in seiner restriktiven Auslegung des Tatbestandes nicht als tatbestandlichen Vor- bzw. Nachteil genügen. Die Verfahrensverletzung muss (zumindest) zu einer konkreten (nicht nur abstrakten) Gefahr einer falschen Endentscheidung, d. h. einer gegen das materielle Recht verstoßenden und damit rechtswidrigen Entscheidung geführt haben.

Wann eine konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung gegeben ist, hat der Bundesgerichtshof vor allem in Fällen entschieden, bei denen die Verfahrensrechtsverletzung darin bestand, dass ein unzuständiger Richter entschieden hat (etwa, wenn ein nach dem Bereitschaftsdienstplan nicht zuständiger Richter in einer Haftsache entscheidet). Eine konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung besteht nach dem BGH in diesen Fällen dann, wenn der Richter das Verfahren an sich zieht, weil er einer Prozesspartei sachfremd einen Gefallen tun will oder er sonstige außerhalb des Verfahrens liegende Motive verfolgt.26BGHSt 42, 343, juris Rn. 24. Eine konkrete Gefahr, dass die Entscheidung von sachfremden Erwägungen beeinflusst wird, soll auch dann gegeben sein, wenn der Richter eine Zuständigkeit an sich zieht, um einen zur Entscheidung berufenen anderen Richter auszuschließen, um auf diesem Wege zu einem seinen Intentionen entsprechenden Ergebnis zu kommen, das bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nicht oder voraussichtlich nicht zu erreichen gewesen wäre.27BGHSt 42, 343, juris Rn. 26.

Die Frage, ob in dem Kinderschutzverfahren eine Partei einen unrechtmäßigen Vor- oder Nachteil erlangt hat, stellt sich selbstverständlich erst dann, wenn man zuvor – wie die Kammer – eine elementare Rechtsverletzung bejaht hat. Die Kammer zitiert dazu auch die soeben referierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, um dann aber zu schreiben:

„Der Angeklagte hat durch die von ihm von vornherein geplante und zielgerichtete Entscheidung als voreingenommener Richter einen elementaren Verfahrensverstoß begangen, der die Unrechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zur Folge hat. Die Frage, ob die von dem Angeklagten getroffene Anordnung unter Berücksichtigung der Ausführungen der eingeholten Sachverständigengutachten inhaltlich richtig gewesen ist, vermag angesichts der Schwere des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes an der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung nichts zu ändern. Denn die Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung wird auch durch die Einhaltung der rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze geprägt.“

Abgesehen davon, dass der zweite Satz sprachlich (wohl nicht zufällig!) verunglückt ist, zeigt dieser Absatz, dass die Kammer die Rechtsprechung des BGH nicht verstanden hat und deshalb auch nicht den Sachverhalt subsumieren kann. Wenn die von dem Angeklagten getroffene Anordnung inhaltlich richtig gewesen ist, was die Kammer für möglich hält (!), ist die Entscheidung nicht falsch und dann hat durch sie auch keine Partei einen unrechtmäßigen Vor- oder Nachteil erlangt. Der Freispruch für einen Unschuldigen wird nicht deshalb falsch, weil im Prozess Verfahrensvorschriften verletzt wurden. Genau das ist ja der Ausgangspunkt der Überlegungen des BGH zur Frage des Vor- bzw. Nachteils bei einem Verfahrensverstoß!28Wörtlich z. B. BGH, 20.09.2000, 2 StR 276/00: “Allerdings liegt es bei Verfahrensverstößen nicht ohne weiteres auf der Hand, dass durch die Rechtsverletzung eine Besserstellung oder Benachteiligung einer Partei bewirkt wird. Die Nichtbeachtung von Zuständigkeitsnormen kann für sich genommen für das Ergebnis indifferent sein, da der Richter bei der Sachentscheidung an die gleichen rechtlichen Bestimmungen gebunden ist, wie der an sich zuständige Richter.“ Die Kammer hat dagegen das Problem nicht einmal erkannt, wenn sie schreibt, der (angebliche) Verfahrensverstoß mache die Entscheidung rechtswidrig. Das ist erschreckend.

5. Rechtsbeugungsvorsatz?

Rechtsbeugung kann nur vorsätzlich begangen werden. Der Vorsatz des Täters muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen, also nicht nur auf die Verletzung einer Rechtsnorm, sondern auch auf die Begünstigung oder Benachteiligung einer Partei.29MüKoStGB/Uebele StGB § 339 Rn. 61, Schönke/Schröder/Heine/Hecker StGB § 339 Rn. 13 m. w. N. Bedingter Vorsatz ist ausreichend.

Da – die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch die Kammer im Übrigen vorausgesetzt – als einzige Tathandlung das Unterlassen der Selbstanzeige in Betracht kommt, würde (bedingter) Vorsatz hier verlangen, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er möglicherweise verpflichtet sein könnte, eine Selbstanzeige anzubringen, die Verletzung dieser Pflicht aber billigend in Kauf nahm und dass er außerdem davon ausging, dass durch das Unterlassen der Selbstanzeige die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung geschaffen wurde und auch das billigend in Kauf nahm.

Da die Kammer, wie oben dargelegt, aber die Befangenheit an sich als Rechtsbeugungshandlung betrachtet, prüft sie nur, ob der Angeklagte Vorsatz hinsichtlich seiner (angeblichen) Befangenheit hatte. Dabei meint sie, der Vorsatz ergebe sich daraus, dass der Angeklagte Anfang März 2021 in einer E-Mail geschrieben hatte, er wolle sich „kein Befangenheitsproblem einhandeln“, dass er eine Zeugin, von der er sich eine Anregung für das Verfahren erhoffte, bat, sie solle eine eventuelle Nachricht nicht an ihn weiterleiten, sondern ihm separat Bescheid geben, dass er die Sachverständigen von seiner privaten E-Mail-Adresse angeschrieben habe und dass er nicht mit der verfahrensanregenden Kindesmutter direkt kommuniziert habe, sondern über einen Zeugen.

Die naheliegende Interpretation der Äußerung, er wolle sich „kein Befangenheitsproblem einhandeln“, heißt allerdings nur, dass er keinen Anlass für einen Befangenheitsantrag geben, also nicht den Anschein von Befangenheit vermitteln wollte. Dass er sich tatsächlich für befangen gehalten hat, ergibt sich daraus nicht. Auch die anderen von der Kammer angeführten „Indizien“ lassen nicht den Schluss zu, dass der Angeklagte der Meinung war, er dürfte das Verfahren wegen Befangenheit an sich nicht führen und müsste versuchen, sich durch eine Selbstablehnung selbst „aus dem Rennen zu nehmen“. Das wäre vielleicht auch der Kammer klargeworden, hätte sie Vorsatz hinsichtlich des Unterlassens der Selbstanzeige und nicht hinsichtlich Befangenheit geprüft und sich daher die Frage gestellt, ob sie dem Angeklagten nachweisen kann, dass er den Gedanken hatte, dass er (möglicherweise) eine Selbstanzeige anbringen müsste. Diesen Beweis zu führen erscheint nach allem, was die Kammer ermittelt hat, unmöglich.

Nur am Rande sei bemerkt, dass sich die Kammer bei der Vorsatzfrage auch mit der Einlassung des Angeklagten zur Sache30Erwiderung des Angeklagten auf die Verlesung der Anklageschrift. hätte auseinandersetzen müssen. Die Kammer referiert zwar auf fast 10 Seiten (S. 47-56), was der Angeklagten in der mündlichen Verhandlung gesagt hat, um dann aber nur lapidar zu schreiben, dass diese Einlassung durch die Beweisaufnahme widerlegt sei. Von einer echten Auseinandersetzung mit der Einlassung, bei der die Kammer die Darstellung der Vorgänge durch den Angeklagten hinsichtlich Schlüssigkeit und Plausibilität genau durchzubuchstabieren gehabt hätte, kann nicht ansatzweise die Rede sein.

Dass sie die Frage des Vorsatzes nicht nur hinsichtlich der mutmaßlichen Tathandlung, sondern auch hinsichtlich eines unrechtmäßigen Vorteils oder Nachteils für eine Partei bzw.  einer insoweit bestehenden konkreten Gefahr prüfen müsste, wird von der Kammer gleich ganz übersehen und deshalb nicht erörtert.

