„Die Menschen dieses Landes sind keine Untertanen.“ – Hans-Jürgen Papier

Die Anklage der Staatsanwalt­schaft Erfurt gegen den Weimarer Familienrichter Christian Dettmar. Eine kritische Analyse

Von Matthias Guericke, Thomas Barisic und Jürg Vollenweider

Der Weimarer Familienrichter Christian Dettmar wurde von der Staatsanwaltschaft Erfurt wegen seines Beschlusses vom 08.04.2021 (9 F 148/21) zur Maskenpflicht in zwei Schulen wegen Rechtsbeugung angeklagt. Wie schon der Beschluss hat auch das Strafverfahren von Anfang an große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Es ist eines von deutschlandweit bisher zwei Verfahren, in denen gegen einen Richter bzw. eine Richterin im Zusammenhang mit einer Entscheidung, die Corona-Maßnahmen betraf, Anklage wegen Rechtsbeugung erhoben wurde.1Auch in dem anderen Verfahren, in dem bisher nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden wurde, ist die Staatsanwaltschaft Erfurt die Anklagebehörde. Der erste Verhandlungstag vor dem Landgericht Erfurt sollte am 18.04.2023 stattfinden. Nach kurzfristiger Aufhebung dieses Termins soll der Prozess jetzt am 15.06.2023 beginnen.

In diesem Beitrag soll die Anklage der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 17.05.2022 (542 Js 11498/21) in einer auch für Nichtjuristen verständlichen Form analysiert werden.2Der Text in den Endnoten wird teilweise nur für Juristen verständlich sein, der Haupttext soll aber einen geschlossenen Gedankengang bieten, so dass die Endnoten für das Verständnis nicht zwingend erforderlich sind und beim Lesen auch übergangen werden können. Da die Anklageschrift insgesamt 62 Seiten umfasst, von der Staatsanwaltschaft nicht nur ein einziger, sondern eine Vielzahl von Vorwürfen erhoben wird und sich außerdem schwierige Rechtsfragen stellen, ist eine solche Analyse – wenn sie der Sache gerecht werden soll – nicht in einem schwungvollen Durchgang durch den Anklagetext zu haben, sondern nur in vielen – auch für den Leser vielleicht mühsamen – Einzelschritten. Diese Schritte sind folgende: Nach einem Blick auf den Tatbestand der Rechtsbeugung (Abschnitt 1) folgen kurze Erläuterungen zum Inhalt des von Richter Dettmar erlassenen Beschlusses des Amtsgerichts Weimar vom 08.04.2021, der Gegenstand der Anklage ist (Abschnitt 2). Sodann folgt ein längerer Abschnitt über den infolge des Beschlusses in mehreren gerichtlichen Entscheidungen ausgetragenen Streit über die Frage der Zuständigkeit des Familiengerichts für das Verfahren und wie die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren und in der Anklage mit dieser Frage umgegangen ist. Ergänzt wird dies durch Erläuterungen zu dem für den Beschluss zentralen § 1666 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (Abschnitt 3). Danach werden die Rahmenerzählung, in die die Staatsanwaltschaft die einzelnen Tatvorwürfe eingebettet hat (Abschnitt 4), der Vorwurf, Richter Dettmar hätte eigene Befangenheit anzeigen müssen (Abschnitt 5) und der Vorwurf, er habe rechtswidrig den Tenor des Beschlusses auf alle Schüler der beiden betroffenen Schulen erstreckt (Abschnitt 6), erörtert. Die verbleibenden Vorwürfe können eher summarisch behandelt werden (Abschnitt 7). Ein Hinweis auf das, was in der Anklage fehlt (Abschnitt 8), leitet über zum abschließenden Fazit (Abschnitt 9). 

1.  Der Tatbestand des § 339 Strafgesetzbuch (StGB)

Der Straftatbestand der Rechtsbeugung hat folgenden Wortlaut: 

Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

Dem Gesetzestext ist zu entnehmen, wer als Täter in Betracht kommt (Richter, aber auch andere Amtsträger, z. B. Staatsanwälte), in welchem Zusammenhang der Täter handeln muss („bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache“) und dass die Tat zugunsten oder zum Nachteil einer Partei der Rechtssache wirken muss. Was eine „Beugung des Rechts“ ist, ist dem Wortlaut des Tatbestandes aber nicht zu entnehmen und es versteht sich auch keineswegs von selbst. In der Rechtswissenschaft wird darüber intensiv gestritten, maßgeblich für die Gerichte ist aber die Auslegung des Tatbestandes durch den Bundesgerichtshof, weil dieser für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Urteile der Landgerichte (Revisionen) zuständig ist.3Rechtsbeugung wird (fast) immer wegen der besonderen Bedeutung des Falles im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) beim Landgericht angeklagt. Seine Rechtsprechung zu § 339 StGB fasst der Bundesgerichtshof im Urteil vom 21.01.2021, 4 StR 83/20, selbst wie folgt zusammen:4Im zitierten Text enthaltene Klammerverweise auf andere Urteile werden hier nicht wiedergegeben. 

Als eine Beugung des Rechts im Sinne von § 339 StGB kommen nur elementare Rechtsverstöße in Betracht. Die Schwere des Unwerturteils wird dabei dadurch indiziert, dass Rechtsbeugung als Verbrechen eingeordnet ist und im Falle der Verurteilung das Richter- oder Beamtenverhältnis des Täters gemäß § 24 Nr. 1 DRiG, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG kraft Gesetzes endet. § 339 StGB erfasst deshalb nur Rechtsbrüche, bei denen sich der Richter oder Amtsträger bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache bewusst in schwerwiegender Weise zugunsten oder zum Nachteil einer Partei von Recht und Gesetz entfernt und sein Handeln als Organ des Staates statt an Recht und Gesetz an eigenen Maßstäben ausrichtet. Eine unrichtige Rechtsanwendung oder Ermessensausübung reicht daher für die Annahme einer Rechtsbeugung selbst dann nicht aus, wenn sich die getroffene Entscheidung als unvertretbar darstellt. Insoweit enthält das Merkmal der Beugung des Rechts ein normatives Element, dem die Funktion eines wesentlichen Regulativs zukommt. Ob ein elementarer Rechtsverstoß vorliegt, ist auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände zu entscheiden. Dabei kann neben dem objektiven Gewicht und Ausmaß des Rechtsverstoßes insbesondere Bedeutung erlangen, von welchen Motiven sich der Richter leiten ließ. 

Wichtig ist dabei festzuhalten, dass der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Rechtsbeugung restriktiv auslegt. Nicht jede rechtlich unvertretbare Entscheidung erfüllt den Tatbestand, vielmehr muss es sich um einen elementaren Rechtsverstoß handeln. Auch diese nähere Eingrenzung des Tatbestandes enthält zwar noch unbestimmte Begriffe (was ist „elementar“, was „schwerwiegend“?), aber der Rechtsprechung ist damit zumindest eine Linie vorgegeben.

Rechtsbeugung kann nicht nur begangen werden, indem eine Rechtssache falsch entschieden wird, sie ist auch allein durch einen schwerwiegenden Verstoß gegen Verfahrensrecht möglich. Eine gerichtliche Entscheidung (Urteil oder Beschluss) kann also im Ergebnis richtig oder jedenfalls rechtlich vertretbar sein, der entscheidende Richter kann sich aber dennoch wegen Rechtsbeugung strafbar gemacht haben. Voraussetzung ist insoweit aber, dass durch den Verfahrensverstoß zumindest die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet wurde.5BGH, 18.08.2021, 5 StR 39/21, juris Rn. 34 = openJur Rn. 40; ständige Rechtsprechung. – Soweit Entscheidungen auch bei www.openjur.de veröffentlicht sind, wird auch die dortige Fundstelle angegeben, weil openJur anders als juris frei zugänglich ist.

Schließlich kann Rechtsbeugung nur vorsätzlich begangen werden. Ein elementarer Rechtsverstoß aufgrund von Unkenntnis oder eines Versehens (= Fahrlässigkeit), erfüllt daher niemals den Tatbestand der Rechtsbeugung. 

Für einen wegen Rechtsbeugung angeklagten Richter geht es immer um seine berufliche Existenz, da – wie vom Bundesgerichtshof im obigen Zitat dargelegt – im Falle einer Verurteilung aufgrund des vorgegebenen Strafrahmens mindestens auf Freiheitsstrafe von einem Jahr zu erkennen ist und damit das Richterverhältnis (wie auch jedes Beamtenverhältnis) automatisch endet. Eine Einstellung des Verfahrens unter Auflagen ist von vornherein ausgeschlossen, da dies gemäß §§ 153, 153a Strafprozessordnung (StPO) nur bei Vergehen und nicht bei Verbrechen (= Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind; § 12 Abs. 1 StGB) rechtlich möglich ist. Freispruch oder Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe und damit Ende des Richteramts sind also die Alternativen.

2.  Der Beschluss des Amtsgerichts Weimar vom 08.04.2021 

Mit Beschluss vom 08. bzw. 09.04.20216Das Erlassdatum wurde von der Geschäftsstelle des Amtsgerichts nachträglich vom 08.04. auf den 09.04. abgeändert, in den juristischen Datenbanken juris und openJur ist aber unverändert der 08.04.2021 angegeben., Az. 9 F 148/21, juris und openJur, hat Familienrichter Christian Dettmar den Leitungen und Lehrern der Schulen von zwei Weimarer Kindern sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen untersagt, für die beiden Kinder und alle weiteren an den beiden Schulen unterrichteten Schüler das Tragen von Masken, Mindestabstände und die Teilnahme an Corona-Schnelltests anzuordnen. Außerdem wurde angeordnet, dass Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten ist. Die Entscheidung wurde im Kern damit begründet, dass die genannten Maßnahmen das Wohl der betreffenden Kinder und Jugendlichen gefährden würden und die zugrundeliegenden rechtlichen Regelungen verfassungswidrig und nichtig seien. 

Die Entscheidung erfolgte im Wege einstweiliger Anordnung ohne vorherige mündliche Verhandlung in einem Verfahren gem. § 1666 BGB. Die hier relevanten Absätze 1 und 4 des mit der Überschrift „Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls“ versehenen § 1666 BGB lauten wie folgt:

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Bei einem Verfahren gem. § 1666 BGB handelt es sich um ein sogenanntes Amtsverfahren gem. § 24 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Das bedeutet, dass das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird und keines Antrags bedarf.7Zum Antragsverfahren s. § 23 FamFG. Der Familienrichter kann also von sich aus ein solches Verfahren einleiten – und ist dazu sogar verpflichtet –, wenn ihm Umstände bekannt werden, die den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung begründen. Wenngleich das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird, können Dritte es doch anregen (§ 24 Abs. 1 FamFG). Dies ist in der Praxis fast immer der Fall und typischerweise erfolgt eine solche Anregung durch das Jugendamt, das Kenntnis von kindeswohlgefährdenden Verhältnissen in Familien hat. Vorliegend hatte die Mutter der beiden Kinder angeregt, ein Verfahren gem. § 1666 BGB einzuleiten. 

3.  Der Streit über die Zuständigkeit des Familiengerichts

Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft

Kurz nach Bekanntwerden des Beschlusses wurden mehrere Strafanzeigen gegen Christian Dettmar erstattet, und die Staatsanwaltschaft Erfurt leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung (Az. 542 Js 11498/21) ein. Begründet wurde dies gegenüber der Presse und Öffentlichkeit mit einem einzigen Vorwurf: Es bestehe der Anfangsverdacht, dass Richter Dettmar nicht zuständig und daher nicht befugt gewesen sei, eine solche Anordnung zu erlassen. Anstelle des Familiengerichts wäre das Verwaltungsgericht zuständig gewesen. Auch in dem Durchsuchungsbeschluss vom 22.04.2021, auf dessen Grundlage am 26.04.2021 die Wohnung und das Dienstzimmer von Richter Dettmar von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsucht wurden, wurde der Tatverdacht ausschließlich mit dem Vorwurf begründet, dass das Amtsgericht nicht zuständig gewesen sei, weil es sich um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit handele, für die nach § 40 Abs. 1 VwGO ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Zur Begründung wurde weiter angeführt, dass „Dritte“ im Sinne von § 1666 Abs. 4 BGB ausschließlich private Personen seien und nicht Träger öffentlicher Gewalt. Die gesetzliche Kontrolle des Verwaltungshandelns in den Schulen obliege allein den Verwaltungsgerichten.8Der Durchsuchungsbeschluss lag den Autoren vor.

Was die Staatsanwaltschaft hier als klare Sache darstellte, nämlich dass es sich um eine „verwaltungsrechtliche Angelegenheit“ (der richtige Terminus ist nach § 40 Abs. 1 VwGO „öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art“) handelte, war allerdings alles andere als klar. In der Folge befassten sich eine ganze Reihe von Gerichten mit dieser Frage, darunter das Bundesverwaltungsgericht und der Bundesgerichtshof. 

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Jena vom 14.05.2021

Von dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren blieb die Wirksamkeit des Beschlusses vom 08.04.2021 unberührt.9Das Thüringer Bildungsministerium hat allerdings erklärt, dass der Beschluss nur hinsichtlich der beiden Kinder, deren Mutter die Anregung gestellt hatte, umgesetzt würde, nicht hinsichtlich der anderen Kinder. Dazu sehr kritisch Lies-Benachib, Masken-Gate?, in: Betrifft Justiz 2021, S. 70-73. Dass das am Verfahren beteiligte Thüringer Bildungsministerium ihn gerne so schnell wie möglich aufgehoben gesehen hätte, liegt auf der Hand. Entscheidungen in Verfahren auf einstweilige Anordnung in Familiensachen sind aber (mit Ausnahme von Entscheidungen über freiheitsentziehende Unterbringungen und unterbringungsähnliche Maßnahmen) gemäß § 57 FamFG nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar, wenn sie – wie hier – nicht auf Grund mündlicher Verhandlung ergangen sind. Das Bildungsministerium des Freistaats Thüringen hätte daher zunächst gem. § 54 Abs. 2 FamFG Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellen müssen und erst gegen die aufgrund der dann durchgeführten mündlichen Verhandlung (im Fall von § 1666 BGB „Erörterung“ genannt) ergangene Entscheidung gem. § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG Beschwerde einlegen können.10Wobei auch das nicht unumstritten ist. Einer breiten Meinung in Rechtsprechung und Literatur zufolge sind Maßnahmen nach § 1666 BGB, die nicht auf einen (teilweisen) Entzug der elterlichen Sorge gerichtet sind, nicht nach § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG anfechtbar (vgl. Prütting/Helms-Dürbeck, FamFG, § 57 Rn. 5). Das Oberlandesgericht Jena ist allerdings in seiner Entscheidung vom 14.05.2021, auf die sogleich zu sprechen gekommen wird, davon ausgegangen, dass hier die Beschwerde nach mündlicher Erörterung eröffnet gewesen wäre (OLG Jena, 14.05.2021, 1 UF 136/21, juris Rn 33 = openJur Rn. 37). Das Ministerium stellte aber keinen Antrag auf mündliche Verhandlung, sondern legte gegen den Beschluss direkt Beschwerde mit der Begründung ein, dass das Rechtsmittel sowohl als außerordentliche (d. h. gesetzlich nicht geregelte) als auch als sofortige Beschwerde gem. § 17a Abs. 4 S. 3 Gerichtverfassungsgesetz (GVG) zulässig sei. 

Die Frage der außerordentlichen Beschwerde kann hier unerörtert bleiben, weil diese vom Oberlandesgericht Jena in seiner Entscheidung vom 14.05.2021 (1 UF 136/21, juris und openJur) als unzulässig zurückgewiesen wurde mit der Begründung, der Beschwerdeführer hätte Antrag auf mündliche Erörterung stellen können und dann eine Beschwerdemöglichkeit gehabt. Die Zulässigkeit der Beschwerde gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG hat das Oberlandesgericht aber bejaht, und an dieser Stelle wird es etwas kompliziert: 

Am Abend des 08.04.2021 hatte das Ministerium einen Schriftsatz an das Amtsgericht Weimar gefaxt, in dem es u. a. die Zulässigkeit des Rechtsweges gerügt hatte, weil nicht die ordentliche Gerichtsbarkeit in Gestalt des Familiengerichts zuständig sei, sondern die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dieser Schriftsatz war allerdings verspätet. Richter Dettmar, der mit der Einleitung des Verfahrens das Bildungsministerium beteiligt und diesem auch einen umfangreichen Fragenkatalog übersandt hatte, hatte eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme gesetzt, die bereits am 06.04.2021 abgelaufen war.11Diese und weitere Einzelheiten können dem Beschluss des OLG Jena vom 14.05.2021, 1 UF 136/21, entnommen werden.

Wenn eine Partei den Rechtsweg rügt, hat das Gericht vorab, d. h. vor einer Entscheidung in der Sache, über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden (§ 17a Abs. 2 S. 2 GVG). Gegen diese Entscheidung kann dann gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG sofortige Beschwerde eingelegt werden. Eine solche Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs hat Richter Dettmar nicht getroffen. Laut Oberlandesgericht hätte er das aber tun müssen, weil ihm der Schriftsatz des Ministeriums vom 08.04.2022 noch vor dem Erlass des Beschlusses nach § 1666 BGB bekannt gewesen sei.12Dass ihm der Schriftsatz vor Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle als Zeitpunkt des Beschlusserlasses gem. § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG bekannt war, ist allerdings nicht mehr als eine Mutmaßung des Oberlandesgerichts Jena, wie sich aus den Ausführungen des OLGs selbst ergibt (a. a. O., juris Rn. 36-38; openJur Rn. 40-43). Auch die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen mit dieser Frage und kommt zu dem Ergebnis, dass dies nicht nachweisbar sei. Nach der – nicht näher begründeten – Auffassung des OLG war die Kenntnis von dem Schriftsatz aber die notwendige Bedingung für die Zulässigkeit der Beschwerde. Somit hing die Entscheidung des OLG vollständig an einer Mutmaßung! – Ob die rechtzeitige Kenntniserlangung entscheidend war, wie das OLG voraussetzt ist allerdings rechtlich wohl nicht unumstritten: Sofern von einem Gericht keine Frist gesetzt wurde, sind unstreitig alle bis zum Erlass der Entscheidung, d. h. der Übergabe an die Geschäftsstelle, eingehenden Schriftsätze zu berücksichtigen, auch wenn die Entscheidung bereits von allen beteiligten Richtern unterschrieben war und die betreffenden Schriftsätze nicht vorgelegt und damit den Richtern unbekannt waren, vgl. BayObLG NJW-RR 1999, 1685; OLG Köln ZMR 2001, 571; BGH NJW-RR 2015, 1090. Wenn aber der fragliche Schriftsatz den entscheidenden Richtern unbekannt war und – wie hier – eine Frist gesetzt und versäumt wurde, wird dies wohl anders zu beurteilen sein, da dann keine Verletzung des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG vorliegen dürfte (ebenso offensichtlich BGH NJW-RR 2015, 1090 und das OLG Jena in dieser Sache; a. A. Prütting/Helms-Abramenko, FamFG § 65 Rn. 9). Dass entgegen der Verpflichtung des Gerichts keine Vorabentscheidung ergangen sei, könne, so das Oberlandesgericht weiter, nicht zum Verlust der Beschwerdemöglichkeit führen, weshalb hier die sofortige Beschwerde gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG für das Ministerium eröffnet sei. Die Beschwerde sei auch begründet, denn es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gem. § 40 VwGO,13OLG Jena, 14.05.2021, 1 UF 136/21, juris Rn. 45; openJur Rn. 49. – § 40 Abs. 1 VwGO lautet: „Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.“ weil die Anregung der Kindesmutter das Ziel verfolge, schulinterne Maßnahmen außer Kraft zu setzen und die Rechtmäßigkeit der diesen Anordnungen zugrundeliegenden Vorschriften zu überprüfen. Eine solche Regelungskompetenz sei dem Familiengericht durch § 1666 BGB aber nicht eröffnet.14OLG Jena, a. a. O., juris, Rn. 46; openJur Rn. 50. Dritte im Sinne des § 1666 Abs. 4 BGB seien nicht Behörden, Regierungen und sonstige Träger staatlicher Gewalt.15OLG Jena, a. a. O., juris, Rn. 47; openJur Rn. 51. Allerdings komme eine Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht nicht in Betracht, weil ein von Amts wegen eingeleitetes Verfahren nicht dem Verwaltungsgericht aufgedrängt werden könne. Das Verfahren sei vielmehr einzustellen, was das Oberlandesgericht dann in seinem Beschluss auch tat.

