KRiStA – Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.

Die „Antisemitismuskeule“

Ein vielsagender offener Brief dreier jüdischer Gruppen gegen den Missbrauch von Geschichte als Waffe gegen Andersdenkende und Meinungspluralismus

von Beate Sibylle Pfeil

Wie jede Aufarbeitung von Geschichte, so dient besonders auch die Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte dem Lernen. Dieses Lernen setzt Abstrahieren und sorgfältiges Differenzieren voraus, um so bestimmte Muster betrachten und daraus Lehren für eine zweifellos veränderte politische, gesellschaftliche und individuelle Gegenwart ziehen zu können. Schon aus diesem Grund bedingt das Lernen keine vollständige, plumpe Gleichsetzung, wie häufig vorschnell angenommen oder unterstellt wird. Eine aufrichtige Aufarbeitung ermittelt Ursachen und lässt Wiederholungen als menschenfeindlich erkannter gesellschaftlicher Muster und entsprechender politischer Strukturen nicht zu, hierfür steht auch das viel zitierte Postulat „Nie wieder!“. Zugleich dient aufrichtige Aufarbeitung auch der Ermutigung von Menschen, auf ihr eigenes humanes Potential zu vertrauen und dieses wo auch immer zu entfalten, z. B. im Sinne eines Einsatzes für Menschenwürde und Menschenrechte. Wofür aber steht das „Nie wieder“ genau? Die jüngere deutsche Geschichte bietet eine breite Palette von Antworten auf diese Frage, z. B. auch das Postulat „Nie wieder Totalitarismus!“. Oder, ganz zentral: „Nie wieder Verunglimpfung, Diffamierung oder Ausgrenzung von Minderheiten und ihren Angehörigen!“. 

Die jüdische Gruppe We for Humanity verweist darauf, dass eine aufrichtige und konsequente Schlussfolgerung aus dem „Nie wieder!“ dazu führen muss, dass der entsprechende Minderheitenbegriff nicht nur jüdische, sondern jegliche Minderheiten miteinschließt – wie auch immer diese Minderheit im Einzelnen definiert sein mag. In diesem Sinne haben die Gründer von We for Humanity seit 2021 wiederholt mediale Hetze angeprangert und Medien und Gesellschaft dazu aufgefordert, sich diesem Unrecht zu widersetzen. 

Inzwischen haben sich drei freie jüdische Gruppen international vereint, um einen offenen Brief mit dem Titel „In Gedenken an Clemens Arvay: Einer von vielen – einer zu viel“ zu schreiben. Neben der bereits erwähnten Gruppe We for Humanity (international) sind dies Jews for Justice (London) und Juden für Aufklärung (Wien). Alle drei zählen jeweils auch Holocaust-Überlebende und/oder deren Nachfahren zu ihren Mitgliedern. Aus ihrer geschichtlichen Erfahrung und Verantwortung heraus wagen es diese, auf eklatante Missstände vor allem in den etablierten Medien hinzuweisen, darauf, dass sich ihrer Analyse gemäß auch aktuell viele zentrale gesellschaftliche Bereiche und vor allem die Medien „dem Diktat der politischen Exekutive und der Profitgier unterordnen“ – und darauf, dass dies „das Ende jeder demokratischen pluralistischen Gesellschaft“ bedeuten kann (vgl. die Homepage von We for Humanity). 

Das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte beteiligt sich gerne an der Verbreitung des offenen Briefs, der inzwischen noch von drei weiteren herausragenden Persönlichkeiten aus diesen – nicht selten durch politische Verfolgung bereits traumatisierten – Kreisen namentlich gezeichnet wurde. Den Unterzeichnern gebührt für ihren Mut, das mit ihrem Brief verbundene Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen, besonderer Respekt. 