6. Was die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren antreibt

Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren beantragt. Auch Richter, die wenig Sympathien für den Angeklagten und seinen Beschluss vom 08.04.2021 hatten, dürften angesichts eines solchen Antrages etwas erschrocken sein. Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, die (gem. § 56 Abs. 2 StGB) nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann, wegen einer Tat der Rechtsbeugung hat es in Deutschland, soweit aus den veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich, in den letzten 30 Jahren nur ein einziges Mal gegeben.31LG Hagen, 18.11.2021, 46 KLs 8/21, juris. Das Landgericht Hagen verurteilte mit dieser Entscheidung eine Richterin wegen Rechtsbeugung in 10 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in 6 Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten. In die Gesamtstrafe gingen zwei Einzelstrafen von 2 Jahren und 6 Monaten (Einsatzstrafe) bzw. 2 Jahre und 2 Monate Freiheitsstrafe ein, die übrigen Einzelstrafen lagen unter 2 Jahren. Das Urteil wurde vom BGH (29.11.2022, 4 StR 149/22, juris) im gesamten Strafausspruch aufgehoben und im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die tateinheitliche Urkundenunterdrückung in allen 6 Fällen entfiel.   Der Staatsanwaltschaft genügte es nicht, dass Richter Dettmar bei einer Verurteilung sein Richteramt verlieren würde. Sie wollte ihn im Gefängnis sehen.

Was die Staatsanwaltschaft zu dieser Unerbittlichkeit antreibt, ist nicht ganz leicht zu erkennen, weil der Jurist, der im Rechtsstaat der Bundesrepublik sozialisiert wurde, damit nicht unbedingt rechnet. Dabei muss man die Staatsanwaltschaft nur bei ihrem Wort nehmen:

In der Anklageschrift werden ganz zu Beginn die Vorwürfe gegen den Angeklagten so zusammengefasst, dass es ihm allein aus persönlichen Motiven darauf angekommen sei, im einstweiligen Anordnungsverfahren eine mit Sachverständigengutachten unterlegte unanfechtbare Entscheidung mit Breitenwirkung in der Öffentlichkeit zu fällen, mit der die Unwirksamkeit und die Schädlichkeit von Coronamaßnahmen habe festgestellt und die zu Grunde liegenden landesrechtlichen Vorschriften für verfassungswidrig erklärt werden sollen.

Man kann sich an dieser Stelle wundern, warum die Anklage nicht, wie üblich, mit der Schilderung des mutmaßlichen tatbestandlichen Verhaltens beginnt, sondern mit der Darlegung von Motiven und Absichten des Angeklagten. Auch am Ende der Anklage wird erneut wiederholt, dass es ihm um die Veröffentlichung der Gutachten gegangen sei und er mit seiner Entscheidung „seinen Beitrag im Kampf gegen die staatlichen Maßnahmen“ habe leisten wollen.

Auch in ihrem Plädoyer in der Verhandlung vom 18.08.2023 hat die Vertreterin der Staatsanwaltschaft  bereits zu Beginn zusammenfassend erklärt, der Angeklagte habe unter Ausnutzung seiner Autorität und Macht als Richter mit seiner Entscheidung und den Gutachten „ein Fanal“ gegen die seinerzeit bestehenden staatlichen Maßnahmen setzen wollen. Der Vorwurf, ein Fanal setzen zu wollen, wurde von ihr im Plädoyer noch zweimal wiederholt und gegen Ende erklärte sie, dem Angeklagten sei es nicht um die Kinder gegangen, sondern um „eine Generalabrechnung mit den staatlichen Coronamaßnahmen“.  Bei der Begründung des Antrages erklärte sie dann, dass es strafschärfend zu berücksichtigen sei, dass der Angeklagte über Wochen geplant habe, wie er „seine Position als Familienrichter ausnützen könne, um die staatlichen Coronamaßnahmen an den Pranger zu stellen.“ 

Im Artikel zur Anklage (Abschnitt 4) war diese Hervorhebung der behaupteten Motive und Absichten des Angeklagten noch so gedeutet worden, dass die einzelnen Vorwürfe von Rechtsverletzungen in eine „Rahmenerzählung vom Missbrauch des Verfahrens für andere Zwecke“ eingebettet würden. Diese Deutung bedarf der Korrektur, denn damit ist die Intention der Staatsanwaltschaft nicht präzise erfasst. Es handelt sich nicht um eine Rahmenerzählung, sondern um den eigentlichen Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Der Kernvorwurf gegen den Angeklagten lautet nicht, dass er in dem Verfahren (angeblich) bestimmte prozessuale Normen in schwerwiegender Weise verletzt hat, sondern dass er als Richter öffentlichkeitswirksam die staatlichen Coronamaßnahmen kritisiert hat!

Das ist nur deshalb für den Juristen so schwer zu erkennen – dem juristischen Laien fällt es vielleicht leichter –, weil dieser Vorwurf überhaupt keinen Straftatbestand erfüllt. Die Politik der Landesregierung öffentlich zu kritisieren, ist in einer Demokratie nicht strafbar, auch dann nicht, wenn dies durch einen Richter geschieht.

Die einzelnen Vorwürfe von Rechtsverletzungen sind für die Staatsanwaltschaft daher nur von Bedeutung, um die Erfüllung des Rechtsbeugungstatbestandes behaupten zu können. Sie sind gewissermaßen nur notwendige Bedingung der Strafbarkeit, aber nicht der eigentliche Grund. Damit erklärt sich auch die Beliebigkeit des bunten Straußes an Rechtsverletzungsvorwürfen, den die Staatsanwaltschaft in der Anklage präsentiert hat, bis hin zu dem absurden Vorwurf, der Angeklagte habe sich der Rechtsbeugung schuldig gemacht, indem er die Eignung des Verfahrensbeistandes der Kinder nicht ordentlich geprüft habe.

Wenn die Staatsanwaltschaft aber dem Angeklagten im Kern vorwirft, dass er die Politik der Landesregierung kritisiert hat, was – noch einmal! – nicht strafbar ist, dann hat sie hier von Anfang an ein Verfahren politischer Justiz betrieben. Sie verfolgt Richter Dettmar, weil er die Coronapolitik kritisiert hat und verhehlt dies noch nicht einmal. Wer dachte, politische Strafjustiz32Vgl. dazu Ostendorf, Politische Strafjustiz in Deutschland. gibt es nur in Diktaturen und autoritären Staaten, wird durch die Staatsanwaltschaft Erfurt eines Besseren belehrt.

Sieht man das klar, überrascht auch der Antrag von 3 Jahren Freiheitsstrafe nicht mehr und auch nicht, dass die Staatsanwaltschaft Revision mit der Begründung eingelegt hat, 2 Jahre seien nicht schuldangemessen. Für die Staatsanwaltschaft ist das Handeln von Richter Dettmar eine Art Staatsverbrechen und das muss dann auch hart geahndet werden.   

7. Zusammenfassung 

Die Kammer sagt: Mit dem, was in den drei Gutachten steht, müssen wir uns nicht beschäftigen, weil es für die Entscheidung irrelevant ist. Sie verkennt damit, dass die Frage, ob ein elementarer Rechtsverstoß vorliegt, immer auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist.33Vgl. dazu schon Artikel zur Anklage, Abschnitte 1 und 8 und Artikel zur Urteilsverkündung. Die Kammer sagt damit – und nichts daran ist überspitzt, alles logische Konsequenz ihrer Argumentation: „Selbst wenn durch den Beschluss des Angeklagten – wenn er Bestand gehabt hätte – viele Kinder vor erheblichen physischen und/oder psychischen Schäden bewahrt worden wären und die Aufhebung des Beschlusses durch das Oberlandesgericht genau zu diesen Schäden geführt hat, wäre der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren zu verurteilen. Richter, die zwar Kindern helfen, dabei aber Rechtsregeln verletzen, sind hart zu bestrafen.“

Das ist unmenschliches Strafrecht.

