Manfred Kölsch

Das Kammergericht Berlin entpuppt sich in seiner Entscheidung vom 18.09.2025 (Az. 10 U 95/24), die dem Autor vorliegt, als Sprachrohr der Exekutive. Es treibt die Verengung des Meinungskorridors weiter voran und erschwert damit die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen.
Zur erstinstanzlichen Entscheidung
Das Landgericht Berlin II hatte in einem Fall darüber zu entscheiden, ob durch LinkedIn, mit ca. 774 Millionen Mitgliedern in 200 Ländern eines der größten sozialen Netzwerke, das LinkedIn-Profil des Klägers sowie drei Einträge, die sich u. a. mit Nebenwirkungen der Covid-Impfungen und der Verfassungswidrigkeit der Impfpflicht befassten, gelöscht bzw. gesperrt werden durften. In der erstinstanzlichen Entscheidung wurde die Sperrung des LinkedIn-Profils des Klägers aufgehoben. Die Löschung der drei Einträge wurde jedoch für rechtmäßig erklärt. Wegen Einzelheiten wird auf die vom Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA) am 08.07.2024 veröffentlichte Entscheidungsbesprechung des Autors verwiesen.
Zum zweitinstanzlichen Verfahrensstand
Nun hat das Kammergericht die Berufung des Klägers mit dem Ziel, auch die Löschung der drei Beiträge rückgängig zu machen, zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung von LinkedIn wurde, entgegen der Entscheidung des LG Berlin II, auch die Sperrung des gesamten Profils des Klägers für rechtens erklärt.
Aus hier nicht im Vordergrund stehenden Erwägungen hat das Kammergericht festgestellt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen/Community-Richtlinien von LinkedIn lägen dem Vertragsverhältnis mit dem Kläger zugrunde, und deren inhaltliche Wirksamkeit sei an den Regeln des Digital Services Act (DSA) zu messen. Danach enthielten die Beiträge „irreführende Inhalte(n) im Sinne der Community-Richtlinien”, weil sie „direkt im Widerspruch zu den medizinischen Richtlinien der lokalen Gesundheitsbehörden oder der WHO“ stünden. Ein Zustand, der nach Auffassung des Kammergerichts gemäß den Community-Richtlinien zur Löschung der Einträge berechtigt. (Zu den lokalen Gesundheitsbehörden zählt das Gericht das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und das RKI.)
Von den zahlreichen durch Literatur und Rechtsprechung belegten Hinweisen des Klägers auf die Rechtswidrigkeit bzw. Unwirksamkeit der Community-Regeln des Beklagten erörtert das Gericht nur wenige, und diese in absolut unzulänglicher Art und Weise.
Zur Transparenz der Community-Richtlinien
Nach Art. 14 Abs. 1 S. 3 DSA sind die AGB „… in klarer, einfacher, verständlicher, benutzerfreundlicher und eindeutiger Sprache abzufassen und in leicht zugänglicher und maschinenlesbarer Form öffentlich zur Verfügung zu stellen“. Überzeugend führt die Berufungsbegründung aus, danach müsse der Nutzer anhand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zweifelsfrei erkennen können, welche Rechte und Pflichten er hat. Es muss vorhersehbar sein, unter welchen Voraussetzungen ein Pflichtverstoß vorliegt, welche Sanktionen dieser nach sich zieht und wie sich der Nutzer gegen eine ihn benachteiligende Entscheidung beschweren kann. Werden diese wichtigen Fragen nicht, nicht ausführlich, widersprüchlich oder generalklauselartig behandelt, sind die AGB unwirksam.
Beispielhaft weist die Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf von LinkedIn selbst erstellte Urkunden darauf hin, dass sich aus den AGB nicht ergebe, wann ein Pflichtverstoß zu welcher Sanktion führt. Nicht ersichtlich sei, wann ein wiederholtes Einstellen von Inhalten gegeben ist, das zu einer Einschränkung führt, und wie oft ein Wiedereinstellen erfolgen muss, um berechtigterweise einen Verstoß gegen die Community-Richtlinien annehmen zu können. Bei einem Verstoß gegen die Community-Richtlinien kann nach deren Inhalt „möglicherweise“ und bei gravierenden Verstößen, „eventuell“ auch nach nur einem einzigen Verstoß, ein Konto dauerhaft gesperrt werden. Diese Art der Regelung ist nicht Ausdruck verbindlicher AGBs, die für jedermann in gleicher Weise gelten. Willkürhandlungen durch die Plattform wird die Hand gereicht, weil die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Kontosperrung entgegen Art. 14 Abs. 1 S. 3 DSA nicht „in eindeutiger Sprache“ geregelt ist.