Laut Oberlandesgericht ist somit zwar der Verwaltungsrechtsweg gegeben, eine Verweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht aber nicht möglich. Das Verwaltungsgericht ist damit zuständig und zugleich unzuständig, jedenfalls nicht so zuständig, dass es sich damit befassen müsste. Dieser Widerspruch ist kein scheinbarer. Aufgelöst wurde er schließlich von den Verwaltungsgerichten, wie sogleich gezeigt werden wird. Für den Erfolg der Beschwerde war es allerdings notwendige Bedingung, dass das Oberlandesgericht das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit nach § 40 VwGO bejahte. Andernfalls hätte es die Beschwerde gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG zurückweisen müssen und der Beschluss des Amtsgerichts wäre weiterhin wirksam geblieben.16Entscheidend war insoweit, dass – weil ausschließlich die Beschwerde gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG zulässig war – das OLG nur über die Frage des Rechtsweges zu entscheiden hatte und nicht über die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses vom 08.04.2021.

Bemerkenswerterweise hat das Oberlandesgericht die – nur bei Zulassung statthafte – Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof mit der Begründung zugelassen, die Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung (§ 17a Abs. 4 S. 5 GVG). Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Sache auch aus Sicht des Oberlandesgerichts keineswegs eindeutig klar war, denn dann wäre es unnötig, dass der Bundesgerichtshof sich noch dazu äußert. Bereits an dieser Stelle hätte die Staatsanwaltschaft ihren Rechtsbeugungsvorwurf mit dem Argument, nicht das Amtsgericht, sondern das Verwaltungsgericht sei zuständig gewesen, fallen lassen müssen. Denn wenn aus Sicht des Oberlandesgerichts eine Klärung der Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof wünschenswert erscheint, ist die entgegenstehende Auffassung jedenfalls nicht schlechthin unvertretbar und kann daher nicht Grundlage für den Vorwurf einer Rechtsbeugung sein. 

Verwaltungsgericht Münster und Bundesverwaltungs­gericht widersprechen dem Oberlandesgericht

Inzwischen waren auch bei anderen Amtsgerichten Anregungen auf Einleitung eines Verfahrens gem. § 1666 BGB wegen der Maskenpflicht in Schulen eingegangen, und manche Gerichte wollten sich dieser Sachen mit einer Verweisung der Verfahren an das Verwaltungsgericht entledigen. In zwei solcher Fälle entschied das Verwaltungsgericht Münster (26.05.2021, Az. 5 L 339/21, juris und openJur, 31.05.2021, Az. 5 L 344/21, juris und openJur), dass keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben sei. Denn – so die der Argumentation des Oberlandesgerichts Jena diametral entgegengesetzte Begründung – den Anträgen der Eltern sei ausdrücklich zu entnehmen, dass ihr Rechtsschutzinteresse speziell auf ein familiengerichtliches Einschreiten gerichtet sei. Zwar nähmen sie auch Bezug auf in der Corona-Schutzverordnung geregelte Maßnahmen, insoweit beschränke sich das Begehren der Antragsteller jedoch auf eine inzidente Rechtmäßigkeitsprüfung. Den Rechtsstreitigkeiten lägen damit keine öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zugrunde, sondern von den Familiengerichten von Amts wegen zu betreibende Kindschaftssachen. Das Verwaltungsgericht Münster legte die beiden Sachen dem Bundesverwaltungsgericht vor, um die Zuständigkeitsfrage zu klären, und das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Auffassung des Verwaltungsgerichts Münster mit derselben Begründung (BVerwG, 16.06.2021, 6 AV 1/21, 6 AV 2/21, juris und openJur; ebenso BVerwG 21.06.2021, 6 AV 4/21, juris und openJur). Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts zu diesen Entscheidungen vom 25.06.2021 trug die Überschrift „Für die Entscheidung über Anordnungen gegenüber einer Schule gemäß § 1666 Abs. 1 und 4 BGB wegen dort geltender Corona-Schutzmaßnahmen verbleibt es bei der Zuständigkeit der Amtsgerichte/Familiengerichte.“17Um Missverständnisse zu vermeiden: Auch das Bundesverwaltungsgericht sagt nicht, dass § 1666 Abs. 4 BGB dazu ermächtige, Anordnungen gegenüber Behörden zu treffen, es setzt sich mit dieser Frage gar nicht näher auseinander. Es trennt aber diese Frage – anders als das OLG Jena – klar von der Frage nach dem Rechtsweg.

Der Widerspruch in der Entscheidung des Oberlandesgerichts hatte sich damit in Luft aufgelöst. Es handelt sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gemäß § 40 VwGO, schon allein deshalb, weil es keine „Streitigkeit“ i. S. v. § 40 VwGO gibt, zu der immer zwei Parteien gehören,18Schoch/Schneider-Ehlers/Schneider Verwaltungsrecht, VwGO § 40 Rn. 93. hier aber die Kindesmutter nur eine Anregung gestellt hat, aufgrund derer das Gericht ein Verfahren gem. § 1666 BGB einleiten konnte oder nicht. Dass ein Amtsverfahren gem. § 1666 BGB nicht an das Verwaltungsgericht abgegeben werden kann, versteht sich von selbst.19Deshalb setzt nach allgemeiner Auffassung die (entsprechende) Anwendung der §§ 17-17b GVG gem. § 17a Abs. 6 GVG im Verhältnis der freiwilligen zur streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit wie auch zu den anderen Rechtswegen (z. B. Verwaltungsrechtsweg!) voraus, dass eine Verweisung überhaupt möglich ist, was nur bei den Streitsachen und Antragsverfahren, aber nicht bei Amtsverfahren der Fall ist (Kissel/Mayer, GVG § 17 Rn. 62; so auch schon die Gesetzesbegründung: BT-Drs 16/6308, 318). Das OLG Jena (a. a. O., juris Rn. 40; openJur Rn. 44) widerspricht dem mit einer tautologischen Begründung und zwei Fundstellen (Zöller-Lückemann ZPO, § 17a GVG Rn. 1 und Kissel/Mayer, GVG § 17 Rn. 8, 17), die diese Auffassung gar nicht stützen. Nicht nur kennt die Verwaltungsgerichtsordnung keine Amtsverfahren, ein Verfahren nach § 1666 BGB ist und bleibt ein Verfahren nach § 1666 BGB, für das ausschließlich die Familiengerichte zuständig sind. Welche Anordnungskompetenzen § 1666 BGB vermittelt und ob das Familiengericht auch Anordnungen gegenüber Trägern der öffentlichen Gewalt treffen darf, ist eine andere Frage, die nichts mit dem Rechtsweg zu tun hat. Ist eine Anordnung in einem solchen Verfahren rechtswidrig, weil sie vom Tatbestand des § 1666 BGB nicht gedeckt ist, wird damit aus dem Verfahren keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, es ist nur die Entscheidung unrichtig. Man muss sagen: Im Grunde ist das, was das Verwaltungsgericht Münster und das Bundesverwaltungsgericht dargelegt haben, eine juristische Selbstverständlichkeit.

Wer nun dachte, die Staatsanwaltschaft würde nach den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Münster und des Bundesverwaltungsgerichts den Vorwurf der Rechtsbeugung fallen lassen und das Ermittlungsverfahren einstellen, sah sich allerdings getäuscht. Stattdessen weitete die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe aus, wie sich aus dem Durchsuchungsbeschluss für die Hausdurchsuchung, die am 29.06.2021 bei Richter Dettmar (zum zweiten Mal) und bei weiteren Personen stattfand, ergab. 

Der Bundesgerichtshof lässt den Widerspruch der Verwaltungsgerichte verschwinden

Was jetzt noch ausstand, war die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Jena vom 14.05.2021. Sie erging am 03.11.2021 (XII ZB 289/21), nachdem der Bundesgerichtshof schon am 06.10.2021 in einem ähnlichen Fall entschieden hatte (XII ARZ 35/21). Die Entscheidung war verblüffend: Der BGH drehte das Rad, an dem das Bundesverwaltungsgericht gedreht hatte, zurück und bestätigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts in vollem Umfang. Das Oberlandesgericht habe die Anregungsschreiben der Eltern „in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass gegen die Schule gerichtete Unterlassungsverlangen durchgesetzt werden sollen. Über derartige Unterlassungsansprüche hätten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Verwaltungsgerichte zu entscheiden.“20BGH, 03.11.2021, XII ZB 289/21, juris Rn. 14; openJur Rn. 14. Dass das Bundesverwaltungsgericht genau entgegengesetzt entschieden hatte, wurde vom Bundesgerichtshof dabei unterschlagen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2021 (6 AV 4/21) wird sogar wiederholt als Beleg für eigene Aussagen zitiert, dass das Bundesverwaltungsgericht aber die Auffassung vertreten hat, dass keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliege, wird verschwiegen.21Wie der BGH die abweichende Auffassung des BVerwG souverän unter den Tisch fallen lässt, ist geradezu phänomenal. Dabei muss man sich folgendes noch einmal klarmachen: Auch wenn BGH und BVerwG im Ergebnis beide der Auffassung sind, dass § 1666 Abs. 4 BGB nicht zu Anordnungen gegenüber Behörden ermächtigt, ist der Unterschied in Bezug auf die Frage des § 40 VwGO entscheidend: Nach dem BVerwG ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben, auf der Grundlage dieser Auffassung wäre die Beschwerde des Ministeriums gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG unbegründet gewesen. Der BGH hätte die Entscheidung des OLG Jena aufheben müssen und der Beschluss des Amtsgerichts Weimar wäre wieder in Kraft gewesen. – Hat der BGH daher im Corona-Notstand gehandelt, als er die Argumentation des BVerwG ignorierte? 

Die Rezeption des Streits durch die Staatsanwaltschaft 

Was hat die Staatsanwaltschaft Erfurt aus diesen Entscheidungen, die ihr nicht zuletzt deshalb bekannt waren, weil in Schriftsätzen der Verteidigung darauf hingewiesen wurde, gemacht? Sie blieb einfach dabei, dass das Verwaltungsgericht zuständig gewesen sei, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele. Richter Dettmar habe das als langjähriger Familienrichter auch gewusst. Dafür zitiert die Staatsanwaltschaft den Beschluss des BGH vom 06.10.2021, XII ARZ 35/21, und einen Absatz später als Beleg für diese Auffassung sogar fast wörtlich Sätze aus dem – dieser Auffassung widersprechenden! – Beschluss des BVerwG vom 16.06.2021.22BVerwG, 16.06.2021, 6 AV 1/21, juris Rn. 7. Während die Sätze beim BVerwG aber im Irrealis stehen, werden sie in der Anklage in den Indikativ transformiert.23Damit ist gewissermaßen die nächsthöhere Stufe im kreativen Umgang mit entgegenstehenden Auffassungen erreicht: Sie nicht nur zu ignorieren, wie es der BGH getan hat, sondern zu behaupten, dass der andere dieselbe Auffassung wie man selbst vertreten würde. Dass das ein Versehen sein soll, kann man sich kaum vorstellen. Die Staatsanwaltschaft wollte offenbar ihren Ausgangsvorwurf nicht korrigieren, und deshalb hat sie ihn nicht korrigiert. 

Nachtrag: Die inhaltliche Reichweite des § 1666 Abs. 4 BGB

An dieser Stelle ist noch etwas nachzutragen. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Vorwurf, Richter Dettmar habe zu Unrecht seine Zuständigkeit bejaht, weil das Verwaltungsgericht in der Sache zuständig gewesen wäre, ins Leere läuft, könnte ein Rechtsfehler darin bestehen, dass er zu Unrecht die Anordnungen gegenüber Trägern von hoheitlicher Gewalt auf § 1666 Abs. 4 BGB gestützt hätte, während die Norm tatsächlich dem Familienrichter eine solche Kompetenz nicht vermittelt.24Zu dieser Frage bereits: Netzwerk KRiStA: Corona-Maßnahmen vor dem Familiengericht – eine ungewöhnliche Entwicklung. Wie gezeigt hat diese Frage mit der Frage nach dem Rechtsweg nichts zu tun, auch wenn beide Fragen vom Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof vermischt wurden. Entschieden werden muss die Frage an dieser Stelle auch nicht, denn ein Rechtsbeugungsvorwurf käme allenfalls dann in Betracht, wenn – wie die Staatsanwaltschaft behauptet – für jeden mit der Rechtsmaterie Befassten offensichtlich und unbestreitbar wäre, dass Behörden und andere Träger hoheitlicher Gewalt nicht Dritte im Sinne des § 1666 Abs. 4 BGB sind und deshalb Anordnungen ihnen gegenüber nicht auf diese Norm gestützt werden können. Dem war jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses vom 08.04.2021 nicht so: Zunächst ist dem Wortlaut des § 1666 Abs. 4 BGB insoweit nichts zu entnehmen. Der Auffassung, Dritte i. S. v. § 1666 Abs. 4 BGB könnten auch Lehrer und Schulleiter von öffentlichen Schulen sein, stand auch kein allseits bekannter Konsens in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft entgegen. Vor dem Beschluss vom 08.04.2021 war nicht einem einzigen Kommentar zum BGB explizit zu entnehmen, dass Träger von Hoheitsgewalt nicht Dritte i. S. v. § 1666 BGB sein könnten.25Vgl. Johannsen/Henrich/Althammer-Jokisch, Familienrecht, 7. Aufl., 2020, § 1666 Rn. 124: „Dritter iSd Vorschrift ist jede nicht sorgeberechtigte Person.“ Staudinger/Coester (2020) BGB § 1666 Rn. 237: „Dritter iS der Vorschrift ist jeder Nichtelternteil“. Als Beispiel für einen Dritten i. S. v. Absatz 4, gegenüber dem gerichtliche Anordnungen zulässig sind, wird in den Kommentaren häufig auch eine psychiatrische Klinik, die die gebotene Aufnahme eines Kindes grundlos verweigert hat, genannt. Lediglich die Frage, ob das Gericht Anordnungen gem. § 1666 Abs. 4 BGB auch gegenüber dem Jugendamt treffen kann, wurde in Rechtsprechung und Literatur diskutiert und verneint. Dies lässt sich aber wegen des besonderen Verhältnisses von Gericht und Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren nicht ohne weiteres auf andere Träger hoheitlicher Gewalt übertragen. Auch aus der Sache ergibt sich nicht ohne weiteres, warum eine Anordnungskompetenz gegeben sein soll, wenn etwa – theoretischer Fall – ein Arzt das Kindeswohl gefährdet, aber ihre Grenze finden soll, wenn der Handelnde Lehrer einer öffentlichen Schule ist.26Die Frage, ob Lehrkräfte (und nicht nur Schulleiter) überhaupt Träger von hoheitlicher Gewalt sind, ist dabei keineswegs unstrittig und spielte bei der in der Öffentlichkeit in den zurückliegenden Jahren diskutierten Frage eines Streikrechts für Lehrer eine Rolle. Im vorliegenden Fall wurde das aber bei allen zitierten Entscheidungen unhinterfragt vorausgesetzt. Wenn dies so offensichtlich wäre, wie die Staatsanwaltschaft meint, müsste auch der 7. Strafkammer des Landgerichts Erfurt der Vorwurf rechtlicher Ahnungslosigkeit gemacht werden, die noch in einem Beschluss vom 09.06.2021 (7 Qs 131/21) die Frage, ob § 1666 Abs. 4 BGB das Familiengericht dazu berechtigt, Anordnungen gegenüber Behörden zu treffen, dahinstehen ließ, weil es sich – so die Begründung der Kammer – um eine Rechtsfrage handele, die nicht ohne Weiteres beantwortet werden könne, sondern einer genaueren juristischen Prüfung bedürfe.

Kurz: Die Auffassung, dass Träger hoheitlicher Gewalt Dritte im Sinne von § 1666 Abs. 4 BGB sein können, war nicht schlechthin unvertretbar, so dass daran kein Vorwurf eines elementaren Rechtsverstoßes geknüpft werden kann.27Gegen eine Kompetenz für die hier getroffenen Anordnungen im konkreten Fall spricht allerdings etwas anderes: Anders als etwa in Bayern war die Maskenpflicht in der Schule in Thüringen nicht durch Rechtsverordnung, sondern durch eine Allgemeinverfügung, d. h. einen Verwaltungsakt angeordnet. Während Rechtsverordnungen, die wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht (Gesetze oder die Verfassung) rechtswidrig sind, per se nichtig und damit unwirksam sind, sind rechtswidrige Verwaltungsakte nur in Ausnahmefällen, die in § 44 VwVfG geregelt sind, nichtig, im übrigen aber bis zu ihrer Aufhebung durch die erlassende Behörde oder das Verwaltungsgericht wirksam. Da die betreffenden Regelungen der Allgemeinverfügung nicht nichtig gem. § 44 VfwVfG sind, lief die Anordnung, die Maskenpflicht nicht durchzusetzen, darauf hinaus, dass die Lehrer geltendes Recht nicht befolgen sollten, was nicht rechtmäßig sein kann. Dass der Umstand, dass die Maskenpflicht in einer Allgemeinverfügung angeordnet war, zu diesen abweichenden rechtlichen Konsequenzen führt, haben aber offensichtlich nicht nur Richter Dettmar, sondern auch das OLG Jena und die Staatsanwaltschaft übersehen. Thematisiert wurde es, soweit ersichtlich, nirgends.