Es lohnt sich, den Fall noch einmal als Narration wiederzugeben, in der auch der Anlass und gesellschaftliche Hintergrund des von dem Angeklagten geführten Verfahrens sowie die in ihm aufgeworfenen tatsächlichen Fragen vorkommen. Dies erscheint auch wichtig, um den Kontrast zu dem von der Staatsanwaltschaft eingeführten und von der Kammer zumindest teilweise übernommenen Narrativ von dem unerhörten und verwerflichen Anschlag eines Richters auf die Politik der Landesregierung deutlich zu machen. 

Bei allen Fragen, die die Kammer offen gelassen hat, ist dabei nach dem Grundsatz in dubio pro reo („im Zweifel für den Angeklagten“) die für den Angeklagten günstigste Möglichkeit zugrundezulegen. Die Geschichte, die in Anspruch nimmt, im Einklang mit den Feststellungen des Urteils zu stehen und nichts Wesentliches wegzulassen, lautet so:

Zugunsten des Angeklagten ist davon auszugehen, dass die Thüringische Landesregierung die mit dem SARS-CoV-2-Virus verbundenen Gefahren für die Bevölkerung weit überschätzt hat. Es ist auch davon auszugehen, dass die Maskenpflicht in der Schule keinen relevanten positiven Einfluss auf das Infektionsgeschehen hatte.34Aktuell dazu Welt 08.12.2023: Forscher finden keinen Beweis für Wirksamkeit der Corona-Maskenpflicht für Kinder. Weiter ist davon auszugehen, dass durch die Maskenpflicht (und weitere Maßnahmen wie Abstandsgebot und Testpflicht) in der Schule das Wohl der betroffenen Kinder in physischer und/oder psychischer und/oder psychosozialer Hinsicht gefährdet wurde. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Coronamaßnahmen in der Schule bei einer relevanten Anzahl von Schülern zumindest mitverantwortlich sind für Schäden wie Angsterkrankungen, Depressionen, Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten und Schulversagen. Da der Angeklagte sich schon frühzeitig intensiv mit den Coronamaßnahmen beschäftigt hatte und sich bereits eine – möglicherweise auch verfestigte – Meinung zu ihnen gebildet hatte, hatte er den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung durch die Maßnahmen. Als Familienrichter, der bei einem Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung ein Verfahren gem. § 1666 BGB einzuleiten hat, hat er auf ein solches Verfahren aktiv hingearbeitet. Davon, dass ihm als Familienrichter das Recht die entsprechenden Kompetenzen verliehen hätte, ging er aus. Da er negative Konsequenzen eines Verfahrens zur Kindeswohlgefährdung durch Coronamaßnahmen in der Schule für die betroffenen Kinder bzw. ihre Familie nicht ausschließen konnte, wollte er ein solches Verfahren nur aufgrund der Anregung von Eltern, die die damit verbundenen Risiken bewusst einzugehen bereit waren, beginnen. Um einen etwaigen Beschluss auf eine solide fachliche Grundlage zu stellen und ihm mehr Überzeugungskraft zu verschaffen, holte er drei Gutachten von qualifizierten Wissenschaftlern ein. Zu seinen Gunsten ist davon auszugehen, dass die in den Gutachten getroffenen wissenschaftlichen Feststellungen vollumfänglich zutreffend sind. Mit seiner Entscheidung wollte der Angeklagte die von ihm durch die Gutachten als hinreichend bewiesen erachteten Kindeswohlgefährdung(en) für die betroffenen Schüler abwenden.35Das hält die Kammer nicht nur für möglich, sondern davon geht sie positiv aus (S. 136). Darüber hinaus war ihm auch an Öffentlichkeitswirksamkeit für seinen Beschluss gelegen, da nicht nur an den beiden Schulen, auf die sich seine Entscheidung bezog, sondern deutschlandweit Kinder von der Maskenpflicht in der Schule betroffen waren und er hoffte, dass andere Gerichte sich seiner Rechtsauffassung anschließen und zugunsten von Kindern entscheiden könnten. So kam es zu dem Beschluss vom 08.04.2021 und zu dem, was dann folgte.

8. Die Frage nach den Ursachen 

Wie ist eine solche Entscheidung möglich?

Unter 3. c. und e. ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Kammer in ihrem Denken ganz offensichtlich nicht unbeeinflusst ist von der Abwertung und Ausgrenzung grundsätzlicher Kritik an der Coronapolitik im öffentlichen Diskurs als vernunftwidrig und illegitim.

Hinzu kommt ein weiteres. Die Kammer sah sich auch hinsichtlich des konkreten Verfahrens einem massiven Einfluss durch die öffentliche bzw. veröffentlichte Meinung ausgesetzt: Von Beginn an wurde der Beschluss vom 08.04.2021 zu einem Skandal und Richter Dettmar quasi zur Unperson erklärt. Beteiligt daran waren die regionale und die überregionale Presse, das Thüringer Bildungsministerium, Anzeigeerstatter wie die Vizepräsidentin des Thüringer Landtags und nicht zuletzt die Staatsanwaltschaft Erfurt, die nicht nur gegenüber der Presse, sondern auch mit den Durchsuchungen bei dem Beschuldigten, bei Sachverständigen und Zeugen die Botschaft vermittelte, dass es sich hier um einen geradezu beispiellosen Fall von Kriminalität eines Richters handele. Dieser Vorverurteilung in der veröffentlichten Meinung folgte eine Anklageschrift, in der die Staatsanwaltschaft sich alle Mühe gab, das Verhalten von Richter Dettmar als geradezu infamen Skandal darzustellen und ein möglichst negatives Bild von der Person des Angeklagten zu zeichnen.

Diesem massiven Druck hätte sich die Kammer erst einmal entziehen müssen, um ruhig und sachlich die Argumente von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu prüfen. Das war ihr offensichtlich nicht möglich. Wie bereits bemerkt: Die vielen logischen Brüche in der Argumentation sind nicht einfach durch Unvermögen zu erklären (obwohl das juristisch-argumentative Niveau tatsächlich erschreckend ist!). Sie weisen darauf hin, dass auf Seiten der Kammer vor aller sachlichen Beschäftigung ein Vorurteil bestand, das dem der veröffentlichten Meinung entsprach: Was Richter Dettmar getan hatte, war „etwas ganz Schlimmes“, etwas Unverzeihliches. Musste es dann nicht Rechtsbeugung sein?

Es sind auch nicht nur die Widersprüche in der Argumentation, die darauf hindeuten, dass das Urteil nicht (allein) auf der argumentativen Prüfung des Sachverhalts, sondern (auch) auf den bestehenden Vorurteilen beruht. Auch dass eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten und dem Vorbringen der Verteidigung im Urteil überhaupt nicht stattfindet, kann nur so erklärt werden, dass die Kammer nicht bereit war, sich auf Gegenargumente ernsthaft einzulassen. Und es sind auch nicht nur die Argumente des Angeklagten und der Verteidigung, die im Urteil „herumstehen“, als wären sie Teil einer fremden Realität, mit der die Kammer nichts zu tun haben will. Es ist auch die Sache selbst, auf die sich die Kammer am Ende nicht einlassen will. Die Weigerung, die Besonderheiten eines amtswegigen Verfahrens zur Kenntnis zu nehmen, ist vielleicht das krasseste Beispiel dafür. Am Ende drängt sich der Eindruck auf, dass die Kammer sich von einem von Anfang an eingeschlagenen Weg nicht abbringen lassen wollte.

Das alles kann man Befangenheit nennen und es ist eine bittere Ironie des Verfahrens, dass hier Richter, denen es selbst an der notwendigen Objektivität, inneren Unabhängigkeit und Souveränität für ein hochpolitisiertes Strafverfahren fehlte – wobei sie sich insofern aber sicher keine Sekunde lang im Verdacht hatten –, über einen Kollegen zu Gericht saßen und ihn wegen (angeblicher) Befangenheit zu einer Strafe verurteilten, die bei Rechtskraft den Verlust seiner beruflichen Existenz bedeuten würde.