Die Berufungsbegründung nimmt eine „vollständige Verwirrung“ des Nutzers an, wenn LinkedIn in den AGB festschreibt: „Inhalte, die in der Regel gegen unsere Richtlinien verstoßen, sind möglicherweise in Fällen erlaubt, in denen sie dazu dienen, das Bewusstsein zu schärfen oder etwas zu verurteilen.“ Es bleibt völlig im Dunkeln, wie LinkedIn bewerten will, ob eine Verschärfung des Bewusstseins (wessen Bewusstsein, in welcher Intensität?) eingetreten ist. Diese AGB sind weit entfernt von den Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 S. 3 DSA. Eine klare, einfache, verständliche und eindeutige Sprache gemäß dem Transparenzgebot ist nicht gegeben.
Das Kammergericht ist anderer Ansicht. Im Urteil heißt es, ohne auf den Vortrag des Klägers einzugehen: „Die Vorgabe der Verwendung einer klaren, einfachen, verständlichen, benutzerfreundlichen und eindeutigen Sprache im Sinne der Regelung des DSA erachtet der Senat gleichfalls als erfüllt.“ Das Gericht ergänzt: „Auch die Darstellung von Beispielen in den Community-Richtlinien, welche Inhalte als falsch oder irreführend erachtet und entfernt werden, ist in Bezug auf die hier in Rede stehende Regelung klar und eindeutig.“
Dem Kammergericht ist es offensichtlich gleichgültig, ob LinkedIn gegen Art. 14 Abs. 1 S. 3 DSA verstoßen hat. Denn: „Es ist für jeden Nutzer der Plattform der Beklagten ohne weiteres zu ermitteln, welche medizinischen Richtlinien die WHO aufgestellt hat.“ Für den Nutzer sei deshalb zweifelsfrei zu erkennen, mit welchem Eintrag er sich damit in Widerspruch setzt. Ebenso eindeutig seien die Vorgaben von PEI und RKI (den lokalen Gesundheitsbehörden), an denen der Nutzer den Inhalt seiner Einträge ausrichten könne.
Fehlendes Anhörungsverfahren
Unter Bezugnahme auf Meinungen in der Literatur und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. Juli 2021 – III ZR 179/20, juris, Rn. 87) ist nach Auffassung der Berufungsbegründung – mit Ausnahmen in bestimmten eilbedürftigen Fällen, die in den AGB im Einzelnen aufgeführt werden müssen – der Nutzer vor Sperrung seines Kontos oder Löschung seines Eintrags anzuhören. Eine ohne vorherige Anhörung durchgeführte Sperrung ist danach unverhältnismäßig.
