„Die Menschen dieses Landes sind keine Untertanen.“ – Hans-Jürgen Papier

4. KRiStA-Symposium: „Vom Freiheits- zum Überwachungsstaat?“

Bild: Menschen und teilweise ihre Gesichter werden mittels Kästen fokussiert, offenbar von einer Software, die Passanten analysiert.
Text im Bild:
Vom Freiheits- zum Überwachungsstaat?
4. KRiStA-Symposium mit:
Prof. Jörg Benedict
Dr. Harry Lehmann
Dr. Hans-Joachim Maaz
Prof. Martin Schwab
und Dr. Michael Andrick
Volkspark		
Schleifweg 8a		
06114 Halle (Saale)
Samstag, 29.11.2025
10 – 19 Uhr
KRiStA – Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.
Informationen und Tickets unter www.netzwerkkrista.de

UPDATE! Anstelle des kurzfristig verhinderten Prof. Christoph Lütge wird Prof. Martin Schwab einen Vortrag zum Thema „Rechtsschutz gegen einen übergriffigen Überwachungsstaat“ halten.

Das ist der Weisheit letzter Schluss: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss.“ (Goethe, Faust. Der Tragödie zweiter Teil).

Das „Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA)“ beobachtet und hinterfragt seit seiner Gründung im Jahre 2021 gesellschaftliche, politische und rechtliche Entwicklungen durch die Brille von Richtern und Staatsanwälten, die sich der großen Bedeutung der verfassungsrechtlich garantierten Grundfreiheiten für das gesellschaftliche Zusammenleben und für das Leben eines jeden einzelnen Menschen ebenso bewusst sind wie ihrer Fragilität.

Mit unserem 4. Symposium zum Thema „Vom Freiheits- zum Überwachungsstaat?“ am 29. November 2025 im Volkspark Halle (Saale) wollen wir unsere Beobachtungen zu aktuellen Entwicklungen, die das Potential zur Einschränkung oder Beseitigung unserer Freiheitsrechte in sich tragen, mit allen Interessierten teilen und zum gegenseitigen Austausch einladen.

Der oberste Grundsatz für die Ausrichtung und Begrenzung staatlichen Handelns wurde nach leidvollen kollektiven Kriegserfahrungen in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts als Bekenntnis zu seiner universellen Wahrheit und Unantastbarkeit in Artikel 1 unseres Grundgesetzes verankert:

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt. Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht“.

Der Rückblick auf die Geschehnisse der letzten fünf Jahre und der Ausblick auf staatlich verordnete Zukunftsvisionen, die sich um Digitalisierung, künstliche Intelligenz (KI) und Cancel Culture ranken, lassen das Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschenwürde und zur Unverletzlichkeit unserer Freiheitsrechte bei genauerer Betrachtung mehr und mehr hinter einem stetig sich verdichtenden Nebel verschwinden:

Nach Ausrufung der Covid-19-Pandemie durch die WHO am 11. März 2020 griff die deutsche Staatsgewalt mit den von ihr verordneten und durchgesetzten Gesetzen und Maßnahmen „zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (Gesetz vom 27. März 2020, BGBl. I 2020, S. 587 ff.) auf in dieser Tiefe und Breite noch nie dagewesene Art in die Grundfreiheiten der einzelnen Bürger ein. Über die Rechtmäßigkeit dieser Eingriffe hatten Gerichte in ganz Deutschland in zahlreichen Verfahren zu entscheiden. Allein die hohe Zahl der in diesem Zusammenhang eingereichten Anträge und Klagen aus der Mitte der Bevölkerung zeigt das geradezu schockartig erwachte Bewusstsein der betroffenen Menschen für ihre eigenen Grundrechte und die starken Zweifel darüber, ob durch staatliche Maßnahmen überhaupt und, wenn ja, auf diese Art und Weise in ihre Rechte eingegriffen werden darf. Die Gerichte haben diese staatlichen Eingriffe fast durchgehend als zum Schutz der Gesundheit und des Lebens erforderlich bestätigt. Dies wiederum hat in einem weiteren Teil der Gesellschaft einschließlich einer kritisch denkenden Minderheit innerhalb der Justiz zu der ebenso schockartig erwachten Erkenntnis geführt, dass die Entscheidungsfindung einer Mehrheit von Richterinnen und Richtern offenbar Einflüssen außerhalb von Recht, Gesetz und dem eigenen Gewissen ausgesetzt war. Welche Einflüsse haben hier – bewusst oder unbewusst – gewirkt und warum haben die Gerichte ihnen nicht standgehalten? Wurde im Ergebnis Unrecht – irreversibel(?) – zu Recht erklärt? Prof. Dr. Jörg Benedict wird hierzu aus rechtsphilosophischer Perspektive Einsichten vermitteln, die zugleich der juristischen Aufklärung der Coronazeit dienen.