Endnoten

  • 1
    Das schriftliche Urteil wurde (bisher) nicht veröffentlicht, liegt KRiStA aber vor. Allgemein zugänglich ist auf der Webseite eines der Verteidiger des Angeklagten eine professionelle stenografische Mitschrift der mündlichen Urteilsbegründung.
  • 2
    Die subjektive Seite (Vorsatz) wird von der Kammer im Sachverhalt (entgegen den Üblichkeiten) nicht dargestellt, sondern erst in der rechtlichen Würdigung erörtert.  
  • 3
    Abschnitte 3 bis 7.
  • 4
    Angesichts dessen wird deutlich, dass es der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren keineswegs allein um die Wahrheit, sondern offenbar (auch) um andere Dinge ging. Denn dieser Vorwurf war schon durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das OLG Jena in dem Beschluss vom 14.05.2021 vom Tisch, weil das OLG damit erklärte, dass die Frage auch aus seiner Sicht keineswegs abschließend geklärt sei (vgl. Artikel zur Anklage, Abschnitt 3).
  • 5
    Die Kammer übernimmt für das Urteil häufig Sätze und Formulierungen aus der Anklageschrift, die sie teilweise umformuliert. Das gelingt nicht immer. Die Vorlage (S. 4 der Anklage) lautete hier: „… führte der Angeschuldigte unter Missachtung der verfassungsrechtlich gebotenen richterlichen Unabhängigkeit allein aus persönlichen sachfremden Motiven heraus, …“  
  • 6
    Im Zivilrecht (§ 48 ZPO) ist von Selbstablehnung die Rede, im Strafrecht (§ 30 StPO) von Selbstanzeige. Dies ist nur ein begrifflicher, kein sachlicher Unterschied.
  • 7
    Dies dürfte von dem Urteil des LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 29798, Rn. 19, übernommen worden sein.
  • 8
    Ein Beispiel für eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung durch Unterlassen und zu einer Geldstrafe ist der Fall des Hamburger Richters Schill. Schill, dem vorgeworfen wurde, er habe die Bearbeitung einer Beschwerde gegen einen Ordnungshaftbeschluss absichtlich verzögert, um eine frühere Entlassung der Inhaftierten durch das Beschwerdegericht zu verhindern, wurde in erster Instanz vom Landgericht Hamburg zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. In der Revision wurde das Urteil vom BGH (04.09.2001, 5 StR 92/01, juris) aufgehoben.
  • 9
    BeckOK ZPO/Vossler ZPO § 48 Rn. 7; Zöller/Vollkommer ZPO § 48 Rn. 11; KK-StPO/Heil StPO § 30 Rn. 6; BeckOK StPO/Cirener StPO § 30 Rn. 6.
  • 10
    LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 22988.
  • 11
    Der Angeklagte hat in dem Verfahren laut Urteilsfeststellungen auch eingeräumt, dass ihm klar war, dass er eine Selbstanzeige hätte machen müssen (a. a. O. Rn. 10).
  • 12
    BGH, Beschluss vom 05.08.2009, 1 StR 366/09. – Die Kammer führt den Fall auch an und meint tatsächlich, dass der Unrechtsgehalt der Handlungen des Angeklagten Dettmar deutlich höher zu bewerten sei als im Freiburger Fall, weil er nicht nur über eine von ihm mitbearbeitete Anregung entschieden habe, sondern zielgerichtet darauf hingewirkt habe, dass er ein Verfahren in seiner Zuständigkeit zur Entscheidung bekommt und deren Ergebnis von vornherein vorgefasst war (S. 134). Dass dies eine geradezu phänomenale rechtliche Fehlbewertung ist, wird im Folgenden noch im Detail aufgezeigt.
  • 13
    Dazu sogleich näher unter c. und d.
  • 14
    S. dazu bereits Artikel zur Urteilsverkündung.
  • 15
    Abschnitt 5.
  • 16
    Das ausschließliche Zitieren des Grundgesetzes und von Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an dieser Stelle, anstatt sich mit der umfangreichen Rechtsprechung zur Befangenheit auseinanderzusetzen, dient erkennbar dazu, die Vorwürfe möglichst „hoch anzuhängen“.
  • 17
    Dass der Richter am Ende dann auch noch selbst über die Sache abschließend entscheiden muss, während der Staatsanwalt „nur“ Anklage erheben kann, ist für den Vergleich ohne Belang.  
  • 18
    Ein Einwand kann selbstverständlich nur ein Argument entkräften, nicht einen verwirklichten Straftatbestand. Solche sprachlichen Schwächen, die nicht für scharfes Denken sprechen, sind keine Seltenheit in dem Urteil. 
  • 19
    Der Angeklagte hat in seiner Einlassung dazu erklärt, dass er das Verfahren wegen von vornherein für möglich gehaltener negativer Konsequenzen keiner Familie zumuten wollte, die das Verfahren nicht selbst gewollt habe.
  • 20
  • 21
    Sternal/Sternal FamFG § 25 Rn. 26; BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel FamFG § 25 Rn. 6.
  • 22
    Sternal/Sternal a. a. O, Rn. 24.
  • 23
    Die Staatsanwaltschaft hatte in der Anklage noch ganz offen die Auffassung vertreten, dass die Gutachter schon deshalb nicht hätten beauftragt werden dürfen, weil sie Mitglieder in dem Verein Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie (MWGFD) e. V. waren.
  • 24
    Im Urteil wörtlich wiedergegeben auf den Seiten 22-24.
  • 25
    LK-StGB/Hilgendorf, § 339, Rn. 81; MüKoStGB/Uebele StGB § 339 Rn. 58.
  • 26
    BGHSt 42, 343, juris Rn. 24.
  • 27
    BGHSt 42, 343, juris Rn. 26.
  • 28
    Wörtlich z. B. BGH, 20.09.2000, 2 StR 276/00: “Allerdings liegt es bei Verfahrensverstößen nicht ohne weiteres auf der Hand, dass durch die Rechtsverletzung eine Besserstellung oder Benachteiligung einer Partei bewirkt wird. Die Nichtbeachtung von Zuständigkeitsnormen kann für sich genommen für das Ergebnis indifferent sein, da der Richter bei der Sachentscheidung an die gleichen rechtlichen Bestimmungen gebunden ist, wie der an sich zuständige Richter.“
  • 29
    MüKoStGB/Uebele StGB § 339 Rn. 61, Schönke/Schröder/Heine/Hecker StGB § 339 Rn. 13 m. w. N.
  • 30
  • 31
    LG Hagen, 18.11.2021, 46 KLs 8/21, juris. Das Landgericht Hagen verurteilte mit dieser Entscheidung eine Richterin wegen Rechtsbeugung in 10 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in 6 Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten. In die Gesamtstrafe gingen zwei Einzelstrafen von 2 Jahren und 6 Monaten (Einsatzstrafe) bzw. 2 Jahre und 2 Monate Freiheitsstrafe ein, die übrigen Einzelstrafen lagen unter 2 Jahren. Das Urteil wurde vom BGH (29.11.2022, 4 StR 149/22, juris) im gesamten Strafausspruch aufgehoben und im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die tateinheitliche Urkundenunterdrückung in allen 6 Fällen entfiel.  
  • 32
  • 33
    Vgl. dazu schon Artikel zur Anklage, Abschnitte 1 und 8 und Artikel zur Urteilsverkündung.
  • 34
  • 35
    Das hält die Kammer nicht nur für möglich, sondern davon geht sie positiv aus (S. 136).

32 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

    • Rechtspflege heute auf 19. März 2024 bei 8:52
    • Antworten

    Alles nur ein bedauerlicher Irrtum?

    „Auszug aus dem Protokoll des RKI-Krisenstabs vom 16. März 2020

    „Es soll diese Woche hochskaliert werden“ – offenbar ein politischer Beschluss, kein wissenschaftlicher, zudem abrupt und überraschend, ohne jede Andeutung in den vorhergehenden Protokollen und ohne dass grundlegende Kennzahlen sich maßgeblich geändert hätten. Das Protokoll vermerkt, dass „VPräs“ diese Information dem Krisenstab präsentierte, also RKI-Vizepräsident Lars Schaade. Man warte nur noch auf das „Signal“ zur Umsetzung, das der im Protokoll geschwärzte Akteur geben würde. Vielleicht war das Jens Spahn, vielleicht auch jemand anderes. Am nächsten Tag jedenfalls verkündete Wieler die Hochstufung.