4.  Die Rahmenerzählung vom Missbrauch des familiengerichtli­chen Verfahrens durch Richter Dettmar für andere Zwecke

Außer dem Vorwurf, er habe sich die Zuständigkeit in einer Sache angemaßt, für die die Verwaltungsgerichte zuständig seien, legt die Staatsanwaltschaft Richter Dettmar (je nach Zählweise) mindestens acht weitere (angebliche) Rechtsfehler zur Last. Sie hat buchstäblich jeden Stein in dem Verfahren umgedreht, um zu sehen, ob sich darunter nicht zumindest ein kleiner Rechtsfehler entdecken lässt. Ob jeder dieser (angeblichen oder tatsächlichen) Rechtsfehler für sich den Tatbestand der Rechtsbeugung ausfüllen soll oder ob die Staatsanwaltschaft die Vorstellung hat, dass der Tatbestand der Rechtsbeugung auch kumulativ erfüllt werden könnte nach dem Prinzip: Aus vielen kleinen Fehlern wird in der Summe ein elementarer Rechtsverstoß, darüber wird in der Anklage keine Rechenschaft abgelegt. 

Tatsächlich ist eine solche „kumulative Tatbestandserfüllung“ nicht möglich. Einzelne Rechtsverletzungen können nicht aufsummiert werden, nur weil sie in einem Verfahren begangen wurden, denn die Frage, ob ein „elementarer Rechtsverstoß“ vorliegt, kann immer nur an einer konkret verletzten Rechtsnorm geprüft werden. Ein „Zusammenwirken“ verschiedener Rechtsverletzungen ist nur insofern möglich, als Rechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit einem bestimmten Rechtsverstoß stehen, das Gewicht dieses Rechtsverstoßes (ggf. bis zur Schwelle des „elementaren Rechtsverstoßes“) erhöhen können.28So der BGH, 21.01.2021, 4 StR 83/20, juris Rn. 33 f.

Dass die Staatsanwaltschaft die Frage nach dem Verhältnis der einzelnen Vorwürfe untereinander und zum Tatbestand der Rechtsbeugung nicht beantwortet, wird in der Anklage dadurch verdeckt, dass die einzelnen Vorwürfe in eine Rahmenerzählung eingebettet werden. Diese lautet zusammengefasst so: Richter Dettmar sei es zu keinem Zeitpunkt um das Wohl der beiden Kinder gegangen, er habe das Verfahren allein aus persönlichen Motiven geführt, um seine persönliche Meinung zu den Corona-Maßnahmen durch eine Entscheidung mit Breitenwirkung in die Öffentlichkeit zu tragen. Das Verfahren gem. § 1666 BGB habe nur als „Deckmantel“ für die Verfolgung dieses (politischen) Ziels gedient. Um dieses Ziel zu erreichen, habe er bei dem Verfahren elementare Verfahrensvorschriften verletzt und damit das Recht gebeugt.

Diese Erzählung ist allerdings erst einmal nur eine Behauptung, die vor allem etwas über die nicht hinterfragten Annahmen der Staatsanwaltschaft sagt, denn dass es Richter Dettmar gar nicht um die Sache selbst und die beiden Kinder gegangen sei, kann von ihr nicht belegt werden. Die Staatsanwaltschaft kann sich offensichtlich nicht vorstellen, dass ein Richter besorgt darüber war, wie staatlicherseits mit Kindern und Jugendlichen in der Corona-Krise umgegangen wurde und sich deshalb fragte, ob ihm als Familienrichter nicht eine Verantwortung (und rechtliche Möglichkeit) zukomme, für Kinder und Jugendliche tätig zu werden. Weil Kritik an den Corona-Maßnahmen von ihr offenbar als prinzipiell unangemessen (für einen Richter) betrachtet wird, muss Richter Dettmar von unlauteren Motiven getrieben gewesen sein. Schon der Gedanke, dass er – die Sache von seinem Standpunkt aus betrachtet – Gutes gewollt haben könnte, nämlich Kindern und Jugendlichen zu helfen, die unter den Corona-Maßnahmen zu leiden hatten, ist daher nicht möglich. Dass die Behauptung, er habe die Maskenpflicht abgelehnt und diese Position in die Öffentlichkeit tragen wollen, das Wohl der Kinder, die der Maskenpflicht unterworfen waren, sei ihm aber gleichgültig gewesen, einen logischen Widerspruch enthält, übersieht die Staatsanwaltschaft dabei. Hätte sie versucht, ihre Voreingenommenheit abzulegen, wäre ihr vielleicht aufgefallen, dass genau umgekehrt ein Schuh daraus wird: Gerade weil es Richter Dettmar um das konkrete Wohl der Kinder ging, konnte er nicht darüber hinwegsehen, dass durch die Corona-Maßnahmen in der Schule – jedenfalls nach seiner Überzeugung – nicht nur das Wohl der beiden Kinder gefährdet war, sondern genauso das Wohl vieler anderer Schüler. Insofern ist das Bestreben, den Beschluss einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, ohne weiteres verständlich. Der Wunsch nach der Publizität von eigenen Entscheidungen ist auch grundsätzlich nicht illegitim. Tagtäglich geben Gerichte Pressemitteilungen über ihre Entscheidungen heraus und es werden Gerichtsentscheidungen zur Veröffentlichung in juristischen Portalen und Zeitschriften eingereicht, das alles, um die Entscheidungen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. 

5.  Der Vorwurf der Nichtanzeige eigener Befangenheit 

Auch wenn sie zur Korrektur ihrer ganz am Anfang bezogenen Position nicht in der Lage oder nicht willens war, spricht doch einiges dafür, dass der Staatsanwaltschaft bewusst war, dass sich der Rechtsbeugungsvorwurf mit dem Argument, Richter Dettmar habe ein in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte liegendes Verfahren an sich gezogen, nicht mehr begründen lässt. Zum Hauptvorwurf der Anklage ist deshalb ein anderer aufgestiegen: Allein im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wird auf 23 Seiten die Entstehungsgeschichte des Beschlusses geschildert. Es wird berichtet, dass von verschiedenen Personen gezielt nach einer Familie gesucht worden sei, die eine Anregung für ein Verfahren nach § 1666 BGB bei Gericht stellen würde. Bei der Formulierung der Anregung sei der Kindesmutter von anderen Personen, jedenfalls indirekt auch von Richter Dettmar, Hilfestellung geleistet worden und von Mitgliedern des Netzwerks Kritische Richter und Staatsanwälte, dessen Gründungsgeschichte auch ausführlich referiert wird, sei ein Konzept für ein entsprechendes Verfahren erarbeitet worden. Richter Dettmar habe mit Prof. Ines Kappstein, Prof. Ulrike Kämmerer und Prof. Christof Kuhbandner außerdem bewusst coronamaßnahmenkritische Wissenschaftler als Gutachter bestellt, die zudem alle Mitglieder des Vereins Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e. V. (MWGFD) sind. Das und noch mehr wird minutiös und detailreich ausgebreitet,29Ob sich das in allen Einzelheiten genauso zugetragen hat, wie von der Staatsanwaltschaft dargestellt, kann hier dahingestellt bleiben. als gelte es, die Bildung einer kriminellen Verschwörung aufzudecken. 

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist es offensichtlich der große Skandal an dem ganzen familiengerichtlichen Verfahren, dass Richter Dettmar es initiiert hat. Nun ist es allerdings so, dass es gerade das Wesen eines amtswegigen Verfahrens wie des Verfahrens gem. § 1666 BGB ausmacht, dass es vom Gericht „initiiert“ wird, dem Gericht initiatives Handeln daher nicht vorgeworfen werden kann, sondern sogar von ihm erwartet wird.30S. o. Abschnitt 2. Das weiß auch die Staatsanwaltschaft, wie verschiedentlich in der Anklage deutlich wird. Man könnte daher denken, dass die gesamte, sehr aufwändige und fraglos den Hauptteil der Ermittlungsarbeit ausmachende Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte des Beschlusses in Bezug auf den Vorwurf der Rechtsbeugung im Nichts enden würde. Dies ist aber nicht der Fall. Da das Initiieren des Verfahrens durch den Richter nicht rechtswidrig ist, greift die Staatsanwaltschaft zu einer Art argumentativem Trick: Die (nicht rechtswidrige!) Vorbereitung des Verfahrens durch Richter Dettmar wird als „Vorbefassung“ deklariert, die zur Befangenheit führe. Diese Befangenheit hätte Richter Dettmar gemäß § 6 FamFG, § 48 Zivilprozessordnung (ZPO) anzeigen müssen. Dass er dies nicht getan habe, stelle eine Rechtsverletzung dar, die den Vorwurf der Rechtsbeugung begründen würde.31Soweit ersichtlich, gibt es einen einzigen veröffentlichten Fall einer Rechtsbeugung durch einen Richter wegen Unterlassens einer Selbstablehnung (LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 29798; BGH, 13.08.2009, 1 StR 366/09, juris). Hier hatte ein Richter als Freundschaftsdienst für einen Bekannten in einem Zivilverfahren mehrere Schriftsätze, einen Befangenheitsantrag gegen den für das Zivilverfahren zuständigen Richter und nach Ablehnung desselben auch die Beschwerdeschrift dagegen verfasst. Als die Beschwerde in seinem Dezernat beim Landgericht landete (was nach der Geschäftsverteilung nicht vorherzusehen war), zeigte er seine vorangegangene (anonyme) Tätigkeit nicht an, sondern entschied in der Sache und gab der Beschwerde statt. Der „Trick“ besteht hier darin, dass – obwohl ein Richter, der ein Verfahren initiieren darf, dieses selbstverständlich auch vorbereiten darf – die Vorbereitung von dem eigentlichen Verfahren willkürlich abgetrennt und – ohne jede Begründung! – mit dem Begriff „Vorbefassung“ bezeichnet wird, der im Zusammenhang mit der sog. Ausschließung und Ablehnung von Richtern ein Terminus technicus ist und Sachverhalte bezeichnet, die zum Ausschluss des Richters in dem davon betroffenen Verfahren führen. 

Dies bedarf näherer Erläuterung und dazu muss etwas weiter ausgeholt werden: Es gibt Fälle, in denen Richter kraft Gesetzes, d. h. auch ohne dass eine Partei ein Ablehnungsgesuch (das ist die Bezeichnung im Gesetz für einen Befangenheitsantrag) anbringt, von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen sind. Diese sind für den Bereich des Zivilrechts in § 41 ZPO geregelt, der über § 6 FamFG auch im Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbar ist. Beispielsweise darf ein Richter nicht in einer Sache seines Ehepartners (§ 41 Nr. 2 ZPO) oder einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder zum bis zweiten Grad verschwägert ist (§ 41 Nr. 3 ZPO), als Richter amtieren. Auch Fälle der sog. Vorbefassung, die in § 48 Nrn. 4-8 ZPO geregelt sind, führen zum Ausschluss. So ist ein Richter etwa kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in derselben Sache früher bereits als Prozessbevollmächtigter einer Partei tätig war (§ 41 Nr. 4 ZPO). Neben dem Ausschluss kraft Gesetzes gibt es außerdem die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit, die dann möglich ist, „wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen“ (§ 42 ZPO). In diesen Fällen kann eine Partei ein Ablehnungsgesuch stellen, über das dann ein anderer Richter bzw. eine andere Kammer entscheidet. Und schließlich gibt es noch die sog. Selbstablehnung (§ 48 ZPO): Wenn es Umstände gibt, die die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnten, muss der Richter dies von sich aus anzeigen. Auch in diesem Fall hat dann ein anderer nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständiger Richter bzw. die zuständige Kammer zu entscheiden, ob tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit besteht, was bejahendenfalls zum Ausschluss des Richters von diesem Verfahren führt. 

Vorliegend ist keiner der Fälle der Vorbefassung nach § 41 Nrn. 4-8 ZPO einschlägig, das wird auch von der Staatsanwaltschaft nicht behauptet. Eine Vorbefassung, die nicht zu einem Ausschluss des Richters gemäß § 41 Nrn. 4-8 ZPO führt, ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.32BGH, 12.04.2016, VI ZR 549/14, juris Rn. 8; openJur Rn. 11. Die Staatsanwaltschaft müsste also zum einen begründen, weshalb die Vorbereitung des Verfahrens nicht als Teil des gesamten Verfahrens, das vom Familienrichter initiiert werden durfte, zu betrachten ist, sondern als „Vorbefassung“ deklariert werden muss und weshalb diese Art der Vorbefassung zur Befangenheit führen soll. Das tut sie aber nicht, sie wirft einfach das Wort „Vorbefassung“ in den Raum und das Wort „Befangenheit“ hinterher, und damit soll feststehen, dass Richter Dettmar wegen der Vorbereitung des Verfahrens sich selbst gem. § 6 FamFG, § 48 ZPO hätte ablehnen müssen. 

Da offenbar aber auch der Staatsanwaltschaft (mehr oder weniger) bewusst ist, dass sie Befangenheit damit nur behauptet, aber noch nicht begründet hat, schiebt sie zur Begründung hinterher, dass sich die Befangenheit von Richter Dettmar auch daraus ergebe, dass er dem Verfahrensgegenstand nicht neutral und objektiv gegenübergestanden habe. Dies ist ein anderes Argument als Vorbefassung und es ist grundsätzlich richtig, dass fehlende Objektivität in der Sache die Besorgnis der Befangenheit begründen kann. 

Allerdings will die Staatsanwaltschaft dann doch wieder fehlende Neutralität und Objektivität im Sinne einer Befangenheit schon allein deshalb als gegeben ansehen, weil Richter Dettmar das Verfahren vorbereitet habe. An dieser Stelle dreht sich die Sache im Kreis. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er bei Einleitung des Verfahrens nicht mehr neutral gewesen sei, aber das ist in Verfahren nach § 1666 BGB immer der Fall: Erst wenn der Richter einen hinreichenden Verdacht einer Kindeswohlgefährdung bejaht hat, er also gerade nicht mehr neutral ist, sondern sich bereits eine (mindestens vorläufige) Meinung in der Sache gebildet hat, sind die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens überhaupt gegeben. Nun lassen sich die diesbezüglichen Ausführungen in der Anklage aber auch dahingehend verstehen, dass Richter Dettmar vorgeworfen wird, er habe nicht nur eine „vorläufige“ Meinung gehabt, sondern sie sei bereits „verfestigt“ gewesen, etwa seine Meinung zur Wirksamkeit einer Maskenpflicht. Auch das geht aber an der Sache vorbei. Von einem Familienrichter wird auch nicht gefordert, dass er bei Einleitung des Verfahrens nach § 1666 BGB zumindest noch „etwas neutral“ im Hinblick auf die Frage der Kindeswohlgefährdung sein müsse. Wenn etwa eine Anordnung nach § 1666 BGB aufgrund einer Anregung des Jugendamtes im Wege einstweiliger Anordnung wegen Gefahr im Verzug ohne vorherige Anhörung der Beteiligten ergeht, dann findet oft gar keine weitere Ermittlung des Sachverhaltes zwischen Einleitung des Verfahrens und Entscheidung statt: Der Richter liest das Schreiben des Jugendamtes, leitet das Verfahren ein und erlässt direkt den Beschluss. Er weiß also schon bei Verfahrenseinleitung, wie er entscheiden wird. 

Nach der Vorstellung der Staatsanwaltschaft hätte Richter Dettmar bei oder vor Verfahrenseinleitung eine Selbstanzeige gem. § 48 ZPO des Inhalts machen müssen, dass er der Frage, ob die Maskenpflicht in Schulen kindeswohlgefährdend ist, nicht „neutral“ gegenüberstehe (aufgrund welcher Umstände das der Fall war, wäre für die Selbstanzeige unerheblich). Wenn das nach dem Gesetz verlangt wäre – wobei die Nichtanzeige hier sogar den Vorwurf der Rechtsbeugung begründen soll! – dann müsste jeder Familienrichter bei oder vor Einleitung eines Verfahrens nach § 1666 BGB eine Selbstanzeige gem. § 48 ZPO machen. Die Absurdität dieser Konsequenz zeigt, dass die Staatsanwaltschaft – entgegen anderslautenden Versicherungen in der Anklageschrift – die Besonderheiten des Amtsverfahrens gem. § 24 FamFG bei ihren Vorwürfen schlicht nicht berücksichtigt hat.

Die Vorbereitung des Verfahrens ist aber nicht das einzige Argument, mit dem der Vorwurf fehlender Objektivität gegenüber dem Verfahrensgegenstand belegt werden soll. Dieser soll sich auch aus der Auswahl der (für eine coronamaßnahmenkritische Position bekannten) Sachverständigen ergeben. Auch hier ist aber noch vor der Erörterung der Frage, ob die Auswahl dieser Sachverständigen eine Besorgnis der Befangenheit begründen kann, festzustellen, dass die Staatsanwaltschaft ihren eigenen Vorwurf, der eine Rechtsbeugung begründen soll, nicht durchbuchstabiert: Da die Selbstablehnung nicht darin besteht, dass ein Richter erklärt, er halte sich für befangen (das ist irrelevant), sondern dass er „von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte“ (§ 48 ZPO), müsste der Vorwurf der Staatsanwaltschaft hier konkret lauten, Richter Dettmar hätte dem für die Entscheidung über seine Ablehnung zuständigen Richter mitteilen müssen, dass er in dem Verfahren die Professoren Kappstein, Kämmerer und Kuhbandner mit Gutachten beauftragt habe. Das erscheint schon allein deshalb seltsam, weil die Beauftragung der Sachverständigen in dem Verfahren offen zu Tage lag. Die betreffenden Beweisbeschlüsse waren den Beteiligten übersandt worden, so dass auch das Bildungsministerium davon wusste und deshalb auch selbst einen Befangenheitsantrag hätte stellen können (was es nicht getan hat). Dass aber angesichts dieser Umstände die Verletzung dieser (angeblichen) Pflicht zur Selbstanzeige sogar ein rechtsbeugungsrelevanter „elementarer Rechtsverstoß“ sein soll, ist auch auf der Basis der vorgängigen Überlegungen der Staatsanwaltschaft unbegründbar.