Worum geht es in dem offenen Brief ganz konkret? Aus Anlass des tragischen Suizids des engagierten Biologen Clemens Arvay wenden sich dessen Verfasser dezidiert gegen die aktuell weit verbreitete mediale Diffamierung und Hetze gegenüber Andersdenkenden. Der Name Arvay steht zugleich stellvertretend für unzählige engagierte, kritisch hinterfragende Menschen. Er steht insbesondere für – nicht selten besonders renommierte – Experten aus Bereichen wie Medizin, Biologie, Pharmazie, Recht, Wirtschaft, Politik oder Medien, die sich wie Clemens Arvay fachkompetent und fundiert mit den staatlich verhängten Corona-Maßnahmen bzw. den sogenannten Covid-Impfungen auseinandergesetzt und dabei auf deren großteils fehlende wissenschaftliche Grundlage bzw. die fehlende oder fragwürdige Risiko-Nutzen-Abwägung hingewiesen haben. Diese wurden und werden viel zu häufig und vor allem ohne nachvollziehbare Begründung mit den aktuell wohl schlagkräftigsten Stigmata wie „rechtsradikal“ oder gar „antisemitisch“ versehen oder in deren Nähe gerückt. Dies bedeutet nicht nur eine eklatante Rufschädigung für diese Menschen, viele von ihnen haben in der Folge auch ihre berufliche und wirtschaftliche Existenz verloren oder sind akut von einem solchen Verlust bedroht.

Die Zeichner des offenen Briefs sehen in diesen Vorgängen, durch die persönlich wie fachlich integre Menschen völlig unbegründet zu „Antisemiten“ gestempelt werden, eine Instrumentalisierung von Geschichte, welche die Opfer der Vergangenheit erneut mit Füßen tritt und letztlich auch zur Verharmlosung von wahrem Antisemitismus beiträgt. In den Holocaust-Überlebenden und deren Nachfahren ist die Erinnerung an die tragischen Konsequenzen medialer Propaganda und Hetze wie Massenhass oder die mehrheitliche Akzeptanz von Unrecht noch lebendig. Gerade für sie ist es erklärtermaßen unaussprechlich schmerzhaft, dass das „Nie wieder“-Postulat im Rahmen der Aufarbeitung jener Geschichte, deren Teil sie sind, auf diese Weise als Waffe gegen Minderheiten eingesetzt und letztlich in sein Gegenteil verkehrt wird. 

Die Unterzeichner des offenen Briefs verwahren sich daher ganz entschieden gegen diesen sie auch persönlich betreffenden Missbrauch und ihre Degradierung zum Werkzeug gegen „Meinungsabweichler“. Vor allem aber sehen sie in der so effektvoll gebrauchten „Antisemitismuskeule“ ein gefährliches Werkzeug mit der Folge und womöglich auch mit dem Ziel, den für die Fortexistenz von Demokratie unabdingbaren freien Diskurs, den Pluralismus der Meinungen, ihren freien Wettbewerb, zu unterbinden. 

Letztlich warnen die drei jüdischen Vereinigungen und Persönlichkeiten auf diese Weise vor den akut vorherrschenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, in deren Zentrum die Menschenwürde steht und die nur auf dem Boden von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit und entsprechendem Pluralismus gedeihen kann. Zugleich erinnert uns dieser Brief eindringlich an die Tatsache, dass es gerade diese freiheitliche Ordnung ist, die als Lehre aus der Vergangenheit zu den wichtigsten Errungenschaften Nachkriegsdeutschlands zählt, eine Ordnung, die es definitiv und uneingeschränkt zu wahren gilt. 

Möge dieser offene Brief, möge die gewichtige und couragierte Stimme seiner Unterzeichner Gehör finden!


Offener Brief

in Gedenken an Clemens Arvay: Einer von vielen – einer zu viel.

Juden gegen mediale Hetze

Dieser Brief wurde von Juden verfasst, die sich international vereint haben. Der Brief richtet sich an Politik und Medien, aber auch – und vor allem – an unsere Mitmenschen, die tatenlos zusehen oder sich in vorauseilendem Gehorsam durch Mittäterschaft verdient machen.