    Klar scheint: Wenn, wie das Protokoll vermerkt, am Wochenende vom 14. zum 15. März „eine neue Risikobewertung vorbereitet“ worden ist – und dies innerhalb des RKI geschehen sein soll –, dann müsste es beim RKI selbstverständlich auch Dokumente dazu geben: die Risikobewertung selbst sowie sämtliche Kommunikation und Beratung dazu. Dem ist aber nicht so. Die Kanzlei Raue, die das RKI im von Multipolar angestrengten Verfahren vertritt, streitet es in einem Schreiben vom September 2023 an das Verwaltungsgericht Berlin im Namen ihres Mandanten sogar rundheraus ab:

    „Nach Abschluss dieser Prüfung bleibt es dabei, dass keine weiteren Dokumente vorhanden sind, die sich mit der Änderung der Risikobewertung am 17. März 2020 von ‚mäßig‘ auf ‚hoch‘ befassen. (…) Informationen, die nicht vorhanden sind, kann die Beklagte nicht herausgeben.“

    Das Fazit aus all dem: Die Behauptung, das RKI habe die Hochstufung – und damit die Grundlage für Lockdown und Ausnahmezustand – auf Basis wissenschaftlicher Beratungen getroffen, ist nicht länger haltbar. Die Hochstufung erfolgte abrupt, ohne dokumentierten Diskussions- und Beratungsprozess, auf Anweisung eines ungenannten Akteurs.

    Das heißt auch: Es ist nun klar, dass die Gerichte in Deutschland, die sich bei ihren Urteilen zur Rechtmäßigkeit der Corona-Maßnahmen darauf verließen, dass die Risikoeinschätzung des RKI wissenschaftlich basiert war – und diese Risikoeinschätzung in den jeweiligen Verfahren eben nicht kritisch überprüften –, einen Fehler begangen haben, dessen Anerkenntnis und Aufarbeitung weiterhin ausstehen.“

    https://multipolar-magazin.de/artikel/rki-protokolle-1

    • Rechtspflege heute auf 26. Januar 2024 bei 15:06
    • Antworten

    Könnte es sein, dass hier lediglich unkritisch Wissen aus Famawerbebroschüren referiert wurde oder ist es völlig auszuschliessen, dass die sicherlich ansonsten unanfechtbare hohe Urteilsfähigkeit durch den Wunsch nach einer singulären humorigen Darstellung ernster Sachverhalte vorübergehend getrübt gewesen war? 😉

    Oder bin ich einfach falsch oder einseitig informiert zum infektiologischen Thema?

    „Tobias Ulbrich@AnwaltUlbrich 18h

    Thema heute: “ 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wies die Klage einer Impfgeschädigten ab, Az: 2 O 76/23 – wir prüfen die Besorgnis der Befangenheit“

    Ich las mir also diese Entscheidung, die am 04.12.2023 verkündet wurde, heute durch openjur.de/u/2480398.html

    An dieser Entscheidung waren wir nicht beteiligt. Gleichwohl ändert es nichts daran, dass ich Ihnen das Geschriebene nicht ersparen kann. Das Landgericht schreibt nicht etwa im April 2020, sondern am 04.12.2023! Folgendes, ohne, dass es irgendeine Partei nach Sichtung des Tatbestandes vorgetragen hätte – also eine freie Sachverhaltserfindung des Gerichts?
    Bitte nicht lachen – es handelt sich NICHT um Satire, sondern um ein Urteil eines deutschen Gericht am 04.12.2023!“

    https://nitter.net/AnwaltUlbrich

    Weiterlesen lohnt!

    • Maik Bialek auf 14. Januar 2024 bei 14:04
    • Antworten

    Eine weitere Zusammenfassung zum Urteil vom AG Halle zum Vorrang von Kindeswohl gegenüber Masken und Tests gibt es hier: https://fassadenkratzer.wordpress.com/2024/01/05/wende-gericht-gibt-kindeswohl-vorrang-vor-schadlichen-masken-und-tests/

    Die Landesregierung als auch die ausführenden Organe wurden damit ganz schön abgewatscht. Es ist bekannt wer alles mitgemacht hat – irgendwann werden sich diese ihrer Verantwortung stellen müssen, spätestens vor der Türe Gottes!

    • Vorankündigung auf 13. Januar 2024 bei 17:19
    • Antworten

    Klingt nach einer interessanten Veranstaltung:

    „Roman Lasota@RomanLasota 8h
    Via #TomLausen

    MONTAG, 15.01.2024 um 9:30 Uhr Landgericht Hildesheim

    **GROSSE BESONDERHEIT im Strafverfahren:**

    Der Vorsitzende Richter in der „Ungehorsamssache/Strafsache, weil sich die Soldatin (27) nicht mit den neuen COVID 19 Impfstoffen impfen liess“ war Amtsrichter in Holzminden. Er brummte ihr eine Freiheitsstrafe auf Bewährung zzgl. einer Geldstrafe auf. Sie legte Berufung ein.

    Der Landrichter in Hildesheim hat diesen Amtsrichter nun vorgeladen, Richter und Verteidiger werden ihn nun (mit Fragen) zerlegen dürfen.

    Ausserdem hatte das Verfahren vor dem Landgericht schon letztes Jahr begonnen und nach einer Strafanzeige gegen den Vorsitzenden Richter durch den Verteidiger Lausen hat sich nach 4 Monaten Bedenkzeit der Vorsitzende Richter (m.E. rechtswidrig) für „Selbsbefangen“ erklärt. Er hatte Sorge, dass er über die angeklagte Soldatin nicht mehr unbefangen urteilen könnte, da sie sich vom Verteidiger Lausen nicht distanzierte. (Dafür gibt es wohl irgendwie kein Gesetz)

    Nun. Auch dieser Richter ist als Zeuge geladen und wird nun zu den Fragen der Richter und der Verteidigung Rede und Antwort stehen müssen.

    Wer kommen möchte, bitte keine Unmutsbekunden im Zuschauerbereich. Letztes Mal hatten 70 Zuschauer gejubelt und geklatscht, als der Richter verlas, die Soldatin sei trotz dieser ganzen Befehle nach wie vor ungeimpft. Das war ziemlich verstörend für den Richter und die Staatsanwältin.

    Es wird spannend werden, diesmal umso mehr, da 2 Richter der vorigen Instanz und der Vorverhandlung nun geladen sind. So etwas hab ich noch nie gehört.

    Montag, der 15.01.2024
    Strafverteidiger: RA Sven Lausen und RA Holger Wilanzheimer

    Termin zur Hauptverhandlung
    vor der 7. kleinen Strafkammer bestimmt auf:

    MONTAG 15. Januar 2024
    09:30 Uhr

    Jan 13, 2024 · 7:27 AM UTC“

    1. Können Sie bitte nach der Verhandlung das Ergebnis mitteilen, da ich zu weit entfernt wohne? Man darf gespannt sein!

    • Rechtspflege heute auf 11. Januar 2024 bei 12:15
    • Antworten

    „Tobias Ulbrich@AnwaltUlbrich 16h Replying to @welt

    Wäre schön, wenn die StA bei Impfschäden ermitteln würde und der gesamten Irreführung dazu §§95,96 AMG iVm §8 AMG. Aber die StA wird in der Weisungskette wie der Staatsschutz eingesetzt, weshalb die StA auf einem Auge zur Blindheit gezwungen wird und auf der anderen Seite zur Übergriffigkeit gegen diejenigen, die sich nicht beugen (siehe Strafverfahren gegen Ärzte oder den Richter aus Weimar). Der Bericht dient der Abschreckung an Demonstrationen teilzunehmen. War das intendiert?

    Jan 10, 2024 · 6:59 PM UTC“

    https://nitter.net/AnwaltUlbrich/

  1. Wegen Veröffentlichung von Akten aus laufenden Strafverfahren versucht sich gerade FragDenStaat an einem Präzedenzfall:
    https://netzpolitik.org/2023/pressefreiheit-in-gefahr-fragdenstaat-im-fadenkreuz-der-staatsanwaltschaft/

    • Rechtspflege heute auf 28. Dezember 2023 bei 19:56
    • Antworten

    „Die Eltern erklärten gegenüber der Schule, dass ihre Tochter keine Maske tragen werde. Sie bezogen sich auf die Urteile des AG Weimar und des AG Weilheim sowie auf die diesen Urteilen zugrundeliegenden Gutachten (Kuhbandner, Kappstein, Kämmerer). Sie befürchteten, dass stundenlanges Masketragen ihrem Kind seelisch und körperlich schaden würde und haben somit die in der LandesVO verlangte „plausible mündliche Erklärung“ abgegeben.