Völlig unreflektiert meint das Kammergericht, die Rechtsprechung des BGH gebe nur die Inhaltskontrolle nach deutschem Recht wieder und sei unter dem Regime des DSA nicht anwendbar. Die von der Berufung zitierten Gegenmeinungen in der Literatur werden als „vereinzelt“ bezeichnet und damit in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet. Die Rechtsprechung des BGH nehme eine unzulässige, an deutschem Recht orientierte Auslegung vor. „Das verbietet sich hier allerdings“, meint das Gericht, „da das bundesdeutsche Recht nicht anwendbar ist (…). Im Ergebnis bleibt es dabei, dass ein vorheriges Anhörungsrecht nach den Vorschriften des DSA nicht gefordert wird.“
Das Kammergericht übersieht, dass die Erwägungen, die der BGH anstellt, auch für den DSA gelten. Der DSA sieht es schon nach Art. 1 DSA als maßgebliche Zweckbestimmung an, dass „die in der Charta (Charta der Grundrechte der Europäischen Union; Anm. d. Verf.) verankerten Grundrechte wirksam geschützt“ werden. Art. 5 GG schützt gleichgelagert mit den Prinzipien des Art. 11 der Charta die Meinungs- und Informationsfreiheit. Die vom BGH herangezogenen Argumente zum Schutz der Meinungsfreiheit gelten daher gleichermaßen für den DSA. Deshalb gilt auch unter dem Regime des DSA, dass ein Entzug der Nutzung der Plattform ohne vorherige Warnung und Möglichkeit der Stellungnahme unverhältnismäßig ist. Dies lässt sich auch aus Art. 23 Abs. 2 DSA herleiten. Danach ist der Vollzug von eingehenden Beschwerden „nach vorheriger Warnung“ für eine angemessene Zeit auszusetzen . Die Warnung vor einer Sperrung soll ganz allgemein verhindern, dass die Rechte des Nutzers verletzt werden. Deshalb heißt es in Erwägungsgrund Nr. 63 zu Art. 23 DSA – ganz in gleichgerichteter Intention zu den Erwägungen des BGH – die Rechte des Nutzers, „einschließlich der geltenden in der Charta verankerten Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere des Rechts auf Meinungsäußerung“ seien durch die Einrichtung entsprechender „wirksamer Vorrichtungen“ zu sichern. Eine vorherige Warnung und Möglichkeit zur Stellungnahme drängen sich auch nach DSA geradezu als „wirksame Vorrichtung“ auf.
Wirksames Beschwerdemanagement ist nicht eingerichtet
Die Berufung begründet einen Verstoß der Beklagten gegen Vorgaben zur Einrichtung und Vorhaltung eines angemessenen und wirksamen Beschwerdemanagementsystems mit dem Hinweis auf Art. 20 DSA. Danach haben Online-Plattformen ein „wirksames Beschwerdemanagementsystem“ zu installieren. Dieses System muss „leicht zugänglich“ und „benutzerfreundlich“ sein.
Der Kläger hat im Einzelnen ausgeführt, dass nach Einlegung eines Einspruchs durch den Nutzer LinkedIn eine E-Mail übersendet mit einem angeblichen Link zu einer Hinweisseite, die den Status des Beschwerdeverfahrens enthalten soll. Der Link führt jedoch lediglich zu einer Fehlerseite ohne Informationen, sodass das Beschwerdeverfahren nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen fortgeführt werden kann. Obwohl es offensichtlich ist, dass das Beschwerdeverfahren weder „leicht zugänglich“ noch „benutzerfreundlich“ ist, stellt das Kammergericht die beispielhaft angeführten Fälle als Einzelfälle dar und stellt ohne konkrete Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Klägers fest: „Dass dieses Beschwerdemanagementsystem den Anforderungen grundsätzlich nicht gerecht wird, ist nicht ersichtlich.“ Durch die personelle Unterbesetzung von 22 Moderatoren bei 24 Millionen Nutzern wird offensichtlich, dass die Überprüfungen im Wesentlichen mit „automatisierten Mitteln“ durchgeführt werden und entgegen Art. 20 Abs. 4 DSA eine „diskriminierungsfreie, sorgfältige und frei von Willkür“ zu treffende Entscheidung über eine Löschung nicht gesichert ist. Das hat auch schon der EuGH entsprechend den Schlussanträgen des Generalanwalts in seinem Urteil vom 26.04.2022 (Az. C-401/19, juris, Rn. 86) festgestellt. Filtersysteme, die bei der Beklagten wie bei anderen Plattformen wegen personeller Unterbesetzung in großem Maßstab eingesetzt werden, können nicht hinreichend zwischen einem zulässigen und einem unzulässigen Inhalt unterscheiden. Sie sind mit dem in Art. 11 der Charta verbürgten Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit unvereinbar. Hierzu meint das Kammergericht lapidar: „Auch eine beanstandete personelle Unterbesetzung (22 Moderatoren bei 24 Millionen Nutzern) erlaubt keine Aussage über die grundsätzliche Geeignetheit des Beschwerdemanagementsystems.“
Die Richtlinien der WHO können nicht die Kriterien dafür bestimmen, ob gelöscht bzw. gesperrt wird oder nicht
Das Kammergericht war gefordert, als Ergebnis einer argumentativen Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Parteien die Frage zu beantworten: „Stellt das kategorische Verbot in den AGB der Beklagten, eine medizinische These zu vertreten, die den Richtlinien lokaler Gesundheitsbehörden oder der WHO widerspricht, eine unwirksame, weil unverhältnismäßige, Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers dar?“ Die Beantwortung dieser Frage ist angesichts der Marktbeherrschung von LinkedIn und der übrigen großen Plattformen von elementarer Bedeutung für die zu schützende Meinungsfreiheit.