Freiheitsgrundrechte sind der Kernbestand liberaler Demokratien. Bildungsstätten wie Schulen, Hochschulen, Universitäten sowie Kultureinrichtungen wie Museen, Theater und Opern sind die ureigenen Austragungsorte und kreativen Betätigungsfelder der Wissenschafts-, Lehr- und Kunstfreiheit. Als solche müssen sie vor staatlichen Eingriffen geschützt und von den Institutionen verteidigt werden. Doch die Institutionen sehen sich mehr und mehr Einflüssen ausgesetzt, die einen gefährlichen und sichtbaren Nebeneffekt haben: die eigene Preisgabe ihrer Freiheiten. Die Beeinflussung geschieht durch den Einsatz digitaler Technik, ideologischer Denkweise und Kommunikation, einseitig und politisch gesteuerter Information (Propaganda) sowie Cancel Culture. All das wirkt sich nicht nur auf einzelne Akteure aus, sondern erfasst darüber hinaus ganze Institutionen, die wiederum in einem Rückkoppelungskreislauf die Ein- und Auswirkungen dieser Einflüsse noch verstärken. Der Philosoph Dr. Harry Lehmann hat dieses Phänomen in seinem Buch „Ideologiemaschinen“ untersucht und beschrieben. In seinem Vortrag wird er Aufschluss darüber geben, wie sich Institutionen, die originär den Grundfreiheiten verpflichtet sind, zu „Ideologiemaschinen“ entwickeln und ob und wie diese Entwicklung aufgehalten und umgekehrt werden kann.

Mehr und mehr Berichte über die Verfolgung von Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft, die von ihrem Recht auf Meinungsäußerung Gebrauch machen, finden Eingang in die etablierte Medienlandschaft. Wegen Meinungsäußerungen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen finden strafrechtliche Verfolgungen wegen Beleidigung, Volksverhetzung oder Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen statt. Unter Missachtung strafrechtlicher und strafprozessualer Vorschriften und fernab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit werden Hausdurchsuchungen angeordnet und durchgeführt, in denen weder auf Unschuldsvermutung noch auf Menschenwürde Rücksicht genommen wird. Prominentes Beispiel ist die Hausdurchsuchung bei dem Publizisten Norbert Bolz. Hintergrund: ein Tweet vom 20. Januar 2024, in dem Bolz unter Bezugnahme auf einen Beitrag in der Taz mit dem Titel „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland erwacht“ schrieb: „Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“. Das Bundeskriminalamt lenkt sein wachsames Auge auf den – offensichtlich ironisch gemeinten – Tweet und ist in die Ermittlungen eingebunden. Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft Bolz die Verwendung von Parolen der Nationalsozialisten vor und beantragt einen Durchsuchungsbeschluss, der vom Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Tiergarten am 29. April 2025 erlassen und am 23. Oktober 2025 ausgeführt wird. Fast zwei Jahre nach der „Tat“. Weitere Übergriffe fanden und finden weitgehend unter dem medialen Radar statt. Prof. Dr. Martin Schwab wird Beispiele staatlicher Übergriffigkeit aus der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart benennen, sie rechtlich einordnen und dafür sensibilisieren, welche Rechte dem Einzelnen zur Abwehr rechtswidriger Eingriffe in seine grundrechtlich geschützten Freiheiten zustehen.

Im Zentrum jeder gesellschaftlichen Entwicklung steht als Hauptakteur und zugleich Zielperson der einzelne Mensch. Er ist grundsätzlich in der Lage, durch eigenständiges Denken und Handeln gute Entwicklungen voranzutreiben, Fehlentwicklungen entgegenzusteuern und gemeinschaftlich das Fundament einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zu legen und zu erhalten. Doch was passiert, wenn die Fähigkeit zum eigenständigen Denken und Handeln gestört und überlagert wird von einem Anpassungsdruck an Denkweisen und Verhaltensmuster, die als mehrheitsfähige und damit nicht mehr zu hinterfragende Normen präsentiert werden? Welche individuellen seelischen Störungen
führen zu einer derart angepassten, Fremdbestimmung akzeptierenden Gesellschaft? Welchen Einfluss haben sie auf zwischenmenschliche Beziehungen und das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben in einer Demokratie? Der Psychologe Dr. Hans-Joachim Maaz wird als Antwort auf diese Fragen seine psychologischen Erkenntnisse zur „Normopathischen Demokratie” und der „Notwendigkeit einer innerseelischen Demokratie“ mit dem Publikum teilen.

Die anschließende Podiumsdiskussion wird eingeleitet und moderiert von Dr. Michael Andrick, Philosoph, Essayist und Autor der Bücher „Erfolgsleere: Philosophie für die Arbeitswelt“, „Im Moralgefängnis“ und „Ich bin nicht dabei. Denk-Zettel für einen freien Geist“.