    Desweiteren haben die Eltern die Durchführung von Tests an ihrem gesunden Kind verweigert. Und zwar aus Angst vor der potentiellen Gesundheitsschädlichkeit der Testmaterialien. Sie haben eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der Notwendigkeit dieser Maßnahme verlangt, woraufhin die Schule wohl nur ein nichtssagendes Formular vorgelegt hat.

    Die Schule erteilte dem Kind dann ein Betretungsverbot, so dass die Eltern für die Folgemonate das Schul- und Hortgeld sowie die Verpflegungspauschale einbehielten. Die Schule hat Zahlungsklage erhoben, die vom AG Halle jetzt zurückgewiesen wurde, weil der Zahlungseinbehalt zu Recht erfolgte.

    Die Begründung liest sich so dermaßen köstlich, dass man kaum weiß, was man bei einer Zusammenfassung weglassen könnte, da ein argumentatives Highlight dem Nächsten folgt.

    Die Schule sei eigenmächtig über den Wortlaut der VO hinausgegangen. „Das Hausrecht endet an den Grenzen der Verordnung„.

    Das Gericht verweist hinsichtlich der Schnell- und PCR-Tests auf eine Gefährdungsanalyse von Prof. Dr. Bergholz. Ohne Gefahrenabwägung – so das Gericht – müsse ein derart invasiver Eingriff nicht in Kauf genommen werden.

    Die Schule habe sich mit den Argumenten der Eltern und den genannten Gutachten und Studien nicht auseinandergesetzt.

    Dem Gericht sei aus zahlreichen Begutachtungen und Studien bekannt, dass Masken mehr schaden als nutzen. Das gelte insbesondere für Kinder.

    Das Gericht zitiert Artikel 3 I der UN-Kinderrechtskonvention, wonach bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, deren Wohl vorrangig zu berücksichtigen ist.

    Die Schule habe gegen die Schulpflicht verstoßen, weil die Schulgesetze weder durch Hausrecht noch durch Verordnungen außer Kraft gesetzt werden. Die Feststellung der „epidemischen Lage“ sei laut dem von Bundestag und Bundesregierung eingesetzten Sachverständigenausschuss „juristisch insgesamt fragwürdig“. Die Verordnungsermächtigung gemäß § 5 IfSG sei verfassungswidrig.

    Es werden Gerichtsentscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Hamburg und Düsseldorf zitiert, nach denen Schüler, die sich den Masken und/oder Testpflichten entziehen, nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden dürfen.

    Das Gericht weist darauf hin, dass die berühmte Entscheidung des AG Weimar zwar aus formalen Gründen wegen der fehlenden Rechtswegzuständigkeit aufgehoben worden war. Dass der eigentliche Inhalt dieses Urteils aber weder vom OLG Jena noch vom Bundesgerichtshof noch vom Bundesverfassungsgericht jemals überprüft worden war. Erst recht habe kein Gericht je festgestellt, dass das Urteil inhaltlich falsch sei. Im Gegenteil. Die Ausführungen hätten sich im Nachhinein als richtig herausgestellt.

    Anmerkung: im Verfahren wegen Rechtsbeugung gegen Richter Dettmar haben die Richter des LG Erfurt in ihrer Begründung sogar darauf hingewiesen, dass wahrscheinlich keine Rechtsbeugung vorgelegen hätte, wenn Richter Dettmar offen von Amts wegen gehandelt und entschieden hätte anstatt ein Antragsverfahren durch betroffene Eltern anzuregen.

    Außerdem verweist das AG Halle auf diverse Meta-Studien.
    So z.B. auf die der Cochrane-Gesellschaft zur fehlenden Wirksamkeit von Masken. Demnach haben Masken auf das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung nur einen geringen oder gar keinen Effekt.
    Und auf eine Meta-Studie von Kisielinski et.al. zu den gesundheitlichen Gefahren des Masketragens.
    Sowie auf eine weitere von Kisielinski, Hockertz et.al zur Toxizität von Masken.

    Dem Urteil beigefügt wurde das Begleitheft des MWGFD e.V. zum Masken-Symposium vom 22.9.2022.

    Am Schluß wird noch darauf hingewiesen, dass Nachweistests seit einer EU-VO vom 26.5.2022 in der höchsten Risikoklasse eingestuft werden. Somit hätte sich im Nachhinein herausgestellt, dass die Eltern recht hatten mit ihren Befürchtungen – die Tests enthalten laut Prof. Hockertz „stark immunologische und allergieauslösende sowie potentiell gentoxische Substanzen.“

    Der letzte Satz des Urteils verdient es, in die Geschichte der „Corona-Prozesse“ einzugehen:

    Denn es kann nicht richtig und gerecht und mit der Unantastbarkeit der Würde des Menschen gem. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz im Einklang sein, dass die sich im körperlich und geistig-seelischem Wachstum befindlichen Kinder unter Atemnot leiden sollen, Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen in der Schule hinnehmen sollen, wo sie mit Freude, Interesse und aufgeweckter Neugier (und nicht mit Angst vor anderen atmenden Kindern) gemeinsam für ihr künftiges Leben lernen sollen, selbstbestimmt und empathisch zu handeln.“

    https://corona-blog.net/2023/12/28/masken-und-testpflicht-2021-in-sachsen-anhalt-ag-halle-liest-privatschule-die-leviten/

    1. Liebe Kommentatoren, bitte beachten Sie, dass die Beiträge möglichst die Zahl von 2.000 Zeichen nicht überschreiten und nicht überwiegend aus Zitaten bestehen sollten. Vielen Dank!

      Das KRiStA-Moderationsteam

    • Rechtsanwalt Dr. Christian Knoche auf 28. Dezember 2023 bei 0:37
    • Antworten

    Geschätzte Kollegen von KRiSTA !
    Das ist ein bravoröser und guter Beitrag, der es auf den Punkt bringt:
    Die Anklage der Staatsanwaltschaft und das Urteil des Landgerichts Erfurt sind und bleiben rein „politische Justiz“.
    Vielen Dank für den gelungenen Artikel. Der BGH wird ihn eines Tages lesen (müssen).

    • Eddi auf 27. Dezember 2023 bei 17:01
    • Antworten

    Hallo zusammen, da dies der letzte Beitrag ist, nutze ich ihn für eine wichtige Anfrage und Info. Am 8. Januar wird in diesem Land demonstriert und es wirft die juristische Frage auf, ob ein Generalstreik erlaubt ist, was für mich keine Frage ist, denn wer sollte das verbieten? Man muss die Politik doch nicht fragen, wenn sie der Anlass dafür ist, die fragen ja auch nicht ob wir uns an einem externen Krieg beteiligen wollen, mit allen Nachteilen, obwohl sie vereidigt sind Schaden vom Volk abzuwenden.
    Liebes KRiSta-Team, vielleicht können Sie das Rätsel lösen und eine Meinung dazu abgeben. Vielen Dank für die vielen wichtigen Beiträge in diesem Jahr und einen guten Übergang in ein hoffentlich gesundes Jahr für alle, welche am selben Tau ziehen.

    • Wahnfried O. Wylkür auf 27. Dezember 2023 bei 10:58
    • Antworten

    Ein fachlicher (und eventuell justiziabler) „Schwächeanfall“ des PEI?

    „FAZIT

    1. Das PEI stellt bezüglich DNase-Verdau Behauptungen auf, die von der EMA bereits seit über einem Jahr widerlegt sind.

    2. Das PEI zweifelt Untersuchungsmethoden der modRNA-Produkte an, die von den OMCL Laboren so auch verwendet werden, aber wahrscheinlich mit dem falschen Farbstoff.