Eine argumentative Auseinandersetzung mit den sorgfältig formulierten, lückenlos auf Rechtsprechung, gesetzliche Voraussetzungen und nachgewiesene Tatsachen gestützten Argumenten der Berufungsbegründung sucht man in den Entscheidungsgründen vergeblich. Es werden ausschließlich „Begründungen“ aufgegriffen, die zwecks Vermeidung einer Aufarbeitung des Corona-Geschehens offiziell zwischen Gesundheitsministerium, RKI, PEI und WHO hin und her gereicht werden. Damit haben sich die Mitglieder des 10. Senats des Kammergerichts mit ihrem Urteil als Sprachrohr der Exekutive ausgewiesen.
Das Kammergericht hat entschieden: „Der Vorbehalt von Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeit in den Community-Richtlinien der Beklagten hinsichtlich Behauptungen oder Aussagen, die direkt im Widerspruch zu den medizinischen Richtlinien der lokalen Gesundheitsbehörden oder der WHO stehen, ist auch nicht zu beanstanden.“ Und an anderer Stelle: „Die Bestimmung, eine Nutzung der Plattform nicht für Beiträge zu Covid-19 zuzulassen, die den Richtlinien der genannten Institutionen widersprechen, ist aber ein sachlicher Grund für eine Beschränkung.“ Die Meinungsfreiheit werde nach Art. 11 der EU-Grundrechtecharta nicht vorbehaltlos gewährleistet. Die Meinungsfreiheit sei im vorliegenden Kontext gegenüber dem Grundrecht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 EU-Grundrechtecharta) nachrangig. Es sei zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten betriebene Plattform nicht wie andere Plattformen in erster Linie der allgemeinen Information und/oder dem Meinungsaustausch diene. Ihr Zweck sei es, ihren Mitgliedern wirtschaftliche Möglichkeiten zu erschließen und den Weg zu öffnen, sich mit anderen Fach- und Führungskräften zu treffen. Deshalb habe das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit „ein besonderes Gewicht gegenüber dem allgemeinen Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit“.
Es leuchtet nicht ein, dass bei Annahme eines angeblichen Vorrangs des Grundrechts auf unternehmerische Freiheit eine Verletzung der Meinungs- und Informationsfreiheit eintreten soll. Das Gericht erläutert nicht, weshalb bei Wahrung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit beeinträchtigt werden könnte. Es liegt eher nahe, dass auch die Freiheit der Unternehmer durch den freien Austausch von Meinungen profitiert.
Das kategorische Verbot von Einträgen, die Richtlinien der WHO widersprechen, verhindert keine Falschinformationen
Das kategorische Verbot stellt schon keine geeignete Maßnahme dar, um irreführende Informationen und Falschinformationen im medizinisch-wissenschaftlichen Bereich der Gesundheitsinformationen über die Covid-19-Erkrankung und die mRNA-Impfstoffe zu verhindern.
Die WHO, deren Mitglieder zu ca. 55 % autoritäre oder hybrid-autoritäre Staaten sind, darf nicht die Kompetenz haben, den Maßstab für die Reichweite von Grundrechten zu setzen.
Diese Aussage wird dadurch untermauert, dass der überwiegende Teil der WHO-Beiträge freiwillige Zahlungen von Unternehmen – insbesondere aus der Pharmaindustrie – sind. Diese Beitragsfinanzierung macht die WHO anfällig für interessengesteuerte Einflussnahme mit der Folge, dass medizinische Richtlinien nicht unbedingt auf Grundlage ausschließlich wissenschaftlicher Erkenntnisse erlassen werden. Die WHO erhebt selbst nicht den Anspruch, eine wissenschaftliche Organisation zu sein. Zwar mögen wissenschaftliche Erkenntnisse in ihre Entscheidungen einfließen, was jedoch nicht die Frage beantwortet, ob und in welchem Umfang politisch-wirtschaftliche Ziele und Zwecke entscheidungsrelevant werden. Wird Kritik an den Empfehlungen der WHO mit Löschung durch LinkedIn beantwortet, dann ist dies nichts anderes als eine Unterdrückung des demokratischen Prozesses der politischen Willensbildung.