Im Übrigen lässt die Auswahl maßnahmenkritischer Sachverständiger aber auch keineswegs auf fehlende Objektivität gegenüber der Sache schließen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es eine allgemein erwiesene und von jedem Richter seiner Arbeit zu Grunde zu legende Tatsachenwahrheit wäre, dass die Corona-Politik „richtig“ und Kritik daran „falsch“ war. Die Staatsanwaltschaft legt diese Annahme den Vorwürfen gegen Richter Dettmar allerdings offensichtlich zugrunde. Nach ihren Vorstellungen wäre die Beauftragung z. B. von Prof. Christian Drosten mit einem Gutachten zum PCR-Test mutmaßlich unproblematisch gewesen, die Beauftragung von Prof. Ulrike Kämmerer soll dagegen – weil sie die Corona-Politik und insbesondere die massenhafte Anwendung des PCR-Tests kritisiert hat – ein Zeichen mangelnder Objektivität sein. Um die Sachverständigenauswahl kritisieren zu können, müsste sich die Staatsanwaltschaft erst einmal mit dem Inhalt der eingeholten Gutachten befassen und prüfen, ob die Gutachten wissenschaftlichen Kriterien und den Standards von Gerichtsgutachten standhalten. Das tut sie aber nicht, wie sie auch sonst allen inhaltlichen Fragen aus dem Weg geht.33Hätte die Staatsanwaltschaft sich inhaltlich mit den Gutachten auseinandergesetzt, wäre sie auch auf die Frage gestoßen, warum eigentlich die Landesregierung, die doch die Maßnahmen angeordnet und zu verantworten hatte, keine wissenschaftlichen Gutachten zur Frage der Wirksamkeit einer Maskenpflicht in der Schule und zu den mit ihr verbundenen physischen und psychischen Gefährdungen und Belastungen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen eingeholt hat. Die Feststellung, dass die drei Gutachter Mitglieder des Vereins MWGFD e. V. sind, soll offenbar die inhaltliche Auseinandersetzung ersetzen. Damit werden die Vorurteile der Staatsanwaltschaft zur Grundlage von strafrechtlichen Vorwürfen gegen Richter Dettmar gemacht. 

6.  Die Ausweitung des Beschlusstenors von zwei Kindern auf alle Schüler der beiden Schulen 

Richter Dettmar hat sich nicht darauf beschränkt, eine Anordnung in Bezug auf die beiden Schüler, deren Eltern das Verfahren angeregt hatten, zu treffen, sondern hat den Beschluss auf alle Schüler der beiden Schulen der Kinder ausgeweitet.34Dies unterscheidet den Beschluss maßgeblich von dem Beschluss des Amtsgerichts Weilheim vom 13.04.2021, 2 F 192/21, juris und openJur. In dem Weilheimer Fall waren ebenfalls Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft München II hat deshalb Vorermittlungen geführt, diese dann aber mangels Anfangsverdachtes bereits im Juli 2021 eingestellt, wobei sie sich auch auf die bereits erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.2021, 6 AV 1.21, berief. Auch von dieser Entscheidung einer anderen Staatsanwaltschaft hat sich die Staatsanwaltschaft Erfurt offensichtlich nicht beirren lassen. Das war äußerst ungewöhnlich, um es zurückhaltend auszudrücken, und wirft eine Reihe von Problemen auf: Der Beschluss erstreckte sich damit auf Personen, die dem Gericht namentlich noch gar nicht bekannt waren, die gesetzlichen Vertreter der betroffenen Schüler wussten nichts von dem Verfahren und die Durchführung einer – im einstweiligen Anordnungsverfahren auf Antrag und im Hauptsacheverfahren in jedem Fall obligatorischen – mündlichen Erörterung mit den Beteiligten (Hunderte Eltern!) wäre praktisch gar nicht durchführbar gewesen. Gleichwohl muss man festhalten, dass im Verfahren der einstweiligen Anordnung, wenn Gefahr im Verzug bejaht wird, ein Beschluss ergehen kann, ohne dass Kind(er) oder Eltern angehört wurden, sogar, ohne dass die Eltern überhaupt von dem Verfahren wissen, solange nur aus Sicht des Gerichts die Kindeswohlgefährdung hinreichend glaubhaft ist. Dies kommt in der Praxis auch gar nicht selten vor. Alle notwendigen Verfahrenshandlungen können nach Erlass des Beschlusses nachgeholt werden. Und auch wenn die Schüler nicht namentlich bekannt waren, war doch hinreichend bestimmt, wen der Beschluss betraf. 

Ein echter Fehler bei der Ausweitung des Tenors liegt allerdings darin, dass Richter Dettmar nach der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts Weimar nicht für alle Schüler der beiden Schulen zuständig war, sondern nur für Schüler, deren Familiennamen mit den Buchstaben B, E, F, H, I, J, L, Q, R, S, T, U, V oder X begann. Da schon rein statistisch auszuschließen ist, dass die gesamte Schülerschaft zweier Schulen allein aus Schülern besteht, deren Familienname mit diesen Buchstaben beginnt, hat er damit für Kinder und Jugendliche mitentschieden, bei denen die Sache gar nicht auf seinem Tisch gelandet wäre, wenn die Eltern ein Verfahren gem. § 1666 BGB bei Gericht angeregt hätten. Zwei Fragen stellen sich hier: Hat Richter Dettmar dabei vorsätzlich gehandelt oder war es ein Versehen? Und falls Vorsatz zu bejahen wäre: Wäre das ein elementarer Rechtsverstoß, ein so schwerwiegendes „Entfernen von Recht und Gesetz“, dass es den Vorwurf der Rechtsbeugung tragen könnte? 

Hinsichtlich des Vorsatzes muss man fragen, ob es vorstellbar ist, dass einem erfahrenen Richter ein solcher Fauxpas, nicht an seine „Buchstabenzuständigkeit“ zu denken, unterlaufen kann. Die Staatsanwaltschaft wird sicher sagen: nein, so etwas passiert keinem Richter aus Versehen, das ist nach der Lebenserfahrung ausgeschlossen. Allerdings passieren, wo Menschen handeln, immer wieder Dinge, die man zuvor „nach der Lebenserfahrung“ für ausgeschlossen gehalten hätte. Vermutlich jeder hat schon mal erlebt, dass ihm – gerade in einer Stresssituation – ein Versehen unterlaufen ist, von dem er zuvor gedacht hat, das werde ihm auf keinen Fall passieren. Und die Vermutung liegt jedenfalls nicht fern, dass Richter Dettmar bei Abfassung des Beschlusses unter ganz erheblichem Stress und Anspannung stand, weil er ahnen konnte, dass der Beschluss enorme, für ihn nicht nur positive Wellen schlagen würde. Dies wäre jedenfalls eine mögliche Erklärung für ein Versehen, das ihm „normalerweise“ nie passiert wäre.35Für ein Versehen spricht auch die äußerst lapidare Begründung der Ausweitung des Tenors auf alle Schüler, die nicht erkennen lässt, dass er sich hier über die Grenzen seiner Zuständigkeit Rechenschaft abgelegt hat. Sie besteht aus einem einzigen Satz, es ist der vorletzte der Entscheidung: „Da die Mitschüler der im Tenor namentlich genannten Kinder in gleicher Weise betroffen sind, hat das Gericht seine Entscheidung für diese mit getroffen“ (AG Weimar, 08.04.2021, 9 F 148/21, juris, Rn. 1540, openJur Rn. 1560). Und noch eine weitere Überlegung spricht gegen Vorsatz: Was sollte das Motiv gewesen sein, um einen solchen klaren Rechtsfehler, der vollkommen unnötig die Angreifbarkeit des Beschlusses erhöhte, in Kauf zu nehmen? Dass der Beschluss durch die Einbeziehung einer Vielzahl von Schülern mehr öffentliche Aufmerksamkeit erregte, als wenn es bei zwei Kindern geblieben wäre, versteht sich von selbst. Aber wäre die Aufmerksamkeit wirklich geringer gewesen, wenn sich die Ausweitung des Tenors auf alle Schüler, deren Familienname mit den Buchstaben B, E, F, H, I, J, L, Q, R, S, T, U, V oder X beginnt, beschränkt hätte? Wohl kaum, möglicherweise wäre sie sogar noch größer gewesen.

Geht man nun – rein hypothetisch – doch davon aus, dass Richter Dettmar sehenden Auges die Grenzen seiner Zuständigkeit überschritten haben könnte, ist damit die Frage, ob dies eine elementarer Rechtsverstoß i. S. v. § 339 StGB wäre, noch nicht beantwortet. Die Staatsanwaltschaft, die erst im Laufe des Ermittlungsverfahrens auf die Idee gekommen ist, die Überschreitung der Grenzen der Buchstabenzuständigkeit könnte für eine Rechtsbeugung ausreichen, obwohl das Problem von Anfang an bekannt war, versucht das damit zu begründen, dass die Schüler, für die Richter Dettmar nicht zuständig war, ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden wären, was einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) darstelle. Die Entziehung des gesetzlichen Richters ist in der Tat ein Topos bei Rechtsbeugungsfällen, wobei der Vorwurf in diesen Fällen allerdings darin besteht, dass der Richter aus sachfremden Erwägungen die Zuständigkeit an sich gezogen und den tatsächlich zuständigen Richter von der Entscheidung ausgeschlossen habe, um eine Entscheidung herbeizuführen (z. B. den Erlass eines Haftbefehls), die bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften voraussichtlich nicht zu erreichen gewesen wäre.36Vgl. BGH, 11.04.2013, 5 StR 261/12; juris, openJur. Letzteres kann man sicher auch von dem hier gegenständlichen Fall sagen, aber dass hier Betroffene ihrem gesetzlichen Richter „entzogen“ worden wären, stimmt allenfalls in einem sehr weiten Sinn: Hätte Richter Dettmar nicht hinsichtlich dieser Kinder entschieden, hätte mutmaßlich kein anderer Richter darüber entschieden, es wäre einfach keine andere Entscheidung ergangen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung „nur“ auf andere Schüler ausgeweitet wurde, aber von einer tatsächlich bestehenden Zuständigkeit (der Familienname der beiden Kinder beginnt mit „B“) ausging. Hätte Richter Dettmar dagegen eine Anregung betreffend Kinder mit dem Anfangsbuchstaben „A“ an sich genommen (was schon praktisch kaum möglich wäre, weil die Sache dann von der Geschäftsstelle des Gerichts gar nicht für sein Dezernat eingetragen worden wäre) und ein Verfahren nach § 1666 BGB eingeleitet, wäre die Sache sicher anders zu beurteilen. Dann hätte es sich auch um eine „echte“ Entziehung des gesetzlichen Richters gehandelt. Es spricht daher viel dafür, dass, selbst wenn Richter Dettmar vorsätzlich für Schüler, für die er nicht zuständig war, mitentschieden hätte, dies nicht für eine Rechtsbeugung ausreichen würde.37Ein Beispiel für einen krassen Fall einer (vorsätzlichen) richterlichen Fehlentscheidung, auch im Zusammenhang mit den Anregungen für Verfahren gem. § 1666 BGB wegen der Maskenpflicht in der Schule, allerdings von der anderen Seite, die dennoch wohl „nur“ als Rechtsprechungsexzess und nicht als Rechtsbeugung zu bewerten ist, schildert Oliver García in: Der Richter und sein Lenker – Von Rechtsbeugung und anderen schrägen Sachen. Hier hatte ein Leipziger Amtsrichter nach Eingang einer Anregung durch die Mutter eines Schulkindes noch am selben Tag einen Hinweisbeschluss (15.04.2021, 335 F 1187/21) erlassen, in dem er mitteilte, er werde ein Verfahren einleiten, aber nicht gegen die Schule, sondern gegen die Mutter, weil die Antragstellung Zweifel an ihrer Erziehungseignung wecke und hatte den Verfahrenswert vorläufig auf 1.400.000,00 € (!) festgesetzt, weil die Anregung schätzungsweise 350 Kinder betreffe (350 × 4000 €). So gegensätzlich die Entscheidungen sind, kann man zur Abgrenzung von Rechtsprechungsexzess und Rechtsbeugung in diesen Fällen folgendes sagen: Es reicht für Rechtsbeugung nicht aus, wenn ein Richter in einem Hinweisbeschluss beim Verfahrenswert eine vollkommen utopische, auch noch rechtlich unmögliche, weil die Höchstgrenze sprengende Zahl (dazu näher García, a. a. O.) hinschreibt, auch dann nicht, wenn damit „ein reines Repressionsziel“ (ebd.) gegenüber einer Rechtssuchenden verfolgt wird. Das ist zwar rechtswidrig, es ist willkürlich und selbstredend empörend, aber am Ende doch nur eine falsche Entscheidung, bei der es am „Beugen“ des Rechts fehlt. Genauso wenig kann es für Rechtsbeugung ausreichen, wenn ein Richter in einem Beschlusstenor den Worten „für diese“ (gemeint sind die beiden Kinder, deren Eltern das Verfahren angeregt hatten) noch die Worte „und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler“ hinzufügt. Das ist, jedenfalls soweit die eigene Zuständigkeit überschritten wird, zwar falsch, aber mit einem aus 10 Wörtern bestehenden falschen Federstrich wird das Recht ebenfalls nicht gebeugt.

7. Die weiteren Tatvorwürfe

Die übrigen Vorwürfe können kurz abgehandelt werden. Sie lauten:

  • Durch das Unterlassen von Anhörungen von Beteiligten vor der Entscheidung sei der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt worden.
  • Bei der Auswahl des Verfahrensbeistandes für die beiden Kinder sei Richter Dettmar seiner Prüfpflicht aus § 158 Abs. 1 FamFG alte Fassung38Die Norm wurde mit Wirkung ab 01.07.2021 geändert. nicht nachgekommen. Er habe die Rechtsanwältin, die zuvor noch nicht vom Amtsgericht Weimar als Verfahrensbeistand bestellt worden sei, nur deshalb ausgewählt, weil sie coronamaßnahmenkritisch gewesen sei.
  • Dass von der Einleitung des Verfahrens bis zur Entscheidung 3 ½ Wochen vergingen, sei willkürlich gewesen und habe allein dem Zweck gedient, die im Hauptsacheverfahren eingeholten Sachverständigengutachten öffentlichkeitswirksam zu verwerten.
  • Nach § 51 Abs. 3 Satz 2 FamFG könnten zwar einzelne Verfahrensergebnisse des Verfahrens der einstweiligen Anordnung in das Hauptsacheverfahren übertragen werden, umgekehrt sei dies jedoch nicht möglich. Die Gutachten hätten daher im Verfahren auf einstweilige Anordnung gar nicht verwertet werden dürfen.
  • Der Untersagung der Anordnung der Teilnahme an Schnelltests und dem Gebot der Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts, was von der Kindesmutter gar nicht angeregt wurde, würde in dem Verfahren jegliche rechtliche und tatsächliche Grundlage fehlen.

Dazu ist in Kürze Folgendes zu bemerken: 

  • Wie bereits dargelegt, können Beschlüsse in Verfahren auf einstweilige Anordnung bei Gefahr im Verzug vor Anhörung der Beteiligten ergehen, die Anhörungen sind dann unverzüglich nachzuholen. Das weiß auch die Staatsanwaltschaft, meint aber, wenn eine Anhörung unterblieben sei, obwohl „Gefahr im Verzug“ nicht zu bejahen gewesen sei (was hier so sein soll), könnte dies den Vorwurf der Rechtsbeugung rechtfertigen. Mit einer mangels Gefahr im Verzug lediglich auf die Zeit nach Beschlusserlass verschobenen (nicht endgültig unterlassenen) Anhörung entfernt sich aber ein Richter niemals „in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz und richtet sein Handeln als Organ des Staates statt an Recht und Gesetz an eigenen Maßstäben aus“. Hier zeigt sich sehr deutlich, dass die Staatsanwaltschaft bei der Suche nach Fehlern in dem Beschluss die maßgeblichen Kriterien für eine Rechtsbeugung aus dem Blick verloren hat. 
  • Dasselbe gilt für die Auswahl des Verfahrensbeistandes: Selbst wenn die Geeignetheit der betreffenden Rechtsanwältin nicht ausreichend geprüft worden wäre, kann die Verletzung dieser Pflicht niemals das Gewicht eines elementaren Rechtsverstoßes haben. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, dass die Staatsanwaltschaft meint, für diesen Vorwurf nicht die Frage beantworten zu müssen, ob die ausgewählte Rechtsanwältin tatsächlich ungeeignet war (dass sie coronamaßnahmenkritisch war, besagt insoweit selbstverständlich wieder gar nichts).
  • Dass Richter Dettmar vorgeworfen wird, er habe mit dem Beschluss zu lange zugewartet, ist insofern erstaunlich, als ihm zugleich vorgeworfen wird, dass er ihn überhaupt erlassen hat. Für das Bildungsministerium, dem eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen eingeräumt worden war (s. o. Abschnitt 3), kam die Entscheidung noch zu früh und was den Vorwurf der Willkür anbelangt: Vom 27. März bis 11. April 2021 waren in Thüringen Osterferien. Ob der Beschluss am 27. März oder am 8. April erging, war daher für die betroffenen Kinder irrelevant.
  • Dass die im Hauptsacheverfahren eingeholten Sachverständigengutachten im Verfahren auf einstweilige Anordnung nicht hätten verwertet werden dürfen, gibt nicht nur der Wortlaut des von der Staatsanwaltschaft zitierten § 51 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht her, es ist auch schlicht falsch. Das Familiengericht entscheidet gemäß § 30 Abs. 1 FamFG nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die relevanten Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (Strengbeweisverfahren) oder im Freibeweisverfahren feststellt. Im Verfahren auf einstweilige Anordnung ist es sogar ausreichend, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung glaubhaft gemacht sind (§ 51 Abs. 1 S. 2 FamFG), was ein geringerer Grad an Wahrscheinlichkeit ist als die im Hauptsacheverfahren erforderliche volle Überzeugung vom Vorliegen der relevanten Tatsachen. Für den Freibeweis kommen als Beweismittel alle erdenklichen Mittel in Betracht, die zur Überzeugungsbildung des Gerichts beitragen können.39MüKoFamFG/Ulrici FamFG § 29 Rn. 12. Richter Dettmar hätte die Gutachten daher – von urheberrechtlichen Fragen einmal abgesehen – selbst dann im einstweiligen Anordnungsverfahren verwerten können, wenn sie gar nicht von ihm in Auftrag gegeben worden wären, sondern z. B. in einer Fachzeitschrift oder auf einer privaten Webseite der Sachverständigen veröffentlicht worden wären. 
  • Bei der Anordnung bezüglich Schnelltest und Präsenzunterricht und dem diesbezüglichen Vorwurf fehlender rechtlicher und tatsächlicher Grundlagen bleibt unklar, welche Vorschriften verletzt worden sein sollen. Nach der Gliederung der Anklage wird dieser Vorwurf als Verstoß gegen materielles Recht aufgeführt. Dann hätte die Staatsanwaltschaft aber tatsächlich auch Stellung zu der Frage beziehen müssen, ob diese Maßnahmen kindeswohlgefährdend waren oder nicht. Das tut sie aber – wie auch bei der Maskenpflicht – nicht, wirft aber Richter Dettmar vor, dass er es aufgrund des vorliegenden Verfahrensstoffs auch nicht hätte wissen können.

Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft bei all diesen Vorwürfen übersieht, dass Rechtsbeugung durch einen Verstoß gegen Verfahrensrecht überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn durch die Verfahrensverletzung die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet wurde (s. o. Abschnitt 1). Die Staatsanwaltschaft müsste also darlegen, dass z. B. die (angeblich) mangelhafte Prüfung der Eignung des Verfahrensbeistandes oder das Unterlassen der Anhörung der beiden Kinder die konkrete Gefahr einer materiellrechtlich, also inhaltlich falschen Entscheidung geschaffen oder erhöht habe. 

8.  Was in der Anklage fehlt 

Gemäß § 160 Abs. 2 Satz 1 StPO hat die Staatsanwaltschaft nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände zu ermitteln. Dies ist die sog. Objektivitätspflicht der Staatsanwaltschaft und aufschlussreich ist diesbezüglich bei der Anklage nicht nur, mit welchen Fragen sich die Staatsanwaltschaft beschäftigt, sondern auch, mit welchen nicht. Hier fallen besonders drei Dinge auf:

  • Neben dem sog. Anklagesatz, in dem die vorgeworfene Tat geschildert und mitgeteilt wird, wie die Tat aus Sicht der Staatsanwaltschaft rechtlich zu bewerten ist (§ 200 Abs. 1 S. 1 StPO) und der Bezeichnung der Beweismittel (§ 200 Abs. 1 S. 2 StPO), ist in einer Anklage auch das sog. wesentliche Ergebnis der Ermittlungen darzustellen (§ 200 Abs. 2 StPO). Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen soll den Angeschuldigten, den Verteidiger, aber auch das Gericht und den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft über den Sachstand, die Beweislage und alle sonstigen für die Entscheidung relevanten, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens erkennbaren Umstände unterrichten.40Löwe-Rosenberg/Stuckenberg, StPO, § 200 Rn. 56. Essentiell ist dabei die Mitteilung der Beweisgründe, die Beweiswürdigung, d. h. die Darstellung, wie die Staatsanwaltschaft zu dem Anklagevorwurf kommt und wie der Vorwurf rechtlich zu bewerten ist. Soweit der Angeschuldigte sich zur Sache eingelassen hat, ist diese Einlassung mitzuteilen und wie sie mit welchen Gründen von der Staatsanwaltschaft bewertet wird.41Löwe-Rosenberg/Stuckenberg, a. a. O., Rn. 62; ebenso MüKoStPO/Wenske StPO § 200 Rn. 87: „Die erforderlichen Angaben zur Einlassung des Angeschuldigten sollten eine möglichst umfassende Information der Verfahrensbeteiligten in den Blick nehmen“ und KK-StPO/Schneider StPO § 200 Rn. 21. Dieser Verpflichtung genügt die Staatsanwaltschaft in der Anklage nicht einmal ansatzweise. Richter Dettmar hat sich über seinen Verteidiger im Ermittlungsverfahren in mehreren, teilweise umfangreichen Schriftsätzen zur Sache eingelassen. Punkt für Punkt sind dabei die Vorwürfe, die sich aus dem Akteninhalt, aber insbesondere auch aus den beiden Durchsuchungsbeschlüssen ergaben, abgearbeitet worden. Im wesentlichen Ermittlungsergebnis der Anklage, das immerhin 43 Seiten umfasst, wird aber nur an einer einzigen Stelle ein Einwand aus einem Schriftsatz der Verteidigung zitiert, das ist alles. Im Übrigen wird die Einlassung über die Verteidigung mit keinem Satz erwähnt, geschweige denn, dass sie im Zusammenhang mitgeteilt und sich mit ihr auseinandergesetzt würde. Es wirkt, als wäre die Einlassung des Beschuldigten für die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren ohnehin von vornherein irrelevant gewesen.
  • Der – für den Tatbestand der Rechtsbeugung essentielle – Vorwurf, Richter Dettmar habe bei sämtlichen, ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Rechtsfehlern vorsätzlich gehandelt, wird an keiner Stelle näher begründet. Man liest wiederholt, er habe (als erfahrener Familienrichter) gewusst, dass sich dies und das so und so verhalte, die Möglichkeit fahrlässigen Handelns wird dabei aber nie auch nur in Erwägung gezogen. Dadurch entsteht der Eindruck, für die Staatsanwaltschaft verstehe es sich von selbst, dass Richter Dettmar bei allen (tatsächlichen oder vermeintlichen) Rechtsfehlern vorsätzlich gehandelt haben muss. 
  • Schließlich fällt auf, dass die Anklage inhaltlichen Fragen strikt aus dem Weg geht. Richter Dettmar wird angeklagt wegen eines Beschlusses, in dem Corona-Maßnahmen in der Schule als kindeswohlgefährdend bewertet wurden, die Corona-Maßnahmen sollen aber nicht thematisiert werden. Ob die Maskenpflicht und die anderen Maßnahmen in den Schulen wirksam und die Maßnahmen im Hinblick auf das Kindeswohl unbedenklich waren oder nicht – um nur zwei Fragen von vielen zu nennen – das alles soll im Verfahren keine Rolle spielen. Stattdessen soll es nur um Verfahrensverstöße und eine Gesetzesauslegung (§ 1666 Abs. 4 BGB) gehen. Dies ist aber schon deshalb äußerst fragwürdig, als es – und das wird in der Rückschau auch von Befürwortern der Corona-Maßnahmen in der Schule kaum bestritten werden – letztlich von Anfang an die inhaltlichen Fragen waren, die den Beschluss vom 08.04.2021 in den Augen der Politik, der Presse und auch der Strafverfolgungsbehörden zum „Skandal“ machten. Der „Skandal“, auf den sofort mit Rufen nach dem Strafrecht reagiert wurde, bestand in Wahrheit nicht darin, dass ein Familienrichter die Arbeit von Verwaltungsrichtern an sich gezogen haben sollte, sondern was er entschieden hatte: Dass er in einem gerichtlichen Beschluss erklärte, dass die vom Bildungsministerium angeordneten Corona-Maßnahmen in den Schulen kindeswohlgefährdend seien und dass er dies nicht nur erklärte, sondern auch noch korrigierend eingreifen wollte. Hätte das Verwaltungsgericht Weimar, das von den Eltern der beiden Kinder parallel zu dem familiengerichtlichen Verfahren angerufen worden war, mit dem in diesem Verfahren ergangenen Beschluss42VG Weimar, 20.04.2021, 8 E 416/21, juris und openJur. die Allgemeinverfügung, die die Corona-Maßnahmen in der Schule regelte, wegen Unverhältnismäßigkeit für verfassungswidrig erklärt, wäre der politische Aufruhr sicher kein geringerer gewesen als nach der Entscheidung des Familiengerichts und das ganz ohne Zuständigkeitsfragen. Es ist aber auch insofern nicht sachgerecht, als die Frage, ob ein elementarer Rechtsverstoß i. S. v. § 339 StGB vorliegt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs43S. o. Abschnitt 1. „auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände“ zu beantworten ist und dafür das objektive Gewicht und Ausmaß des Rechtsverstoßes und die Motive des Richters relevant sind. Bei dieser wertenden Gesamtbetrachtung können aber die inhaltlichen Fragen nicht außer Acht bleiben, denn für Gewicht und Ausmaß des Rechtsverstoßes bzw. der Rechtsverstöße, die Richter Dettmar vorgeworfen werden, sind die möglichen Folgen von wesentlicher Bedeutung. Mit der Frage, ob er mit dem Beschluss effektive und zugleich Kindern ohne weiteres zumutbare oder aber physisch und psychisch belastende Maßnahmen, für deren Wirksamkeit es zudem keine wissenschaftliche Evidenz gab, zu unterbinden versucht hat, hätte sich daher schon die Staatsanwaltschaft beschäftigen müssen. Sollte die Strafkammer tatsächlich eine Tatbestandserfüllung in Betracht ziehen, wird sie im Prozess jedenfalls an diesen Fragen kaum vorbeikommen.

9. Fazit 

Die Analyse hat gezeigt, dass der Rechtsbeugungsvorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Richter Dettmar einer eingehenden rechtlichen Prüfung nicht standhalten kann. Die Staatsanwaltschaft hat sich bemüht, eine Geschichte des Beschlusses vom 08.04.2021 zu schreiben, bei der das Handeln des verfahrensführenden Richters unter den Tatbestand des § 339 StGB subsumiert werden kann. Sie hat dabei im Ermittlungsverfahren einen beachtlichen Aufwand betrieben: Nicht nur bei Richter Dettmar, sondern auch bei den drei Sachverständigen und bei fünf Zeugen wurden Wohnungen und Diensträume durchsucht. Anschließend erfolgte eine monatelange Auswertung der sichergestellten Laptops und Telefone durch die Polizei. Das alles mit dem Ergebnis, dass Richter Dettmar ein Amtsverfahren, das vom Familiengericht initiiert werden kann und ggf. auch initiiert werden muss, selbst initiiert hat. Angesichts dieses Nullresultats versucht sich die Staatsanwaltschaft in den Vorwurf der Befangenheit zu retten, die Richter Dettmar hätte selbst anzeigen müssen. An dem für die Zwecke eines Rechtsbeugungsverfahrens längst über Bord der Rechtsprechung gegangenen Vorwurf, Richter Dettmar hätte ein Verfahren, für das die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig gewesen wäre, an sich gezogen, hält sie unbeirrt fest, auch wenn sie nach dieser Auffassung – örtliche Zuständigkeit vorausgesetzt – sogar ein Verfahren wegen Rechtsbeugung gegen die Richter des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts, die die Beschlüsse vom 16. und 21.06.2021 erlassen haben, hätte einleiten müssen und ihre Kollegen von der Staatsanwaltschaft München II es schon im Juli 2021 besser wussten (s. Endnote 34). Weil sie sich ihrer Sache nicht sicher ist, wird versucht, das Ganze mit einer Reihe weiterer, kleinerer Vorwürfe aufzufüllen, die nur zeigen, dass der Staatsanwaltschaft in ihrer Fehlersuche die Tatbestandsvoraussetzungen des § 339 StGB außer Sicht geraten und auch ihre Kenntnisse im FamFG am Ende doch lückenhaft sind. 

Dieses Strafverfahren ist ein politisches Verfahren: Das Ermittlungsverfahren fällt in die Hochzeit der Corona-Krise, die von Beginn an von einer extremen Diskursverengung und der Ausgrenzung von Kritikern der Corona-Politik aus dem gesellschaftlichen Diskurs geprägt war. Dies muss hier nicht näher ausgeführt werden, weil es inzwischen auch von den (ehemaligen) Verfechtern der Corona-Politik nicht mehr ernsthaft in Abrede gestellt wird. Die Anklageschrift entstand nicht nur in diesem Kontext, sie ist

  • mit der unhinterfragten Annahme, dass die Corona-Maßnahmen (in der Schule) berechtigt, Maßnahmenkritik dagegen unberechtigt gewesen sei, 
  • mit der Weigerung, die Frage, ob die Maskenpflicht in der Schule möglicherweise kindeswohlgefährdend war, überhaupt zu stellen, 
  • mit der Einseitigkeit der Ermittlungen und der Einseitigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Schlussfolgerungen aus den Ermittlungsergebnissen, 
  • mit ihrer Ignoranz gegenüber dem Vorbringen der Verteidigung und abweichenden Rechtsauffassungen anderer Gerichte und schließlich 
  • mit der bereitwilligen und unreflektierten Unterstellung illegitimer Motive auf Seiten von Richter Dettmar 

selbst ein Dokument dieser Zeit. 

Inzwischen hat sich die gesellschaftliche Diskussion gewandelt. Der Sachverständigenausschuss zur Evaluation der Corona-Maßnahmen nach § 5 Abs. 9 Infektionsschutzgesetz hat schon in seinem Bericht vom 30.06.202244Dort S. 70. offiziell festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Inzidenz und der Maßnahmenstärke nicht erkennbar ist. Dass die Schulschließungen unnötig waren, ist inzwischen allgemeiner Konsens (während die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage der Anordnung der Präsenzpflicht in dem Beschluss vom 08.04.2021 noch mit dem Argument, dafür würden die tatsächlichen Grundlagen in dem Verfahren fehlen, zu begegnen versucht). Dass auch die Maskenpflicht in der Schule unnötig war, jedenfalls auch nach über zwei Jahren der Krise keine wissenschaftliche Evidenz für ihren epidemiologischen Nutzen gegeben ist,45Die Cochrane-Gesellschaft, deren Veröffentlichungen als Goldstandard in der evidenzbasierten Medizin gelten, kommt in einer am 30.01.2023 veröffentlichten Meta-Studie zu dem Ergebnis, dass das Maskentragen epidemiologisch gesehen keinen oder allenfalls einen geringen Effekt hinsichtlich der Ausbreitung von Covid-19 hat. (wie das die Sachverständige Kappstein in ihrem in dem Verfahren eingeholten Gutachten bereits im April 2021 festgestellt hat), hat man zwar noch von keinem der verantwortlichen Politiker gehört. Dass ein Politiker aber gegenwärtig noch äußern könnte, er sei unverändert der Auffassung, dass die Maskenpflicht in der Schule eine richtige Maßnahme gewesen sei, erscheint inzwischen fast undenkbar. 

Die Frage ist nach alledem, ob die 2. Strafkammer des Landgerichts Erfurt bereit ist, in einen Zeittunnel zurück in das Frühjahr 2022 oder 2021 einzufahren und sich die Brille aufzusetzen, durch die die Kritiker der Corona-Maßnahmen als vom Weg der Vernunft abgekommen erscheinen, denen jederzeit Schlimmes (Rechtsbeugung!) zuzutrauen ist, oder ob sie diese Brille liegen lässt und es der Kammer stattdessen gelingt, einen unvoreingenommenen Blick auf den Sachverhalt und die Person des Angeklagten zu werfen. Sie könnte dann vielleicht in Christian Dettmar einen Kollegen erkennen, der auf das – jedenfalls von ihm als solches betrachtete – Unrecht der Corona-Maßnahmen in der Schule mit den Mitteln des Rechts reagieren wollte und dem nichts fernerlag, als Unrecht seinerseits mit Unrecht zu begegnen.