    3. Das PEI zieht OCABR Regel als Beleg heran, dass etwas nicht getan werden muss, was in den OCABR Regeln aber als zu untersuchen festgelegt ist.

    4. Das PEI ignoriert seinen gesetzlichen Auftrag nach AMG, den es in einer eigenen Publikation als Qualitätsmerkmal hervorhebt.

    5. Das PEI veröffentlicht eine Publikation über Untersuchungen, die es angeblich im Schichtdienst als OMCL gemacht hat, während es dem MDR schreibt, keine Untersuchungen durchzuführen und auch vor Gericht ausgesagt hat, dass nur Sichtkontrollen durchgeführt werden.“

    https://drbine.substack.com/p/wie-man-sich-aus-einen-eigenen-worten

    • G.Hoffmann auf 24. Dezember 2023 bei 11:17
    • Antworten

    24.12.2023
    Spendenkonto Richter Dettmar:

    Diese Seite existiert nicht:
    https://mutigmacher.org/bitte-unterstutzt-auch-weiterhin-die-verteidigung-des-weimarer-richters-christian-dettmar/

    Bitte klären Sie das.

    Mit freundlichen Grüßen

    Gernot Hoffmann

    1. Hallo Herr Hoffmann, jetzt kommen Sie wieder zur genannten Seite.
      Ihr Krista-Team

  2. Wenn mit Ratifizierung eines Rechtsaktes zeitgleich seine Rechtsgrundlage aufgehoben wird, hat dieser Rechtsakt zu keinem Zeitpunkt Rechtskraft erlangt.

    Hier: Angenommener Beitritt gem. Art. 3 EinigVtr und die zeitgleiche Aufhebung seiner Rechtsgrundlage (s.g. „Beitrittsartikel“ resp. Art. 23 GG a.F.) via Art. 4 Ziff. 2 EinigVtr.

    Die sich hieraus ergebenen Schlussfolgerungen für Demokratie und Grundgesetz kann das KRiStA-Team ja selbst ziehen.
    Vllt kommt dieser – mit Blick auf systemische Fragen – eher unkritische Verein ja doch nochmal auf den Gedanken, dass das was für jedermann sichtbar ist sich auch de jure nachvollziehen lässt.

    Das Löschen von systemkritischen Meinungen hilft hierbei jedenfalls nicht weiter, insb. nicht wenn man die Abkehr großer Teile der Gesellschaft von den Kartellparteien resp. den Zerfall von Demokratie realisiert.

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article246956350/Deutsche-vertrauen-der-Demokratie-immer-weniger-Vertrauen-in-Parteien-auf-Tiefpunkt-gesunken.html

    • You name it auf 22. Dezember 2023 bei 1:00
    • Antworten

    Nach der Logik des verurteilenden Gerichts hat es sich selbst durch den fehlenden Befangenheitsantrag im Verfahren gegen Herrn Dettmar strafbar gemacht. Hallo Staatsanwaltschaft, frisch auf zu neuen Taten. Es winken Ruhm und Anerkennung, vielleicht sogar Erwähnung im Geschichtsbuch. […]

    • Dr. Norbert Meinel auf 21. Dezember 2023 bei 20:06
    • Antworten

    das Erschreckende ist, dass man nicht jura studiert zu haben braucht um festellen zu können, dass ein objektiv richtiges Urteil niemals den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen kann. Das noch Erschreckndere ist die Tatsache, dass – jedenfalls soweit ersichtlich – niemand darauf eingeht, dass dem Schulträger im Verfahren mehrmals die Möglichkeit der Stellungnahme sowohl auf den Antrag, als auch auf die Auswahl der Gutachter eingeräumt wurde und (dennoch) keinerlei Reaktion erfolgt ist. Um einmal in der Überlegung des Artikels zu verbleiben, hätte Richter Dettmar bei der Frage des Unterlassens einer Selbstablehnung inzidienter auch noch erwägen müssen, welche Argumente der Schulträger hätte vorbringen können, um in als befangen abzulehen, die dieser aber gar nicht vorgebracht hat. Das hat im Ergebnis etwas von juristischer Folkore.

    • Klaus Volkmar Hornaff auf 20. Dezember 2023 bei 8:20
    • Antworten

    Die eigentliche Ursache der gesamten Problematik liegt aus meiner Sicht am Glaubensbekenntnis zur Evolution, das heißt die vielen Tatsachenbehauptungen der Wissenschaftsgemeinde. Zudem noch nie ein Wissenschaftler oder Virologe, u.a. Professor Drosten nie eine Evolution (inklusive Mutationen, bzw. spontane Entstehungen neuartigen Lebens) vor einem ordentlichen Gericht beweisen konnte.
    – KVH

    • Klaus Siebert auf 20. Dezember 2023 bei 2:28
    • Antworten

    Es wäre ratsam, dass der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung diese sachliche und überzeugende Analyse des Urteils der Vorinstanz anerkennt und Herrn Dettmar vollständig rehabilitiert.

    Eine schier unglaubliche Aussage halte ich in diesem Zusammenhang nach wie vor eines vernunftbegabten Menschen für unwürdig: das vom seinerzeitigen Präsidenten des RKI – Lothar Wieler – am 20.07.2020 öffentlich postulierte Mantra: „Diese Regeln dürfen nie hinterfragt werden. Das sollten wir einfach so tun.“

    Von diesem Mantra können sich offenbar nicht wenige Staatsanwälte und Richter bis heute nicht lösen. Dabei könnte man doch schlicht bekennen: „ich habe mich geirrt, mein Tun war Unrecht.“ Dann würde man künftig auch wieder leichter rote Linien erkennen.

    • Theodor Danninger auf 19. Dezember 2023 bei 19:42
    • Antworten

    Zitat:
    „Die Frage, ob die von dem Angeklagten getroffene Anordnung unter Berücksichtigung der Ausführungen der eingeholten Sachverständigengutachten inhaltlich richtig gewesen ist, vermag angesichts der Schwere des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes an der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung nichts zu ändern.“

    Der Geist dieser Aussage zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Urteilsfindung: Das Recht ist nicht mehr für die Menschen da, sondern der Mensch für das Recht bzw.in diesem Fall, das Gericht

  3. Wir brauchen solche Menschen, wie in diesem Fall Richter Christian Dettmar, die ihrer Berufung folgen und nicht Berufe so unreflektiert ausüben, dass sie die quintessentielle Berufsethik völlig außer Acht lassen, wenn der Lohn stimmt. Wenn Richter bestraft werden, weil sie sich für die Rechte und die Gesundheit von Kindern einsetzen (zu Recht), die Wahrheit aussprechen, dann wird die Berufsethik ad absurdum geführt.

    Dafür gibt es die richterliche Unabhängigkeit, welche gerade verbürgen soll, dass Richter und Richterinnen nicht an externe Faktoren gebunden sind. Die deutsche Justiz sollte dies wirklich besser wissen, schließlich haben wir historische Präzedenzfälle. Besonders Justizbedienstete haben die Pflicht das Grundgesetz zu schützen. Wir alle besitzen die inhärente Fähigkeit, Recht von Unrecht zu unterscheiden, auch ohne ein Jurastudium. Menschen, die sich für die Wahrheit und Gerechtigkeit einsetzen, müssen vor ihren Widersachern geschützt werden.

    Richter Christian Dettmar hat als ehrbarer Richter meine vollste Zustimmung und Hochachtung, dabei bleibe ich. Davon abgesehen, liegen nun mittlerweile und schon länger, etliche Studien, Artikel und Berichte vor, die vor allem besagen, dass das tragen von Mundnasenschutz-Masken die Gesundheit von Kindern schaden und das nicht nur rein physisch. Aus meiner Sicht hat Richter Dettmar sehr korrekt gehandelt aber vor allem auch auf der Basis nach Fakten. Er gehört zu den Richtern, die aufrichtig, mutig und loyal (nach Treu und Glauben) sind aber vor allem Courage zeigen.