Irreführende und Falschinformationen können auch nicht durch ein kategorisches Verbreitungsverbot von Einträgen verhindert werden, die Richtlinien von RKI und PEI widersprechen
Auch in Stellungnahmen des RKI und des PEI waren in der Corona-Zeit wissenschaftliche Erkenntnisse eingeflossen, jedoch nicht ausschließlich. Die Berufungsbegründung referiert u. a. die Befragung des Vizepräsidenten des RKI während der Corona-Zeit, Lars Schaade, durch das Verwaltungsgericht Osnabrück. Dieser bestätigte bei seiner Vernehmung die massive politische Einflussnahme auf den Inhalt der offiziellen Stellungnahmen des RKI. Entgegen den dem RKI vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen haben sich die politischen Zwecke durchgesetzt. Das hat das RKI jedoch nicht davon abgehalten, seine offiziellen Verlautbarungen weiter als rein wissenschaftlich geprägt auszugeben.
In der Berufungsbegründung wird nachgewiesen, dass das RKI bereits im August 2021 darüber informiert war, dass die mRNA-Impfung keinerlei Einfluss auf die Übertragbarkeit des Virus hat. Das war nach der internen Überzeugung des RKI auch noch im Oktober 2022 Stand der Wissenschaft. Auch dem PEI war lange vor dem Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht und der sog. Duldungspflicht für Soldaten bekannt, dass die Corona-Impfung keinen Fremdschutz vermitteln konnte. Was, worauf die Berufungsbegründung ebenfalls hinweist, durch den Umstand bestätigt wird, dass die Zulassung der mRNA-Impfstoffe durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) nicht die Verhinderung der Übertragung der Infektion umfasste.
Zahlreiche von der Berufungsbegründung präsentierte Studien bestätigen den nicht vorhandenen Fremdschutz der mRNA-Impfstoffe. Bis Oktober 2022 hatte sich diese Erkenntnis zur Gewissheit verfestigt. Dennoch wurde die Bevölkerung von Bundesgesundheitsministerium, RKI und PEI weder 2021 noch 2022 über diesen wissenschaftlich eindeutigen Sachstand informiert. Nur mit dieser Täuschung der Bürger über den fehlenden Fremdschutz der mRNA-Impfstoffe waren die schwerwiegenden Grundrechtseingriffe durch Einführung der „2G- und 3G-Regelungen“, der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der Duldungspflicht für Soldaten im Dezember bzw. November 2021 durchsetzbar. Diese Umstände, zu denen auch die unrühmlichen Rollen der Gesundheitsminister Jens Spahn und Karl Lauterbach hinzugefügt werden müssen, zeigen, dass nicht nur wesentliche Erkenntnisse zurückgehalten worden sind, sondern die Bevölkerung zur Durchsetzung politischer Zwecke bewusst getäuscht worden ist.
Die Verlautbarungen/Richtlinien von BMG, RKI und PEI sind nach alledem ungeeignet, als Orientierung für ein Verbot herzuhalten mit dem Inhalt, jede von staatlichen lokalen Gesundheitsbehörden abweichende Information sei, ohne eine sachliche Prüfung des Einzelfalles, falsch.