Endnoten

  • 1
    Auch in dem anderen Verfahren, in dem bisher nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden wurde, ist die Staatsanwaltschaft Erfurt die Anklagebehörde.
  • 2
    Der Text in den Endnoten wird teilweise nur für Juristen verständlich sein, der Haupttext soll aber einen geschlossenen Gedankengang bieten, so dass die Endnoten für das Verständnis nicht zwingend erforderlich sind und beim Lesen auch übergangen werden können.
  • 3
    Rechtsbeugung wird (fast) immer wegen der besonderen Bedeutung des Falles im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) beim Landgericht angeklagt.
  • 4
    Im zitierten Text enthaltene Klammerverweise auf andere Urteile werden hier nicht wiedergegeben.
  • 5
    BGH, 18.08.2021, 5 StR 39/21, juris Rn. 34 = openJur Rn. 40; ständige Rechtsprechung. – Soweit Entscheidungen auch bei www.openjur.de veröffentlicht sind, wird auch die dortige Fundstelle angegeben, weil openJur anders als juris frei zugänglich ist.
  • 6
    Das Erlassdatum wurde von der Geschäftsstelle des Amtsgerichts nachträglich vom 08.04. auf den 09.04. abgeändert, in den juristischen Datenbanken juris und openJur ist aber unverändert der 08.04.2021 angegeben.
  • 7
    Zum Antragsverfahren s. § 23 FamFG.
  • 8
    Der Durchsuchungsbeschluss lag den Autoren vor.
  • 9
    Das Thüringer Bildungsministerium hat allerdings erklärt, dass der Beschluss nur hinsichtlich der beiden Kinder, deren Mutter die Anregung gestellt hatte, umgesetzt würde, nicht hinsichtlich der anderen Kinder. Dazu sehr kritisch Lies-Benachib, Masken-Gate?, in: Betrifft Justiz 2021, S. 70-73.
  • 10
    Wobei auch das nicht unumstritten ist. Einer breiten Meinung in Rechtsprechung und Literatur zufolge sind Maßnahmen nach § 1666 BGB, die nicht auf einen (teilweisen) Entzug der elterlichen Sorge gerichtet sind, nicht nach § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG anfechtbar (vgl. Prütting/Helms-Dürbeck, FamFG, § 57 Rn. 5). Das Oberlandesgericht Jena ist allerdings in seiner Entscheidung vom 14.05.2021, auf die sogleich zu sprechen gekommen wird, davon ausgegangen, dass hier die Beschwerde nach mündlicher Erörterung eröffnet gewesen wäre (OLG Jena, 14.05.2021, 1 UF 136/21, juris Rn 33 = openJur Rn. 37).
  • 11
    Diese und weitere Einzelheiten können dem Beschluss des OLG Jena vom 14.05.2021, 1 UF 136/21, entnommen werden.
  • 12
    Dass ihm der Schriftsatz vor Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle als Zeitpunkt des Beschlusserlasses gem. § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG bekannt war, ist allerdings nicht mehr als eine Mutmaßung des Oberlandesgerichts Jena, wie sich aus den Ausführungen des OLGs selbst ergibt (a. a. O., juris Rn. 36-38; openJur Rn. 40-43). Auch die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen mit dieser Frage und kommt zu dem Ergebnis, dass dies nicht nachweisbar sei. Nach der – nicht näher begründeten – Auffassung des OLG war die Kenntnis von dem Schriftsatz aber die notwendige Bedingung für die Zulässigkeit der Beschwerde. Somit hing die Entscheidung des OLG vollständig an einer Mutmaßung! – Ob die rechtzeitige Kenntniserlangung entscheidend war, wie das OLG voraussetzt ist allerdings rechtlich wohl nicht unumstritten: Sofern von einem Gericht keine Frist gesetzt wurde, sind unstreitig alle bis zum Erlass der Entscheidung, d. h. der Übergabe an die Geschäftsstelle, eingehenden Schriftsätze zu berücksichtigen, auch wenn die Entscheidung bereits von allen beteiligten Richtern unterschrieben war und die betreffenden Schriftsätze nicht vorgelegt und damit den Richtern unbekannt waren, vgl. BayObLG NJW-RR 1999, 1685; OLG Köln ZMR 2001, 571; BGH NJW-RR 2015, 1090. Wenn aber der fragliche Schriftsatz den entscheidenden Richtern unbekannt war und – wie hier – eine Frist gesetzt und versäumt wurde, wird dies wohl anders zu beurteilen sein, da dann keine Verletzung des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG vorliegen dürfte (ebenso offensichtlich BGH NJW-RR 2015, 1090 und das OLG Jena in dieser Sache; a. A. Prütting/Helms-Abramenko, FamFG § 65 Rn. 9).
  • 13
    OLG Jena, 14.05.2021, 1 UF 136/21, juris Rn. 45; openJur Rn. 49. – § 40 Abs. 1 VwGO lautet: „Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.“
  • 14
    OLG Jena, a. a. O., juris, Rn. 46; openJur Rn. 50.
  • 15
    OLG Jena, a. a. O., juris, Rn. 47; openJur Rn. 51.
  • 16
    Entscheidend war insoweit, dass – weil ausschließlich die Beschwerde gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG zulässig war – das OLG nur über die Frage des Rechtsweges zu entscheiden hatte und nicht über die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses vom 08.04.2021.
  • 17
    Um Missverständnisse zu vermeiden: Auch das Bundesverwaltungsgericht sagt nicht, dass § 1666 Abs. 4 BGB dazu ermächtige, Anordnungen gegenüber Behörden zu treffen, es setzt sich mit dieser Frage gar nicht näher auseinander. Es trennt aber diese Frage – anders als das OLG Jena – klar von der Frage nach dem Rechtsweg.
  • 18
    Schoch/Schneider-Ehlers/Schneider Verwaltungsrecht, VwGO § 40 Rn. 93.
  • 19
    Deshalb setzt nach allgemeiner Auffassung die (entsprechende) Anwendung der §§ 17-17b GVG gem. § 17a Abs. 6 GVG im Verhältnis der freiwilligen zur streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit wie auch zu den anderen Rechtswegen (z. B. Verwaltungsrechtsweg!) voraus, dass eine Verweisung überhaupt möglich ist, was nur bei den Streitsachen und Antragsverfahren, aber nicht bei Amtsverfahren der Fall ist (Kissel/Mayer, GVG § 17 Rn. 62; so auch schon die Gesetzesbegründung: BT-Drs 16/6308, 318). Das OLG Jena (a. a. O., juris Rn. 40; openJur Rn. 44) widerspricht dem mit einer tautologischen Begründung und zwei Fundstellen (Zöller-Lückemann ZPO, § 17a GVG Rn. 1 und Kissel/Mayer, GVG § 17 Rn. 8, 17), die diese Auffassung gar nicht stützen.
  • 20
    BGH, 03.11.2021, XII ZB 289/21, juris Rn. 14; openJur Rn. 14.
  • 21
    Wie der BGH die abweichende Auffassung des BVerwG souverän unter den Tisch fallen lässt, ist geradezu phänomenal. Dabei muss man sich folgendes noch einmal klarmachen: Auch wenn BGH und BVerwG im Ergebnis beide der Auffassung sind, dass § 1666 Abs. 4 BGB nicht zu Anordnungen gegenüber Behörden ermächtigt, ist der Unterschied in Bezug auf die Frage des § 40 VwGO entscheidend: Nach dem BVerwG ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben, auf der Grundlage dieser Auffassung wäre die Beschwerde des Ministeriums gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG unbegründet gewesen. Der BGH hätte die Entscheidung des OLG Jena aufheben müssen und der Beschluss des Amtsgerichts Weimar wäre wieder in Kraft gewesen. – Hat der BGH daher im Corona-Notstand gehandelt, als er die Argumentation des BVerwG ignorierte?
  • 22
    BVerwG, 16.06.2021, 6 AV 1/21, juris Rn. 7.
  • 23
    Damit ist gewissermaßen die nächsthöhere Stufe im kreativen Umgang mit entgegenstehenden Auffassungen erreicht: Sie nicht nur zu ignorieren, wie es der BGH getan hat, sondern zu behaupten, dass der andere dieselbe Auffassung wie man selbst vertreten würde.
  • 24
  • 25
    Vgl. Johannsen/Henrich/Althammer-Jokisch, Familienrecht, 7. Aufl., 2020, § 1666 Rn. 124: „Dritter iSd Vorschrift ist jede nicht sorgeberechtigte Person.“ Staudinger/Coester (2020) BGB § 1666 Rn. 237: „Dritter iS der Vorschrift ist jeder Nichtelternteil“. Als Beispiel für einen Dritten i. S. v. Absatz 4, gegenüber dem gerichtliche Anordnungen zulässig sind, wird in den Kommentaren häufig auch eine psychiatrische Klinik, die die gebotene Aufnahme eines Kindes grundlos verweigert hat, genannt. Lediglich die Frage, ob das Gericht Anordnungen gem. § 1666 Abs. 4 BGB auch gegenüber dem Jugendamt treffen kann, wurde in Rechtsprechung und Literatur diskutiert und verneint. Dies lässt sich aber wegen des besonderen Verhältnisses von Gericht und Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren nicht ohne weiteres auf andere Träger hoheitlicher Gewalt übertragen.
  • 26
    Die Frage, ob Lehrkräfte (und nicht nur Schulleiter) überhaupt Träger von hoheitlicher Gewalt sind, ist dabei keineswegs unstrittig und spielte bei der in der Öffentlichkeit in den zurückliegenden Jahren diskutierten Frage eines Streikrechts für Lehrer eine Rolle. Im vorliegenden Fall wurde das aber bei allen zitierten Entscheidungen unhinterfragt vorausgesetzt.
  • 27
    Gegen eine Kompetenz für die hier getroffenen Anordnungen im konkreten Fall spricht allerdings etwas anderes: Anders als etwa in Bayern war die Maskenpflicht in der Schule in Thüringen nicht durch Rechtsverordnung, sondern durch eine Allgemeinverfügung, d. h. einen Verwaltungsakt angeordnet. Während Rechtsverordnungen, die wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht (Gesetze oder die Verfassung) rechtswidrig sind, per se nichtig und damit unwirksam sind, sind rechtswidrige Verwaltungsakte nur in Ausnahmefällen, die in § 44 VwVfG geregelt sind, nichtig, im übrigen aber bis zu ihrer Aufhebung durch die erlassende Behörde oder das Verwaltungsgericht wirksam. Da die betreffenden Regelungen der Allgemeinverfügung nicht nichtig gem. § 44 VfwVfG sind, lief die Anordnung, die Maskenpflicht nicht durchzusetzen, darauf hinaus, dass die Lehrer geltendes Recht nicht befolgen sollten, was nicht rechtmäßig sein kann. Dass der Umstand, dass die Maskenpflicht in einer Allgemeinverfügung angeordnet war, zu diesen abweichenden rechtlichen Konsequenzen führt, haben aber offensichtlich nicht nur Richter Dettmar, sondern auch das OLG Jena und die Staatsanwaltschaft übersehen. Thematisiert wurde es, soweit ersichtlich, nirgends.
  • 28
    So der BGH, 21.01.2021, 4 StR 83/20, juris Rn. 33 f.
  • 29
    Ob sich das in allen Einzelheiten genauso zugetragen hat, wie von der Staatsanwaltschaft dargestellt, kann hier dahingestellt bleiben.
  • 30
    S. o. Abschnitt 2.
  • 31
    Soweit ersichtlich, gibt es einen einzigen veröffentlichten Fall einer Rechtsbeugung durch einen Richter wegen Unterlassens einer Selbstablehnung (LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 29798; BGH, 13.08.2009, 1 StR 366/09, juris). Hier hatte ein Richter als Freundschaftsdienst für einen Bekannten in einem Zivilverfahren mehrere Schriftsätze, einen Befangenheitsantrag gegen den für das Zivilverfahren zuständigen Richter und nach Ablehnung desselben auch die Beschwerdeschrift dagegen verfasst. Als die Beschwerde in seinem Dezernat beim Landgericht landete (was nach der Geschäftsverteilung nicht vorherzusehen war), zeigte er seine vorangegangene (anonyme) Tätigkeit nicht an, sondern entschied in der Sache und gab der Beschwerde statt.
  • 32
    BGH, 12.04.2016, VI ZR 549/14, juris Rn. 8; openJur Rn. 11.
  • 33
    Hätte die Staatsanwaltschaft sich inhaltlich mit den Gutachten auseinandergesetzt, wäre sie auch auf die Frage gestoßen, warum eigentlich die Landesregierung, die doch die Maßnahmen angeordnet und zu verantworten hatte, keine wissenschaftlichen Gutachten zur Frage der Wirksamkeit einer Maskenpflicht in der Schule und zu den mit ihr verbundenen physischen und psychischen Gefährdungen und Belastungen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen eingeholt hat.
  • 34
    Dies unterscheidet den Beschluss maßgeblich von dem Beschluss des Amtsgerichts Weilheim vom 13.04.2021, 2 F 192/21, juris und openJur. In dem Weilheimer Fall waren ebenfalls Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft München II hat deshalb Vorermittlungen geführt, diese dann aber mangels Anfangsverdachtes bereits im Juli 2021 eingestellt, wobei sie sich auch auf die bereits erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.2021, 6 AV 1.21, berief. Auch von dieser Entscheidung einer anderen Staatsanwaltschaft hat sich die Staatsanwaltschaft Erfurt offensichtlich nicht beirren lassen.
  • 35
    Für ein Versehen spricht auch die äußerst lapidare Begründung der Ausweitung des Tenors auf alle Schüler, die nicht erkennen lässt, dass er sich hier über die Grenzen seiner Zuständigkeit Rechenschaft abgelegt hat. Sie besteht aus einem einzigen Satz, es ist der vorletzte der Entscheidung: „Da die Mitschüler der im Tenor namentlich genannten Kinder in gleicher Weise betroffen sind, hat das Gericht seine Entscheidung für diese mit getroffen“ (AG Weimar, 08.04.2021, 9 F 148/21, juris, Rn. 1540, openJur Rn. 1560).
  • 36
    Vgl. BGH, 11.04.2013, 5 StR 261/12; juris, openJur.
  • 37
    Ein Beispiel für einen krassen Fall einer (vorsätzlichen) richterlichen Fehlentscheidung, auch im Zusammenhang mit den Anregungen für Verfahren gem. § 1666 BGB wegen der Maskenpflicht in der Schule, allerdings von der anderen Seite, die dennoch wohl „nur“ als Rechtsprechungsexzess und nicht als Rechtsbeugung zu bewerten ist, schildert Oliver García in: Der Richter und sein Lenker – Von Rechtsbeugung und anderen schrägen Sachen. Hier hatte ein Leipziger Amtsrichter nach Eingang einer Anregung durch die Mutter eines Schulkindes noch am selben Tag einen Hinweisbeschluss (15.04.2021, 335 F 1187/21) erlassen, in dem er mitteilte, er werde ein Verfahren einleiten, aber nicht gegen die Schule, sondern gegen die Mutter, weil die Antragstellung Zweifel an ihrer Erziehungseignung wecke und hatte den Verfahrenswert vorläufig auf 1.400.000,00 € (!) festgesetzt, weil die Anregung schätzungsweise 350 Kinder betreffe (350 × 4000 €). So gegensätzlich die Entscheidungen sind, kann man zur Abgrenzung von Rechtsprechungsexzess und Rechtsbeugung in diesen Fällen folgendes sagen: Es reicht für Rechtsbeugung nicht aus, wenn ein Richter in einem Hinweisbeschluss beim Verfahrenswert eine vollkommen utopische, auch noch rechtlich unmögliche, weil die Höchstgrenze sprengende Zahl (dazu näher García, a. a. O.) hinschreibt, auch dann nicht, wenn damit „ein reines Repressionsziel“ (ebd.) gegenüber einer Rechtssuchenden verfolgt wird. Das ist zwar rechtswidrig, es ist willkürlich und selbstredend empörend, aber am Ende doch nur eine falsche Entscheidung, bei der es am „Beugen“ des Rechts fehlt. Genauso wenig kann es für Rechtsbeugung ausreichen, wenn ein Richter in einem Beschlusstenor den Worten „für diese“ (gemeint sind die beiden Kinder, deren Eltern das Verfahren angeregt hatten) noch die Worte „und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler“ hinzufügt. Das ist, jedenfalls soweit die eigene Zuständigkeit überschritten wird, zwar falsch, aber mit einem aus 10 Wörtern bestehenden falschen Federstrich wird das Recht ebenfalls nicht gebeugt.
  • 38
    Die Norm wurde mit Wirkung ab 01.07.2021 geändert.
  • 39
    MüKoFamFG/Ulrici FamFG § 29 Rn. 12.
  • 40
    Löwe-Rosenberg/Stuckenberg, StPO, § 200 Rn. 56.
  • 41
    Löwe-Rosenberg/Stuckenberg, a. a. O., Rn. 62; ebenso MüKoStPO/Wenske StPO § 200 Rn. 87: „Die erforderlichen Angaben zur Einlassung des Angeschuldigten sollten eine möglichst umfassende Information der Verfahrensbeteiligten in den Blick nehmen“ und KK-StPO/Schneider StPO § 200 Rn. 21.
  • 42
    VG Weimar, 20.04.2021, 8 E 416/21, juris und openJur.
  • 43
    S. o. Abschnitt 1.
  • 44
    Dort S. 70.
  • 45
    Die Cochrane-Gesellschaft, deren Veröffentlichungen als Goldstandard in der evidenzbasierten Medizin gelten, kommt in einer am 30.01.2023 veröffentlichten Meta-Studie zu dem Ergebnis, dass das Maskentragen epidemiologisch gesehen keinen oder allenfalls einen geringen Effekt hinsichtlich der Ausbreitung von Covid-19 hat.

54 Kommentare

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    • Juergen Ilse auf 23. August 2023 bei 13:00
    • Antworten

    Heute wurde das Urteil gesprochen: 2 Jahre auf Bewaehrung wegen Rechtsbeugung. In meinen Augen ein absolut skandaloeses Urteil:
    https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lg-erfurt-urteil-familienrichter-weimar-rechtsbeugung-zwei-jahre-bewaehrung/

    • Benjamin auf 20. August 2023 bei 9:47
    • Antworten

    Bei dem bekannten Problem, sich nur ungern mit Argumenten auseinanderzusetzten, ist dies doch eine hervorragende Möglichkeit, dies zu erzwingen.

    Wenn denn ein sogenannter Prof. Herr Drosten laut Ansicht der Staatsanwaltschaft besser geeignet gewesen wäre, ein Gutachen zu erstellen, kann doch der Anwalt des Richters der Staatsanwaltschaft die große Mühe ersparen und von sich aus den Herrn Drosten vorladen um ihn einen kritischen Blick auf das von Frau Prof. Dr. Kämmerer erstellte Gutachten werfen zu lassen. Seine Kritikpunkte ließen sich auch sofort mit der ebenfalls geladenen Frau Prof. Dr. Kämmerer durchgehen. …

    • Margret auf 19. August 2023 bei 20:13
    • Antworten

    Heute habe ich in einem gestrigen Artikel vom Spiegel online gelesen, dass die Staatsanwaltschaft wirklich und tatsächlich drei Jahre Haft für den Richter fordert.
    Für den Richter der viele von uns hat aufatmen lassen.
    Im Beitrag wird ja explizit festgestellt, dass Richter Dettmar sich keinesfalls der Rechtsbeugung strafbar gemacht hat.
    Doch was soll nun passieren? Was kann man noch tun?

    • Sehrnachdenker auf 26. Juni 2023 bei 9:22
    • Antworten

    1. Richter Dettmar ist zum „Michal Kohlhaas“ geworden.
    2. Wenn ich im Nachhinein vom medialen Auf- und Abbau des Prof. Drosten lese („Infosperber“), denke ich an das Volk, das kurz hintereinander „Hosanna“ und “ Kreuzige ihn“ schrie.
    3. Vollständig irritiert mich das höchstrichterliche Hin und Her zur Zuständigkeitsfrage BGB/VerwG.

    Unsere Welt ist aufgrund der von uns selbst geschaffenen Verkomplizierungen ein so undurchdringlicher Urwald geworden, dass wir die Geister, die wir riefen, nicht mehr los werden.
    Man denke nur an Stoibers völlig gescheiterte Mission der „Entbürokratisierung“ in Brüssel.

    • Harald Rappelt auf 19. Juni 2023 bei 10:17
    • Antworten

    Ich bin auf den Ausgang des Verfahrens gespannt.

    Was macht eigentlich die Teilwiederholdung der Bundestagswahl in Berlin? Wann kann man mit einer Entscheidung rechnen?

    • Klaus Hornaff auf 15. Juni 2023 bei 6:28
    • Antworten

    Die Wissenschaft war meine Religion

    • Jochen Himmel auf 6. Juni 2023 bei 15:12
    • Antworten

    Bei aller persönlichen Sympathie für den mutigen Familienrichter: SELBST-KRITIK!
    Das hier Veröffentlichte ist eine Art öffentliche Verteidigungsschrift mutmaßlich derer, die den Richter mutmaßlich (mit) verteidigen.
    Ohne vollständige Kenntnis der Anklageschrift ist eine neutrale rechtliche Beurteilung allerdings schwer möglich. Parallelen zur Causa Ballweg sind rein zufällig.
    Meiner Erinnerung nach steht in erster Linie der Verdacht einer unzulässigen Absprache, um gezielt einen Fall bei diesem Richter zu platzieren, der mutmaßlich gezielt und mutmaßlich vom Ergebnis her mutmaßlich abgesprochen ganz bestimmte mutmaßlich vorher abgesprochene Gutachter bestellt hat, im Raum.
    Es gilt die Unschuldsvermutung.
    Die Szene muss weg kommen von ihrer völlig unkritischen Opferkult-Heldenverehrung.
    Und nochmal: Der Richter hat unglaublich MUT bewiesen in einer völlig surrealen Zeit.
    Davon losgelöst ist aber die normative Beurteilung des Falles.

      • Rainer Stratmann auf 6. Juli 2023 bei 23:57
      • Antworten

      Das hier Veröffentlichte ist eine Art öffentliche Verteidigungsschrift mutmaßlich derer, die den Richter mutmaßlich (mit) verteidigen.

      Und, wo ist das Problem?

    • Restrisiko PEI auf 12. Mai 2023 bei 14:16
    • Antworten

    „Jana Schwiek@JanaSchwiek 7h

    Die StA Berlin möchte keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen die STIKO einleiten
    1/

    Der Inhalt der Strafanzeigen wird nicht ansatzweise reflektiert, was die eindeutige Botschaft vermittelt, dass man sich dort nicht für Fakten interessiert, sondern sich lieber pauschal auf längst widerlegte Narrative bezieht.
    2/“

    https://nitter.net/JanaSchwiek

    Hier die zwingende Begründung der Staatsanwaltschaft:

    https://nitter.net/pic/orig/media%2FFv5uQJYWwAIo6Kr.jpg

  1. Richterin riskiert ihr Richteramt, weil sie ihren Vater als Seelsorger Zugang zu einer Palliativpatientin verschafft hat:
    https://www.lto.de/recht/justiz/j/anklage-thueringen-vater-seelsorger-corona-richterin-rechtsbeugung/
    Ich vermute, dass man auch hier besonders hinterher ist, weil die Richterin sich nicht verbehaltlos dem Coronanarrativ gebeugt hat. Wäre es ein Pro-Corona-Urteil gewesen, hätte man sicher milde über die Befangenheit hinweg gesehen. Außerdem finde ich es lustig, dass sich nach dem Bundesnotbremse-Dinner mit der Regierung das Bundesverfassungsgericht noch wagt, über die Befangenheit anderer Richter zu urteilen.