Wir trauern um Clemens Arvay. Was hat diesen sanften Mann dazu getrieben, seinem Leben im Alter von 42 Jahren ein Ende zu setzen? Was hat einen liebenden Vater dazu gebracht, seinen Sohn zurückzulassen? Immer sachlich und auf eine konfliktfreie Debatte bedacht, der Natur und der Musik verbunden… Wie verzweifelt muss Clemens Arvay gewesen sein, um alles, was er liebte, aufzugeben und keinen Ausweg mehr zu sehen?

Es gibt kaum eine schlimmere Beleidigung für einen anständigen Menschen als die, ein „Antisemit“ genannt zu werden. Wenn die Verfechter der herrschenden Meinung oder besser gesagt: der Meinung der Herrschenden, grundlos die Antisemitismus-Keule schwingen, nehmen sie den Schmerz und die Verzweiflung, die sie damit verursachen, zumindest billigend in Kauf.

Auch Clemens Arvay wurde einer solchen Hetze ausgesetzt und als Antisemit verunglimpft. Wir werden ihn nicht mehr fragen können, was der endgültige Auslöser für seine Entscheidung war. Aber eine Frage an die Hetzer – an die betreffenden Medien, darunter so manches Leitmedium und an die einzelnen Profiteure der politischen Gunst – darf und muss gestellt werden: Berührt Sie die Vorstellung, dass dieser Tod mit Ihrer Hetze zu tun haben könnte? Es ist nicht entscheidend, was der finale Auslöser war. Aber Sie haben die Möglichkeit einer finalen, irreversiblen Entscheidung billigend in Kauf genommen.

Dieser Tod bricht den Damm. Das aufgestaute Entsetzen über die Art und Weise, wie Sie mit dem umgehen, was uns heilig ist, was uns geprägt hat, was unseren Schmerz und unser Wissen begründet, bewegt uns dazu, diesen Brief zu schreiben.

Ein Antisemit ist ein Judenhasser. Diejenigen, die vor 80 Jahren versuchten, die europäischen Juden zu vernichten, waren Antisemiten.

Nazis sind Eugeniker, Massenmörder, die aus ihrer vermeintlichen rassischen Überlegenheit heraus andere als minderwertig verunglimpfe Menschen misshandeln und töten.

Diese Begriffe gegen Menschen zu verwenden, die lediglich die zur Religion gewordene Impfagenda hinterfragen, sich für Friedensverhandlungen aussprechen oder sich sonst gegen einen politischen oder medialen Trend stellen, ist eine inakzeptable Verharmlosung des Nationalsozialismus und des Holocaust. Ein solch inflationärer Vergleich von Andersdenkenden mit Massenmördern ist letztlich eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus. Einige dieser Opfer sind die Vorfahren der Unterzeichner, unsere Eltern und Großeltern. Und einige der Unterzeichner wissen aus erster Hand, was einen andersdenkenden Biologen mit so beeindruckender menschlicher Integrität von einem Antisemiten unterscheidet.

Die Antisemitismus-Keule wird als Waffe gegen die Kritiker von Regierungsmaßnahmen eingesetzt. Wie jede Waffe verursacht sie Zerstörung. Wie jede Waffe ist sie ein Mittel der Unterdrückung und Gewalt. Das wollen wir nicht!

Warum sehen wir uns in der Position „Es ist genug!“ zu sagen? Weil der Eindruck erzeugt wird, dass wir es sind, die Juden, welche die Antisemitismus-Keule in den Händen halten. Dass wir es sind, die vor den „Schwurblern“, „Verschwörungstheoretikern“, „Nazis“ und „Rechtsradikalen“ beschützt werden wollen. Wir sollen diejenigen gewesen sein, die angeblich auch vor einem Clemens Arvay beschützt werden wollten. Auch vor Vera Sharav, Andrew Bridgen, Daniele Ganser, Sucharit Bhakdi, Neil Oliver, Roger Waters, Andrew Tate, David Icke, Ken Jebsen sollen wir um Schutz gebeten haben. Wir sollen es gewesen sein, die in Mode gekommene Prozesse wegen Volksverhetzung und Holocaust-Verharmlosung in Deutschland oder Wiederbetätigung in Österreich gefordert haben.