    „Wer das Böse ohne Widerspruch hinnimmt, arbeitet in Wirklichkeit mit ihm zusammen“. Martin Luther King

    • Dr. Claus-D.Dudel auf 17. Dezember 2023 bei 11:02
    • Antworten

    Was mir in diesem Zusammenhang als juristischem Laien auffällt ist, dass es bisher kein Kriterium gibt, das eine Gesichtsbedeckung erfüllen muss, um zum Schutz vor einer Ansteckung geeignet zu sein. Ja, es gibt nicht einmal die Unterscheidung zwischen einem Hilfsmittel für den Fremdschutz (leichtes Einatmen, gefiltertes Ausatmen) und Eigenschutz (gefiltertes Einatmen, leichtes Ausatmen). Keine Norm, keine Hestellungsanforderung, nichts!
    Die Prüfnorm für die OP-Masken (Fremdschutz in sterilen OP-Sälen) bezieht sich auf Bakterien, nicht auf Viren. Die Prüfnormen aller anderer Atemschutzmasken, inklusive der Staubschutzmasken FFPx und der Schutzmasken gegen biologische Kontamination, die u.a. im Militär verwendet werden, beziehen sich ausschließlich auf den Eigenschutz.
    Die beschreibenden Statistiken für irgendwelche Maskenchargen, die von Laien gerne zitiert werden, entbehren jeder Aussagekraft, da die Messmethoden nicht genormt und die Anforderungen nicht beschrieben werden.

    • Rechtspflege heute auf 16. Dezember 2023 bei 17:43
    • Antworten

    „Es ist festzuhalten: Ein Familienrichter schützt sachlich begründet Kinder in seinem Amtsgerichtsbezirk vor gesundheitsschädlichen und epidemiologisch weitgehend wirkungslosen und zudem verfassungswidrigen Maßnahmen eines übergriffigen Staates. Hierfür wird er wegen Rechtsbeugung verurteilt. Selbst wenn die Verfahrensführung nicht ganz korrekt gewesen sein sollte: Die Absurdität, Tragik und Falschheit dieser Geschichte wird der Bevölkerung wohl erst im Rahmen einer wirklichen Aufarbeitung der Corona-Zeit bewusst werden. Besser wäre es, unsere Justiz wüsste bereits jetzt, sachgerecht mit einem derartigen Sachverhalt umzugehen.“

    https://netzwerkkrista.de/2023/08/24/eine-niederlage-des-rechtsstaats/

    Ein Richter versucht Kinder vor gesundheitsschädlichen Maßnahmen zu schützen und wird dafür massiv bestraft.
    Eine für die Arzneimittelsicherheit zuständige Behörde unterlässt es, ihre die gesundheitliche Bevölkerungssicherheit dringend notwendige Arbeit zu erfüllen. Die Gründe für diese wohl strafbewehrten
    Unterlassungen und anderen möglichen Straftatbeständen will keine rechtliche Institution einer juristischen Klärung zuführen.
    Laienfrage: Warum eigentlich nicht?

    „Tobias Ulbrich@AnwaltUlbrich 29m

    Thema heute: „Schnittstelle Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – völliges Versagen der Arzneimittelsicherheit?“

    Das PEI ist in Deutschland für die Arzneimittelsicherheit zuständig. Gemeinsam mit dem Bundesministerium der Gesundheit sorgten sie aber mit den sog. „Impfstoffen“ von BioNTech und Moderna dafür:

    1. Daten nicht zu erheben.
    2. Bestehende Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft nicht zu verarbeiten.
    3. Und Meldungen der Hersteller über signifikante Sicherheitsfragen nicht an die Ärzte weiterzuleiten.
    4. Des Weiteren waren sie unaufhaltsam mit der Beweisvereitelung beschäftigt.“

    „Das PEI ist das Nadelöhr durch das alles muss auf das wieder alle verweisen. Kommt also vom PEI, dass die Impfstoffe wirksam und sicher seien, dann kommt auch von der STIKO eine Empfehlung ohne eigene Prüfung dazu. Auch die Staatssekretärin im Bundesministerium der Gesundheit erläuterte in einer Fragestunde im deutschen Bundestag, dass alle Daten die Arzneimittelsicherheit betreffend solche des PEI seien. Eigene Erhebungen gäbe es nicht.

    Es wird an der Zeit dieses Institut einmal auf den Kopf zu stellen, da dieses Verhalten nur mit vermuteter Korruption denkbar erscheint. Wer so eklatant gegen die Interessen der Bürger und gegen das Arzneimittelgesetz in strafrechtlich relevanter Weise verstößt, kann und darf so nicht weiter machen.

    Die Fragen sind auch an eine schlafende Fachaufsicht durch das Bundesministerium der Gesundheit zu stellen.“

    https://nitter.net/AnwaltUlbrich/

    • Ulfa Becker auf 16. Dezember 2023 bei 7:39
    • Antworten

    Guten Morgen, auch ich bedanke mich für die tolle Zusammenfassung, die ich als Laie gut verstanden habe.
    Unfassbar! bei alledem was mittlerweile und schön länger bekannt ist.
    Wie können wir dem Richter Dettmar unterstützen bei diesem Unrechtsurteil?

    1. Der Verein Mutigmacher e.V. hat ein Spendenkonto zur Unterstützung bei der Finanzierung der Prozesskosten eingerichtet. Vielen Dank dafür! Er ist unter folgendem Link zu erreichen:

      https://mutigmacher.org/bitte-unterstutzt-auch-weiterhin-die-verteidigung-des-weimarer-richters-christian-dettmar/

    • Photios auf 16. Dezember 2023 bei 7:24
    • Antworten

    Wird Berufung eingelegt?

    1. Die Einlegung einer Berufung ist gegen erstinstanzliche Urteile eines Landgerichts nicht möglich. Das einzige Rechtsmittel ist die Revision, also eine Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler durch den Bundesgerichtshof. Sowohl die Verteidigung wie auch die Staatsanwaltschaft Erfurt haben Revision eingelegt. Die Verteidigung natürlich mit dem Ziel des Freispruchs, die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer noch härteren Verurteilung.

        • Winni auf 19. Dezember 2023 bei 20:33
        • Antworten

        Was sind das nur für Menschen, die diesen Richter wagen zu verklagen und zu verurteilen. Menschlich gesehen, unvertretbar, bürokratisch gesehen , bezeichnend für den Untergang der deutschen juristischen Kultur. Es ist einfach nur noch unbeschreiblicher Aktionismus der gerade herrschenden Macht ! Die DDR lässt grüßen !!!
        Die Verantwortlichen sollten sich aber nicht zu früh freuen. Ihre Pöstchen können über Nacht in Luft auflösen !

    • Ronny Wiese auf 16. Dezember 2023 bei 6:26
    • Antworten

    Die Analyse ist hervorragend (wenn auch vermutlich selbst von einem „befangenem Kollegen“) und führt unmittelbar zur Einsicht, dass die Verurteilung selbst aufgrund des Unterlassens der Selbstanzeige wegen Befangenheit der Kammer aus den im eigenen Urteil benannten Gründen zur Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung führt. Könnte man als Ironie des Schicksals bezeichnen. Bin gespannt, welcher Staatsanwalt sich der Sache annimmt.

    • Harry auf 16. Dezember 2023 bei 1:12
    • Antworten

    Meiner Ansicht nach handelt es sich hier um eine Verschwörung im klassischen Sinne. Mehrere Personen tun sich im Geheimen zusammen, um zum Nachteil eines Dritten ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Besonders perfide dabei ist der Umstand, dass hier anstelle eines geheimen Hinterzimmers eine rechtsstaatliche Institution missbraucht wird, um gemeinsam Unrecht zu sprechen.
    Ob die an dieser Verschwörung beteiligten Juristen je zur Verantwortung gezogen werden, bleibt fraglich.

  4. Nach dieser Urteilsbegründung offenbart sich in Ablehnungen von medizinischen Beweisanträgen durch die Gerichte in Strafverfahren gegen Ärzte wegen falschen Attesten ein solches Ausmaß an Befangenheit, dass die Unterlassung der deshalb notwendigen Selbstanzeige auch Rechtsbeugung sein könnte. Oder ?

    • Krämer, Anne auf 15. Dezember 2023 bei 23:35
    • Antworten

    Danke für diese ausführliche Analyse.
    Aber wie wird es weitergehen?
    Können Sie mit Ihrer Darlegung die Existenz von Herrn Dettmar retten bzw. wieder herstellen?

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.