Kurzvorstellung unserer Referenten:

Prof. Dr. Jörg Benedict ist Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Europäisches Privatrecht, Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie an der Universität Rostock. Besondere Aufmerksamkeit erregte er mit seinem am 31.03.2025 im Cicero-Magazin erschienenen und auf der KRiStA-Homepage zweitveröffentlichten Beitrag zum Thema „Warum Juristen bei der Aufarbeitung der Corona-Politik versagen“.

Dr. Harry Lehmann ist Philosoph mit den Schwerpunkten Kunst- und Musikphilosophie, Systemtheorie und KI-Ästhetik. Er studierte Physik in Sankt Petersburg und Philosophie in Berlin und Leeds und lehrt an der Universität Luxemburg. Neben Büchern zur Musikphilosophie, etwa „Die digitale Revolution der Musik“ und „Kunst – Liebe – Religion: Theorie der Humanmedien“ erschien 2024 sein viel beachtetes Buch „Ideologiemaschinen. Wie Cancel Culture funktioniert“.

Prof. Dr. Martin Schwab studierte Rechtswissenschaft in Regensburg und Heidelberg und ist nach einer Professur für Zivilrecht an der Freien Universität Berlin heute Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Verfahrensrecht und Unternehmensrecht an der Universität Bielefeld. Außerhalb seiner wissenschaftlichen Lehrtätigkeit ist er als scharfsinniger Strafverteidiger in politisch umstrittenen Verfahren sowie als engagierter Verfechter von Bürgerrechten hervorgetreten.

Dr. Hans-Joachim Maaz, Bestsellerautor, Psychiater und Psychoanalytiker, war Chefarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Diakoniekrankenhauses Halle. In seinem Buch „Das falsche Leben: Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft“ erklärt er, warum so viele Menschen äußerlich funktionieren, aber innerlich leer bleiben. Er beschreibt unsere gesellschaftliche Krise als „Normopathie”, die auf emotionaler Entfremdung und einem „falschen Leben“ beruht.

Das Symposium ist keine Fachtagung für Juristen, sondern richtet sich an alle Interessierten. Es beginnt um 10:00 Uhr (Einlass: 9:15 Uhr) und endet gegen 19:00 Uhr.

Veranstaltungsort ist der Große Saal des Volksparks Halle (Saale).

Der Eintrittspreis beträgt 30 €, ermäßigt 20 € (Studenten, Auszubildende, Schüler und Bezieher von Bürgergeld oder Sozialhilfe).   

Tickets können Sie elektronisch unter eventfrog.de, Restkarten vor Ort erwerben.

Wir freuen uns auf die Begegnung und den Austausch mit allen Teilnehmern und den Referenten!

8 Kommentare

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    • Bernd Bechtel auf 25. Oktober 2025 bei 22:37
    • Antworten

    Hallo,
    ich kann an dieser Veranstaltung vor Ort nicht teilnehmen. Wäre es möglich, die Veranstaltung über Zoom o.ä. zu übertragen? Natürlich gegen einen entsprechenden Unkostenbeitrag…

    1. Eine Live-Übertragung ist nicht vorgesehen. Die einzelnen Referate können aber bald nach dem Symposium auf unserer Website und unserem Telegram-Kanal abgerufen werden. Natürlich ganz kostenlos.

      Das KRiStA-Moderationsteam

    • Henning auf 23. Oktober 2025 bei 21:38
    • Antworten

    Ich habe weder Kreditkarte, noch Google Pay, Apple Pay oder PayPal. Letztes Jahr konnte ich auch mit Überweisung bezahlen. Geht das dieses Jahr auch?

    1. Die Zahlung per Überweisung ist leider nicht mehr möglich. Sie können sich aber per E-Mail eine Karte auf Ihren Namen reservieren lassen und beim Eintritt gegen Barzahlung abholen.

      Das KRiStA-Moderationsteam

    • Alexander auf 23. Oktober 2025 bei 14:24
    • Antworten

    Ich finde solche Podiumsdiskussionen total interessant, aber nicht mehr aktuell. Viele Rechtseinschränkungen sind bereits eingetreten und die Plebs akzeptiert alles und wird alles akzeptieren.

    • Andreas auf 23. September 2025 bei 11:32
    • Antworten

    Direkt zu eventfrog gehen. Dort funktioniert alles einwandfrei.

    • Dr. Anne-K. Wetzig auf 23. September 2025 bei 7:20
    • Antworten

    Leider ist die Webseite eventfrog.de nicht erreichbar. Gibt es noch andere Möglichkeiten, ausser auf Restkarten zu hoffen?

      • Matthias auf 23. September 2025 bei 20:56
      • Antworten

      Der Link oben funktioniert leider dann nicht, wenn Sie über den Telegram-Kanal auf diese Seite gegangen sind (wird noch behoben). Rufen Sie dagegen die KRiStA-Website direkt auf und gehen dann auf diesen Beitrag, funktioniert der Link. Ebenso, wenn Sie bei dem Telegram-Post auf „hier“ klicken.

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