Clemens Arvay war kein Antisemit, wir haben niemanden damit beauftragt, ihn in unserem Namen zu verletzen.

Daniele Ganser ist kein Antisemit. Wir wünschen, nicht dafür missbraucht zu werden, dass der Historiker zum Schweigen gebracht wird, weil seine Meinung über den Krieg dem zugelassenen Narrativ widerspricht.

Sucharit Bhakdi ist kein Antisemit. Diejenigen, die sich von dem Wissenschaftler beleidigt fühlen, der durch seine leidenschaftliche Aufklärung unzählige Leben gerettet hat, sind bei Weitem nicht stellvertretend für alle Juden.

Neil Oliver ist kein Judenhasser. Auch er soll in unserem Namen nicht diffamiert werden.

Andrew Bridgen ist kein Antisemit. Der Politikerkollege, der ihn als solchen verleumdet hat, ist nun als der korrupte und manipulative Beamte entlarvt worden, der er ist.

Die Tatsache, dass Vera Sharav, eine Holocaust-Überlebende und lebenslange Verfechterin der medizinischen Ethik, in Deutschland wegen Holocaust-Leugnung und Volksverhetzung strafrechtlich verfolgt wird, zeigt umso deutlicher, womit wir es zu tun haben; dies geschieht nicht in unserem Auftrag.

Das Gleiche gilt für jede vorgenannte Persönlichkeit und unzählige andere kritisch denkende Menschen, die im Rahmen der einheitlichen Corona-Agenda nach einem einheitlichen Prinzip – wie nach einem Drehbuch – verleugnet, beleidigt, ausgegrenzt, um ihren guten Namen und um ihre Existenz gebracht werden.

Jedes Gerichtsverfahren nach den besagten Paragraphen, jede grundlose Beschimpfung als Nazi, Antisemit oder Holocaust-Leugner zielt auf Zerstörung eines Rufs, einer finanziellen und sozialen Existenz ab – oder auch eines Lebens. Wir wollen dafür nicht missbraucht werden. Wir können solche Maßnahmen in einer Gesellschaft, die sich freiheitlich-demokratisch definiert, niemals befürworten. Außerdem sind wir in Angst und Sorge: Indem man in unserem Namen Existenzen zerstört, die Gesellschaft spaltet und gegen eine kritische Minderheit hetzt, begründet und fördert man echten Antisemitismus. Und nicht nur das: Die ständig kultivierte Angst, als Nazi oder Antisemit beschimpft zu werden, nimmt Menschen Zivilcourage und degradiert unsere Gesellschaft zu einer, die einem Unrecht tatenlos beiwohnt.

In seinem Buch Anleitung zum Unglücklichsein schreibt Paul Watzlawick:

Was A über B sagt, sagt viel über A und wenig über B

Damit ist alles über die Gott-lose Kampagne gegen Clemens Arvay gesagt.

An diejenigen, die unseren Schmerz und unsere Sorge teilen: Nehmen Sie Einfluss! An die Hetzer und ihre Auftraggeber: Werden Sie wenigstens die Größe haben, dem Sohn von Clemens zu gestatten, stolz auf seinen Vater zu sein? Werden Sie das Unrecht wiedergutmachen? Werden Sie künftig Menschen hinter den unliebsamen Kritikern sehen – Väter, Mütter, Geliebte, Söhne oder Töchter – Menschen wie Sie, die einfach Ihre Meinung nicht teilen?

Hier ist der Mensch Clemens Arvay.

„Sie machen mich fertig“ auf einem Zettel ist alles, was seine Mutter „Abschiedsbrief“ nennen kann.

Jews for Justice                               Juden für Aufklärung                                   We for Humanity

Mark Crispin Miller, Professor of Media Studies, New York University
Yair Dagan Biran, Rechtsanwalt,
Oliver Elias, Großneffe von Anne Frank

Kontakt: we.are@united-jews-for-freedom-and-peace.org