Das Kammergericht ignoriert die Argumente des Klägers
Diesen hier nur auszugsweise referierten Sachvortrag des Klägers ignoriert das Kammergericht. Abgehoben stellt es in den Entscheidungsgründen fest: „Maßgeblich erachtet der Senat vor allem aber die Intention der Beklagten, einen Maßstab zu setzen bzw. einen Standard zu definieren in Bezug auf als grundsätzlich als gefährlich oder gesundheitsgefährdend einzustufende Informationen, ohne im Einzelfall überprüfen zu müssen, ob eine konkrete Aussage richtig, teilweise richtig oder falsch ist.“ Ohne jede konkrete Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Berufungsbegründung heißt es weiter: „Die Richtlinien bzw. Handlungsempfehlungen der WHO und der lokalen Gesundheitsbehörden basierten bzw. basieren auf den jeweils bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen.“ Dass diese Richtlinien inszenierte Täuschungsmanöver waren, ist keiner Erwähnung wert. Die erdrückend realistischen Ausführungen in der Berufungsbegründung zu WHO und RKI sind dem Kammergericht offensichtlich lästig. Der Rechtssuchende muss sich vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn das Gericht dazu herablassend nur vermerkt: „Die vom Kläger gegen die Legitimation der Institutionen WHO bzw. des RKI vorgebrachten Argumente hat der Senat zur Kenntnis genommen. Er teilt diese Einwände nicht.“
Der Kläger hatte darauf hingewiesen, dass durch ein milderes und gleich geeignetes Mittel irreführenden oder falschen Informationen entgegengewirkt werden könnte. Zur Vermeidung eines kategorischen Verbots vermutlich falscher Informationen schlägt der Kläger vor, dem betreffenden Beitrag folgende nicht löschbare Information des Plattformbetreibers hinzuzufügen: “Der Beitrag widerspricht den Richtlinien der lokalen Gesundheitsbehörden bzw. der WHO.” Dieser Vortrag existiert für das Gericht nicht, wie überhaupt die juristisch notwendigen Schritte für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unbekannt zu sein scheinen.
Keine Rechtsbehelfe zugelassen
Das Kammergericht ist von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt. Deshalb lehnte es den von der Berufung gestellten Antrag ab, die Sache zur Vorabentscheidung dem EuGH vorzulegen. Es sah auch keine Veranlassung, dem Antrag auf Zulassung der Revision nachzukommen.
Der Kläger wird sicherlich die Erfolgsaussichten einer Revisionszulassungsbeschwerde prüfen.
4 Kommentare
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Ich bin mal gespannt, wann man die Frage nach der Aufhebung der DDR-Verfassung stellt. Nach 35 Jahren feindlicher Übernahme wäre es ja mal Zeit.
Richterwahlen in D sind europarechtswidrig, da sie potentiell politisch abhängige Richter hervorbringen. Der EuGH sieht solche Ernennungsstrukturen nicht in Einklang mit Artikel 47 GRC.
https://www.parlament.gv.at/fachinfos/rlw/Unabhaengigkeit-der-polnischen-Disziplinarkammer
Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren:
Geschichte wiederholt sich – obwohl sie im gesellschaftlichen Gedächtnis als furchtbar tief verankert ist.
Wieso nicht gedächtnisfähig in diesem Senat?
Sollte das Wiederholen gar systemisch so gewollt sein?
…. und – wenn ja, von wem gewollt und mit welchem Ziel?
Wer alles verdient daran?
Frage + Antwort = Ergebnis.
Es ist wieder soweit. Wieder unterwerfen sich immer mehr Richter den Mächtigen anstelle dem Recht. Leider hatten die Mahner 1989/90 recht: Alles wird wiederkommen, die Überwachung, die Einschränkung der Meinungsfreiheit usw., nur viel ausgefeilter und unter dem Deckmantel der Demokratie und Antifaschismus. Es ist traurig zu sehen, wie wenig aus der tragischen Geschichte insbesondere des letzten Jahrhunderts gelernt wurde. Solche politisch opportunen, sich den Mächtigen unterwerfenden Urteile sind nach wie vor die beste Empfehlung für die höchsten Richterämter in diesem Land. Solange diese höchsten Richterpositionen, die das Handeln der Regierenden auf Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit überwachen sollen, von eben diesen Politikern besetzt werden, sehe ich keine große Hoffnung auf positive Veränderung zurück zu einer rechtsstaatlichen und demokratischen Grundordnung. Ganz im Gegenteil; immer dichter werden die Anzeichen eines postdemokratischen Zeitalters. Leider scheint das eine weltweite Entwicklung zu sein. Und ja! Ich würde mich mit meinem Pessimismus liebend gerne irren.