    • Alleth Guth-Soh auf 10. Mai 2023 bei 22:12
    • Antworten

    Juristisch folgenlose Anwaltsrhetorik:

    „Tobias Ulbrich
    @AnwaltUlbrich
    50m

    Thema heute: „TO BIG TO FAIL – wenn die Straftaten jedes denkbare Ausmaß sprengen“ und deshalb alle an der Vertuschung, Verdunklung und Verharmlosung mitwirken und deshalb Aufklärung und strafrechtliche Verfolgung niemals zugelassen wird.

    Gedanken und Ansichten zu möglichen strafrechtlich relevanten Vorgängen:
    – aus Gewinnsucht bedenkliche Arzneimittel in den Markt gebracht zu haben und dadurch nicht nur Menschen geschädigt, sondern auch den Tod billigend in Kauf genommen zu haben

    – aus Gewinnsucht gegenüber den Ärzten im Vertrieb nicht wahrheitsgemäß über die Risiken informiert zu haben, um die Impflinge arg- und wehrlos dem Irrglauben auszusetzen, dass das Gentherapeutikum „wirksam und sicher“ sei.

    – irreführende Informationen über das Bundesministerium der Gesundheit, #RKI und #PEI verbreitet zu haben, um den Absatz als Vertriebspartner zu steigern.

    – das Zulassungsverfahren nicht eingehalten und möglicherweise auch korrumpierend manipuliert zu haben.

    – die Medien mit Falschauskünften versorgt zu haben und/oder deren Falschinformation zuzulassen und zu dulden, um damit unter Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums Absatz zu ermöglichen, zumindest aber zu fördern.

    – Sozialpsychologisch mit allen westlichen Regierungen kollusiv ein Zwangssystem gegen die Bürger errichtet zu haben, das nur einem Ziel diente – den Absatz der Impfstoffe zu fördern, weshalb alternativ vorhandene Behandlungsmethoden unterdrückt wurden und deshalb freiheitsentziehende Maßnahmen und Maßnahmen der sozialen Ausgrenzung als Nötigungsmittel eingesetzt wurden.

    – die Medien entgegen Ziffer 14 Pressekodex zur Dauerwerbesendung für #Impfungen auf allen Kanälen instrumentalisiert zu haben und bis heute Kampagnenjournalismus zu betreiben, um den Tätern die Früchte ihrer Taten zu sichern.

    – die Menschen mit sozialpsychologischem Druck ihren freien Willen manipuliert und dadurch gebrochen zu haben, um jeden in die Impfung zu nötigen, die bei Kenntnis aller Umstände freiwillig eine solche Entscheidung niemals getroffen hätten.

    – Ärzte mit steuerfreien enormen Impfprämien korrumpiert zu haben, gegen ihren ärztlichen Eid verstoßend, blind und in völliger Unkenntnis der Risiken Stoffe verimpft zu haben, die ihnen ohne Beipackzettel und Inhaltsdeklaration hingestellt wurden, deren Inhalt und Toxität sie nicht kannten und von denen sie ab Juni 2021 auch die Schädigung ihrer Impflinge billigend aus Gewinnsucht in Kauf nahmen und deshalb auch keinerlei genügende Aufklärung, sondern vielmehr Impfwerbung zur eigenen Gewinnmaximierung betrieben.

    – Zur Verdunklung und Vertuschung der Taten werden nun gesundheitliche Schäden der Impfung geleugnet und es wird flächendeckend unterlassene Hilfeleistung betrieben, weil sich niemand mit seiner eigenen Schande befassen will.

    – Staatsanwälten ermitteln auf mutmaßliche Weisung der Justizminister nicht und begehen damit Strafvereitelung im Amt.

    – Richter wurden angewiesen, den Freiheitsentzug in eine Freiheitsbeschränkung umzudefinieren, damit die Absonderung nicht zu staatlichen Kompensationszahlungen führt.

    – Das Bundesverwaltungsgericht beugte das Recht als es die Duldungspflicht der Impfung am 07.07.2022 Aufrecht erhielt, was sich noch als Wehrzersetzung und Rechtsbeugung erweisen wird, die Soldaten Gefahren für Leib und Leben als Zwang ausgesetzt zu haben.

    – Der Generalbundesanwalt, der als Einziger im Juni 2021 hätte auf meine Strafanzeige hin alles beenden können, schloss auf mutmaßliche Weisung der damaligen Justizministerin die Augen, da sich ja die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hatte, jedweden Schaden von der Pharmaindustrie fernzuhalten. Da ging ein Ermittlungsverfahren natürlich weisungsgemäß nicht.

    – Alle Geschädigten machen derzeit die gleiche Erfahrung, dass jede Staatsanwaltschaft in Impfschadensfällen alles einstellt.

    Für jeden Bürger ist die Frustration und Machtlosigkeit,der Willkür ausgesetzt zu bleiben,erdrückend. Der Rechtsstaat wird hier beerdigt.“

    https://nitter.net/AnwaltUlbrich

    • Rainer Zwerschke auf 30. April 2023 bei 23:59
    • Antworten

    Wenn der Fall tatsächlich so eindeutig läge wie von Ihnen vorgetragen, wäre der zuständige (die Anklage erhebende) Staatsanwalt und der die Anklage zulassende Richter ja ihrerseits nach § 344 Abs. 1 Satz 1 StGB zu bestrafen.
    Daß diese Juristen sich diesem Risiko aussetzten kann ich mir kaum vorstellen.
    Daß die Anklage recht dünn ist und voraussichtlich nicht zu einer Verurteilung führen wird – besonders nicht (mehr) bei der jetzigen Stimmung – mag durchaus zutreffen; daß sie aber gänzlich unhaltbar sein soll ist schon eine recht starke Behauptung die, wenn sie dennoch zuträfe, von Ihnen mit einer entsprechenden Strafanzeige gewürdigt werden sollte.

    Interessant fand dich den Punkt mit der Vorbefassung. Vielleicht sollte Herr Dettmar den Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen; schließlich hat der den Eröffnungsbeschluß unterschrieben, hat sich also schon ein Urteil gebildet ;-). Dann hätte das Gericht wohl Schwierigkeiten diesen Punkt im Sinne der Staatsanwaltschaft zu verwerten.

      • Juergen Ilse auf 23. August 2023 bei 13:11
      • Antworten

      Die Staatsanwaltschhaft ist weisungsgebunden (dem Justizministerium unterstellt). Wenn also „von ganz oben“ die Anweisung kommmt, das zu verfolgen, hat sich die Staatsanwaltschaft zu fuegen. Was den Richhter anbetrifft: ommeglicheerweise, aber sicher bin ich mir da auch nicht, ob es fuer einen berechtigten Vorwurf der Rechtsbeugung ausreicht. Das (heute verkuendete) Urteil gegen Richter Dettmer (2 Jahre auf Bewaehrung wegen Rechtsbeugung) ist aber in meinen Augen dennoch ein Skandal.

    • Prof.Dr.Gernot Hoffmann auf 24. April 2023 bei 19:27
    • Antworten

    Vielen Dank für diese gewaltige Arbeit!

  2. Danke für die unschätzbare Arbeit die Sie leisten. Nicht nur diese Analysen auch andere von Ihnen veröffentlichte Artikel sind von unschätzbarem Wert in einer Zeit in der das Recht immer mehr ein Instrument der Politik zur Durchsetzung politischer Ziele zu werden droht.

    Das Verfahren gegen den aufrichtigen Richter Dettmar ist nur schwer erträglich. Zu sagen, daß dieses Verfahren eines Rechtsstaates unwürdig ist, wäre zu wenig, es ist ein Justizvergehen das selbst eine Ahndung verlangt, um weiteren Schaden von unserem Justizsystem und unserem Rechtsstaat abzuwenden.

    Gegen diejenigen, die das Strafverfahren gegen den Richter Dettmar angestoßen und gegen diejenigen die es eingeleitet haben, ist ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung gem. § 164 StGB einzuleiten.

    Das betrifft wohl den grünen ehemaligen Justizminister Dirk Adams, auf dessen Weisung hin offenbar das Strafverfahren gegen Richter Dettmar eingeleitet worden ist und das trifft auch auf diejenigen Staatsanwälte zu, die dieser Weisung wider besseres Wissen Folge geleistet haben und das Verfahren gegen den Richter eingeleitet haben und es dann bis hin zur Anklage vorangetrieben haben und bis heute vorantreiben, in dem Wissen, daß die Anschuldigungen ungerechtfertigt sind und der Angschuldigte bzw. jetzt Angeklagte unschuldig ist.

    […]

    • Bettina auf 20. April 2023 bei 14:04
    • Antworten

    Bei meinen Überlegungen zu dem Fall bin ich auf den § 155 FamfG gestoßen. Zu diesem Gesetz habe ich leider keinen Kommentar, sodass ich hier aber einen aus dem www. kopiert wiedergeben möchte -in leicht gekürzter Form-, auch wenn bei der Überschrift ein Fehler unterlaufen ist, da es sich ja nicht um eine Norm aus dem BGB handelt. Auch ohne Kommentar ist es es sehr einleuchtend, dass bei einer Kindeswohlgefährdung rasch gehandelt werden muss. Und nicht erst ein Sachverhalt hin und hergeschoben werden kann, um dann das
    – nach einer Ansicht – sachlich zuständige Gericht zu finden, wie es ja wohl von dem Familienrichter gefordert wurde, wie es an einer Stelle von diesem Beitrag heißt und auf dem wohl der „Ärger“ (vermeintlicher weise) beruht.

    Der Artikel:

    Das Vorrangs- und Beschleunigungsgebot im Bürgerlichen Gesetzbuch

    Der deutsche Gesetzgeber hat erkannt, dass im Familienrecht oftmals rasche Entscheidungen gefordert sind und ein langwieriges Gerichtsverfahren in diesem Bereich der Sachlage nicht angemessen ist.

    Um eine wesentliche Erleichterung familiengerichtlicher Verfahren zu erreichen, wurden in § 155 FamFG das sogenannte Vorrangs- und Beschleunigungsgebot juristisch verankert. Hierbei handelt es sich um eine der zentralen Gesetzesgrundlagen im Familienrecht, die sich speziell mit den Verfahren in Kindschaftssachen befasst.

    Zunächst geht § 155 FamFG auf das Anwendungsgebiet des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots ein. Demzufolge findet dieser Grundsatz immer dann Anwendung, wenn es um familiengerichtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht, dem Aufenthalt, der Herausgabe oder eine Kindeswohlgefährdung geht.

    Kern des Vorrangs- und Beschleunigungsgebot ist der Grundsatz, dass das gesamte Verfahren im Zuge eines einzigen Termins geregelt werden soll. Wenn es um Kindschaftssachen gemäß § 155 Abs. 1 FamFG geht, sind die Gerichte somit zu einem beschleunigten Verfahren angehalten..

    Kindschaftssachen sollten rasch geklärt werden

    In Anbetracht der Tatsache, dass Kindschaftssachen nach § 155 Abs. 1 FamFG in nur einem einzigen Termin verhandelt werden, erfüllt das Vorrangs- und Beschleunigungsgebot seinen Zweck voll und ganz. Durch das beschleunigte und zudem vorgezogene Verfahren kann rasch eine Lösung gefunden werden, die das Wohl des Kindes sicherstellt und zudem für alle Beteiligten zu keiner dauerhaften Belastung wird.
    Solange der Aufenthalt eines Minderjährigen oder dessen Umgang nicht geregelt ist, befindet sich das gesamte Familienleben gewissermaßen in einer Schwebe und die Unsicherheit bezüglich des Ausgangs des Verfahrens bestimmt mitunter den Alltag. Folglich ist das Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Kindschaftssachen von immenser Wichtigkeit für alle Beteiligten, jedoch vor allem für das Kind selbst.
    Familiengerichte handeln beschleunigt bei Kindeswohlgefährdung
    Vor allem im Bereich der Kindeswohlgefährdung erweist sich das juristisch verankerte Vorrang- und Beschleunigungsgebot nicht nur als hilfreich und sinnvoll, sondern ist vielmehr dringend erforderlich. Liegt eine Gefährdung des Kindeswohls vor, ist die Entwicklung des Kindes, mitunter sogar dessen Leben, akut bedroht, so dass die Behörden umgehend reagieren müssen, um das Kind zu schützen. Damit dies rechtlich durchführbar ist und es nicht erst zu einem langwierigen Gerichtsverfahren kommt, währenddessen das Kind weiterhin der jeweiligen Gefahr beziehungsweise gefährdenden Situation ausgesetzt ist, ist das Vorrang- und Beschleunigungsgebot dringend erforderlich.
    Dass es tatsächlich bereits am ersten Termin zu einer Entscheidung kommt, sieht der Gesetzgeber so vor. So muss das Familiengericht eine einstweilige Anordnung verfassen. Für die an einem familiengerichtlichen Verfahren Beteiligten erscheint das Vorrangs- und Beschleunigungsgebot zunächst überaus vorteilhaft, schließlich ist ein langes und somit besonders kostspieliges Verfahren hierdurch praktisch ausgeschlossen.

    Gleichzeitig erweisen sich familiengerichtliche Maßnahmen im Zuge dessen für den zuständigen Richter beziehungsweise die zuständige Richterin als enorme Herausforderung, da bereits bei dem ersten Termin, in dessen Rahmen eine Anhörung der Beteiligten stattfindet, eine Entscheidung getroffen werden muss.

    • Suse Knuth auf 20. April 2023 bei 10:48
    • Antworten

    Eine Frage zu Punkt 6, die sich mir als juristischer Laiin nach Lesen des Artikels stellt: Ist es tatsächlich so, daß der Richter für die anderen Kinder dieser Schule nicht hätte miturteilen dürfen, solange sie nicht (theoretisch) in seinen richterlichen Verantwortlichkeitsbereich gefallen wären? Und gilt dies prinzipiell, d. h. gibt es hier im deutschen Recht keine Ausnahme bei bspw. Gefahr im Verzug? (Ich meine hier ausdrücklich nicht die behandelte Rechtsbeugung)

    Für mein Dafürhalten ist ja die Maskenpflicht, wie sie (mit allen sonstigen irren Hygienevorschriften) an den meisten deutschen Schulen Vorschrift war, definitiv eine Gefahr für die psychische und physische Gesundheit aller Kinder. Um aber von diesem Beispiel — das ja leider seiner Anti-Corona-Maßnahmen-Haltung wegen von vielen nicht inhaltlich ernst genommen wird — wegzukommen, hier mal ein anderes theoretisches Exempel:
    Jemand weist einen Richter am Familiengericht darauf hin, daß bei Pflegeeltern oder in einem Internat ein Kind brutal mißhandelt wird. Der Richter stellt daraufhin Nachforschungen an und stellt fest, daß ja, dieses Kind dort brutal mißhandelt wird, aber eben nicht nur dieses eine Kind, sondern auch andere dort befindliche Kinder. Wäre es dann tatsächlich mit deutscher Rechtsprechung vereinbar, daß man ein Urteil zum Aus-der-Familie (bzw. aus dem Internat)-nehmen nur für das ursprünglich angedachte Kind fällen dürfte, obwohl die Gefahr für die anderen dort lebenden Kinder genauso hoch wäre? Und zwar nur, weil dieser Richter für die anderen Kinder nicht zuständig wäre? Gibt es dafür wirklich keine Ausnahmen?

    Das entsetzt mich schon ein bißchen, aber vielleicht gibt es ja doch ein Hintertürchen (welches dann im Falle von Richter Dettmar aber auch gelten sollte). Über eine Antwort hier im Blog würde ich mich sehr freuen.

  3. Nach einer solchen vernichtenden Schlappe für die zur juristischen Schlägertruppe umfunktionierte Staatsanwaltschaft, die offensichtlich vom Justizminister persönlich beauftragt wurde, den Richter fertig zu machen, gehört der eigentliche Prozess gemacht und der zuständige Justizminister müsste ohne wenn und aber seinen Posten für einen neuen Minister freigeben, der näher am Volk ist und weniger der Masken- und Pharma-Lobby nahe steht.

    Aber eine solche Zweckentfremdung von Staatsanwaltschaften sieht man ja genauso beim Verfassungsschutz und bei der über Gebühr brutal vorgehenden Polizei. Dieses ganze Vorgehen lässt nur einen einzigen Schluss zu, dass wir auf bestem Weg sind eine Diktatur zu werden. Traurig aber wahr.

    Umso mehr feiere ich diesen mutigen, komptetenten und aufrechten Richter, der sich nicht einschüchtern liess. Ein leuchtendes Beispiel für alle Richter, die noch an die DEMOKRATIE und die Gewaltenteilung glauben und sie auch leben!

    • Paul Un-Ehrlich auf 19. April 2023 bei 11:10
    • Antworten

    „Demnach würde die gesetzliche Aufgabe der Arzneimittelsicherheit wissentlich nicht ordnungsgerecht erfüllt, weil offenkundige methodische Fehler begangen werden, die trotz begründeter und nachvollziehbarer Kritik weiterhin – gegen alle bislang anerkannten und tradierten Standards guter Praxis – reproduziert werden. Es liegt auf der Hand, dass auch für staatliche Behörden die allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards und Methoden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Berücksichtigung finden müssen.

    Gesetzt den Fall, Mitarbeiter des PEI legten tatsächlich bei der Sicherheitsanalyse wissentlich methodisch unrichtige Maßstäbe an, dürfte es sich nicht nur um Pflichtverletzungen im inneren Dienst-, das heißt Beamtenrecht, handeln. Zur Aufgabe der Behördenleitung gehört die Organisationspflicht, ein mögliches derartiges Fehlverhalten, sobald es bekannt geworden ist, unverzüglich zu prüfen und nötigenfalls zu unterbinden. Neben den unmittelbar handelnden Bediensteten der Behörde wären in diesem Falle auch die jeweiligen Vorgesetzten allesamt von Geschädigten haftungsrechtlich verantwortlich zu machen.

    Hegt ein Impfgeschädigter also den Verdacht, dass das PEI eine ihm nachteilige Behandlung durch frühzeitigere Warnungen hätte verhindern können, kommen sogenannte Amtshaftungsansprüche gegen die Verantwortlichen in Betracht, die nach geltendem deutschen Staatshaftungsrecht bei den Zivilgerichten eingeklagt werden können. Einschätzungen aus Anwaltskreisen zufolge sollten Geschädigte sich hier nicht auf Staatsanwaltschaften verlassen, die entsprechende Körperverletzungsdelikte strafrechtlich prüfen. Denn im Strafrecht gilt auch für Behördenmitarbeiter der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.

    Anders ist das im zivilrechtlichen Schadensersatzrecht. Dort gibt es Anscheinsbeweise, Beweiserleichterungen und Beweislastumkehrungen zugunsten von Opfern, die ihre Verletzung glaubhaft machen können. Vielleicht begleichen also Zivilgerichte hier demnächst ein wenig jene Schuld, die durch die zögerliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in der Maßnahmen- und Impfkrise verursacht wurde.“

    https://www.achgut.com/artikel/Corona_impfung_nebenwirkungen_dunkelziffer_leugner_im_paul_ehrlich_institut

    1. @Paul Un-Ehrlich

      Da die Regierung die Hersteller der Impfstoffe aus der Haftung befreit hat, selbst ebenfalls nicht haftbar zu machen ist, bleibt also nur, die Mitarbeiter der niederen Ränge in den Behörden sowie deren Vorgesetzte zur gerichtlichen Verantwortung zu ziehen, wie ich Sie verstehe.

      Das eigentlich Infame an dieser Affäre ist somit, dass das Volk untereinander durch diese weltweit durchgeführte Aktion gespalten worden ist und nun Einzelpersonen gegen andere Einzelpersonen klagen müssen. Im Grunde wurde dadurch erreicht, was für ein Volk das Schlimmste ist: Dass Bürger gegen Bürger vorgehen, womit diejenigen, die die Sache ins Rollen brachten, unbehelligt zu bleiben scheinen. Es ist frustrierend, weil man so etwas hat kommen sehen. Psychologisch betrachtet, war klar, dass diese ganze Sache für Unfrieden und Uneinigkeit sorgen würde und wenn der Normalbürger sich untereinander als Feind betrachtet, dass damit die Mission ihre Erfüllung fand.

      Zu hoffen ist, dass unbewusste lebendige Kräfte dafür sorgen, dass die Menschen, die sich in den stressreichsten Phasen dieser Zeit wieder einander annähern und ihre Feindschaften begraben.

    • Klaus Siebert auf 19. April 2023 bei 7:51
    • Antworten

    Ihre nüchterne Analyse ist so wohltuend. Sie schreiben zu Recht, die Anklageschrift sei selbst ein Dokument der Zeit. Als emotional denkender Mensch deprimiert und beschämt mich das Vorgehen der Staatsanwälte, die hier so verbissen ideologisch, aggressiv und tatsächlich totalitär agieren. Die hier zu Tage tretenden Denkmuster sind doch eher in Nordkorea zu vermuten. Mann hat wohl vergessen, dass Mindermeinungen ein Geschenk sind. Es lohnt sich, sie ernst zu nehmen und ebenfalls zu hinterfragen. Es lohnt sich zur Rechtsfindung – neben dem Blick ins Gesetz – auch immer ein Blick in die Bibel und die Frage nach der eigenen Verantwortung vor unserem Schöpfer:

    „Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.“
    (Jesaja 5, 7)

      • Bettina auf 20. April 2023 bei 12:56
      • Antworten

      Ich stimme Ihnen zu.
      Es ist Rechtsbruch. Die Verfolgung Unschuldiger und die unterlassene Verfolgung der wirklich Schuldigen.

      Auch falls es auf Grund meines Kommentars wieder Ärger geben sollte, möchte ich an dieser Stelle nochmal wiederholen, was ich schon an anderer Stelle hier bei KRiSta – wo es um die Maskenpflicht geht – wiederholen. Meines Erachtens sind die Verordnungen – nicht nur diese, aber auch – wegen der Maskenpflicht formell und materiell nicht rechtsmäßig ergangen.

      Nach dem früheren Arzneimittelproduktegesetz, dass leider jetzt auch geändert und daher schwerer zu durchschauen ist – war es eindeutig verboten Arzneimittelprodukte unrechtmäßig oder in dem Fall unsachgerecht anzuwenden. Nach der neuen Verordnung gilt allerdings ähnliches.

      Nach meiner Ansicht stellen daher die Anordnungen zu überlangen Maskentragens, wie sie ja Schulkinder und Angestellten in medizinischen Einrichtungen, schrecklicherweise ausgesetzt waren, eine Anstiftung zur unrechtmäßigen Anwendung eines medizinischen Produkts dar.

      Oder es liegt bei der Täterschaft nicht die Anstiftung vor, sondern mittelbare Täterschaft (§ 25 I Alt.2 StGB), falls bei dem unmittelbarem Täter ein Defekt auf einer Ebene vorliegt, wie auf der Vorsatz-, Rechtfertigungsebene oder Schuldebene.

        • Ingo Neitzke auf 25. April 2023 bei 17:30
        • Antworten

        Zu „Die Verfolgung Unschuldiger und die unterlassene Verfolgung der wirklich Schuldigen.“
        und zu „… schwerer zu durchschauen …“

        Beides ruft nach einem Tätigwerden. Bis jetzt scheine ich der Einzige zu sein, der sich das wünscht. Was im Hintergrund läuft, kann ich natürlich nicht sehen.
        Was möchte mir und anderen dazu die Blog-Redaktion empfehlen?

      • Klaus Siebert auf 23. April 2023 bei 23:50
      • Antworten

      Nachtrag:
      Die Assoziation zu Nordkorea erscheint mir nachträglich nicht sonderlich hilfreich. Im Übrigen dürfte aber die Anordnung der Hausdurchsuchungen (!) für die beteiligten Beamten die Pflicht zur Remonstration gem. § 36 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz ausgelöst haben. Insbesondere ist m.E. auch Satz 4 erfüllt. Dies könnte auch das Festhalten der Staatsanwaltschaft an ihren groben Verfehlungen erklären.

    • MUUUFNE auf 18. April 2023 bei 14:35
    • Antworten

    Mit welcher Begründung wird die Verlegung vom 18.04.2023 auf den 15.06.2023 untermauert?

    Danke für die lehrreiche Analyse der sich selbstentlarvenden Exponenten.
    Die Dunkelheit (Unrecht an gesunden Kindern) wiegt extrem schwer – a b e r – wird das LICHTERMEER von millionen Kerzen unserer Menschheitsfamilie niemals auslöschen.

    Meine Hochachtung an den weimarer Familienrichter, Herrn Christian Dettmar

  4. Diesem ehrenwerten Richter wird Rechtsbeugung vorgeworfen und ich bin zwar juristischer Laie, aber wenn ich die Abhandlung so lese und richtig verstehe, dann frage ich mich, ob nicht bei der Rechtsanwaltschaft Rechtsbeugung vorliegt. Allerdings dürfte diese schwer zu beweisen sein, zumal es in Deutschland mit der Gewaltenteilung nicht allzuweit herein dürfte und das Justizministerium der Staatsanwaltschaft gegenüber weisungsbefugt ist.
    Ein Schelm, wer Böses denkt!

    • Dr. Ric Albrecht auf 18. April 2023 bei 13:34
    • Antworten

    Ihren kritischen Sachstandsbericht zum „Weimarer“ Fall, der Amtsrichter beeindruckte mich damals wegen seiner nachhaltigen Sachkunde im Problemfeld „Corona“, halte ich für richtig und wichtig. Auch wenn ich analytisch andere, weitergehende, Schlüsse zöge. So daß sich der Komplex „Rechtsbeugung“ anders darstellte. Aber das bleibt ja jedem oder jeder selbst überlassen. Besonders was die Rolle speziell der Staatsanwaltschaft in Thüringen als weisungsgebundene und damit abhängige Behörde angeht. – Wie auch immer: Dank für Ihren Sachstandsbericht zum „Fall“ Dettmar, der im Kern der Fall – leider nicht im Doppelsinn – der Erfurter Staatsanwaltschaft ist.

    • Thormann auf 18. April 2023 bei 12:53
    • Antworten

    Eine sehr gute und kenntnisreiche Aufarbeitung des Falles, die auch für Nichtjuristen wie mich leicht verständlich ist. Wie Sie ja selber schreiben, findet hier ein politischer Prozess statt. Während in den Verwaltungsgerichten offenbar noch Restbestände von Rechtsbewusstsein existieren, scheint es in den übrigen Gerichtsbarkeiten damit nicht mehr weit her. Was Wunder auch, wenn die Politik die höchsten Richterämter besetzt, und das bestimmt nicht mit den ihnen kritisch gesonnenen Geistern Harbarth ist dafür ein aktuelles und beschämendes Beispiel.

    Ich bin nicht sicher, ob es gelingen kann, unser Land wieder zu einem Rechtsstaat zu machen, nachdem linke Ideologen das Rechtssystem schon so weit unterwandert haben, dass ein Schauprozess gegen einen Richter möglich ist. Wie sagte Mao? Bestrafe einen, erziehe hundert. Mit dem Fall Dettmar soll wohl die Richterschaft mit einer sublimen Drohunh auf Kurs gebracht werden. Das Beispiel des Juristen Maaßen hat wohl noch nicht gereicht.

  5. Wie kommen Sie auf den Gedanken, der Richter habe sich missbrauchen lassen oder könne etwa keine eigene detaillierte Begründung formulieren? Das ist schon eine recht steile Annahme, wenn Sie ihn nicht persönlich kennen. Ich korrigiere mich, ich erwarte keine Antwort auf meine Frage.

  6. Ein herzliches Danke für diesen ausführlichen Text! Großartig geschrieben! […]

    Was Richter Dettmer getan hat, ist darum in meinen Augen, einer der streitenden Parteien Gehör gegeben zu haben, was, wenn wir das Gesamtgeschehen berücksichtigen (was im obigen Artikel exzellent getan wurde), bei dem man den Eindruck bekam, dass nicht nur nicht ausreichend gestritten wurde, sondern sogar der Streit selbst als überflüssig bis anstößig bewertet worden ist. Seine Parteilichkeit soll ihm daher nicht zur Last gelegt, sondern zur Entlastung dienen. Denn auf der weiten Flur war mehr als offensichtlich, dass er mit seinem Richterbeschluss das Borg-Kollektiv auf sich aufmerksam machte, dass noch immer versucht, abtrünnige Drohnen zu assimilieren. Ich hoffe, es wird nicht gelingen und es erfolgt ein Freispruch.

    Man kann sich zudem fragen, warum so schnell ein neues Infektionsschutz-Gesetz verabschiedet wurde, gegen das dann „zum Nachteil einer Mehrheit“ verstoßen werden könnte. Aber auf die Idee, dass diese Mehrheit gerade wegen des eingeführten Gesetzes als solches zustande gekommen ist, kommen diejenigen nicht, die dieses Gesetz ohne Wenn und Aber akzeptiert haben.

    […] Die Verhängung eines Gesetzes auf der Grundlage eines ausgerufenen „Notstandes von nationaler Bedeutung“ wurde von den Demonstranten und Gegnern der Maßnahme in Frage gestellt, weshalb diese Menschen das Grundrecht in Anspruch nahmen, sich gegen staatliche Maßnahmen zu wehren.

    Andernfalls gäbe es keine Notwendigkeit für dieses Grundrecht, da der Einzelne in einem normalen Staat durchaus in der Lage ist, sich gegen andere Einzelpersonen zu verteidigen, aber nicht gegen einen starken Staat, der etwas in ein Gesetz aufnimmt und dann so tut, als wäre Widerstand nicht mal denkbar.

    Ist eigentlich für eine akute Notsituation ein neues Infektionsschutz-Gesetz erforderlich?
    Wäre die Ausrufung des Ausnahmezustands an sich nicht schon ausreichend? Wurde mit dem Gesetz nicht versucht, den Ausnahmezustand in eine Normalität zu verwandeln? Und auch wenn dieser Zustand wieder für beendet erklärt wurde, so besteht das Gesetz doch weiter (sehe ich das richtig?). Eine ganze Nation soll also dem zustimmen? Eigentlich die ganze Welt?

    Nicht nur für die Zeit des Ausnahmezustands sollen alle zustimmen, was sinnvoll ist, wenn es einen solchen Zustand gibt und man die Notwendigkeit nicht nur vermuten oder vorhersagen will, sondern tatsächlich und täglich spürt und erlebt. Über die Ausrufung des Notstands würde im Grunde das Offensichtliche ausgerufen, weil ein solcher Notstand, der von großer Gewalt und Dringlichkeit ist (das Wesen einer Katastrophe), keiner Ankündigung bedarf, oder nicht? Katastrophen treten unabhängig davon auf, ob sie als „Notfälle großen Ausmaßes“ bezeichnet werden. Jeder würde seine Folgen unmittelbar erleben. Und sich entsprechend vernünftig verhalten wollen. Doch bevor das Volk sich vernünftig verhalten konnte, wurde ihm gesagt, dass es das gar nicht könne. Das zeugt von einem tiefen Misstrauen zu sich und zu anderen.

    Immer der Logik des Gehorsams folgend, sollten keine Formen der Uneinigkeit oder des Widerspruchs sichtbar werden, und schon gar nicht in „lautstarker“ Form. Am besten nur „leise“ oder „unauffällig“, womit man im Grunde gleich „gar nicht“ sagen kann.

    Denn die lautstarke Form der angeblichen Mehrheit, besorgt um die Aufhetzung des Volkes, konnte gar nicht laut genug auf ihrer Seite sein, die Stimmen der Minderheit schon im Keim zu ersticken, sie anzuprangern, zu verhöhnen und ihr lautstark (!) Mord und Skrupellosigkeit zu unterstellen.
    Es ist wichtig, sich diesen Schuh nicht anzuziehen, genauso wie hier dem Richter nicht unterstellt werden braucht, er habe nicht an das Wohl der Schüler gedacht. Wer so argumentiert, dass es irgendeinen Eigennutz haben würde, man also nur „angeblich“ an das Wohl von Menschen dächte, aber nicht „wirklich“, der sagt mehr über sich – und sein schlechtes Menschenbild – als über andere aus.

    In diesem Zusammenhang denke ich an die zynische Äußerung einer Freundin, die sagte: „Wieso, es haben doch jede Menge Leute ihren Profit aus der Sache gezogen.“ Wie Recht sie hat. Wo ist dieser Profit auf der Seite der Kritiker zu finden? Alle, die sich in der brisanten Zeit als kritisch outeten, wussten genau, dass sie auf eine breite Front von Ablehnung treffen würden, das war kein Geheimnis. Wenn es nur Ablehnung gewesen wäre, könnte man damit leben, denn abgelehnt werden ist noch keine Kündigung des Arbeitsplatzes oder Verlust von Einkommen und beruflicher Reputation. Wobei schon auch der sozialen Ausschluss aus privaten Beziehungen für einige als derartig drastisch erlebt wurde, dass dabei Beziehungen zu Bruch gingen oder Schlimmeres. Dazu könnte man aber sagen, dass die Beziehungsproben als solche einige Dinge in der Intimsphäre klar gemacht haben, was nicht das Schlechteste ist, wenn man sich nicht innerlich hart macht.

    Danke an alle Kommentatoren, es war gut, diese zu lesen!

    1. Anmerkung des Moderationsteams: Der Text wurde um Passagen gekürzt, die keinen unmittelbaren Bezug zum Thema des Beitrags aufweisen.

        • Theodor Danninger auf 18. Mai 2023 bei 16:31
        • Antworten

        Dies ist kein Kommentar sondern eine Berichtigung:
        Zitat:
        …Anstelle des Familiengerichts wäre das Verwaltungsgericht zuständig gewesen. Auch in dem Durchsuchungsbeschluss vom 22.04.2021, auf dessen Grundlage am 26.04.2021 die Wohnung und das Dienstzimmer von Richter Dettmar von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsucht wurden, wurde der Tatverdacht ausschließlich mit dem Vorwurf begründet, dass das Amtsgericht nicht zuständig gewesen sei…
        soll wohl heissen: … dass das Familiengericht nicht zuständig gesen sei… oder:.. dass das Amtsgericht zuständig gewesen sei.

        Vielen Dank für die profunde Aufarbeitung

          • Juergen Ilse auf 23. August 2023 bei 12:58
          • Antworten

          Ist das Familiengericht nicht Teil des Amtsgerichhts? Es ging bei der Frage der Zustaenigkeit daum, ob das Familiengericht oder (weil es um einen „Verwaltungsakt“ ginge) doch das Verwaltungsgericht.

        • Theodor Danninger auf 18. Mai 2023 bei 16:40
        • Antworten

        Entschuldigung, muss mich korrigieren. Der Satz war richtig

          • Theodor Danninger auf 20. Mai 2023 bei 15:11
          • Antworten

          Die Staatsanwaltschaft Erfurt agiert im Fall des Richters aus Weimar, ihrem Namen gemäß als Anwalt eines (falsch informierten und fehlgeleiteten) Staates.
          Richter D. hat nur das getan, wofür ein Familiengericht da sein sollte: U.A. Kinder, ohne zeitliche Verzögerung, vor den unverhältnismäßigen, die geistige und physische Gesundheit gefährdenden Maßnahmen durch falsch informierte und fehlgeleitete Erwachsene zu schützen.

          Falsch informiert und fehlgeleitet waren damals – zumindest für eine gewisse Zeit- (fast) alle.in diesem Land.
          Heute wissen wir es besser.
          Damit gilt auch für die Staatsanwaltschaft Erfurt:
          Einmal aufgewacht, kannst du nur als absolut Hirntoter wieder in die Matrix zurückkehren. Andernfalls, werden dich die schlechten Träume über deinen Verrat an der Menschlichkeit für immer heimsuchen.

  7. Guten Tag,
    wer Masken, Tests und Spritzen verlangt gehört auf die Anklagebank. Dem genannten Richter würde ich „Eier“ und Charakter bescheinigen.
    Kinderquälen?? Warum habt ihr Institutionen mitgemacht ihr Jugendämter, Gesundheitsämter, Zirkus Tasifan, Schulen, Ministerien usw.
    Was ist los mit euch allen?
    Meiner Tochter wurde nicht die Giftige Lebensgefährliche Injektion verabreicht danke dem Richter für seine weitsicht.

    Ich bin kein Jurist nach meinem Rechsversändnis und Dafürhalten gehören Pfizer Chef Bourla, Biontec Shain, Modena, Gates, Van der Layen
    Karl, Jens und Merkel auf die Anklagebank

    • Johannes Kreis auf 17. April 2023 bei 11:25
    • Antworten

    Man muß § 1666 BGB auch einmal andersherum denken, nämlich im Falle einer allgemeinen Impfpflicht. Zwar sah nur einer der beiden knapp gescheiterten Gesetzentwürfe im März 2022 eine Impfpflicht ab 18 Jahren vor (BT Drucksache 20/899 vom 03.03.2022). Aber es wäre nur eine Frage der Zeit (und der Inzidenzfantasien des RKI) gewesen, bis die Impfpflicht auf die gesamte Bevölkerung, für die es einen (EU) zugelassenen Impfstoff gibt, ausgeweitet worden wäre. Wie sollte man es begründen, die Impfpflicht nicht auszuweiten, wenn doch so gute getestete und so sichere (nebenwirkungsfreie) Impfsubstanzen zur Verfügung stehen? Comirnaty (BioNTech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) sind ab 6 Monaten von der europäischen EMA zugelassen, Nuvaxovid (Novavax) ab 12 Jahren. Was hätten dann die Familiengerichte auf Basis von § 1666 BGB gegen Eltern entschieden, die nicht „gewillt“ gewesen wären, ihre Kinder impfen zu lassen?

    Man muß wohl unterstellen, dass sich Richter, die sich der Durchsetzung einer Zwangsimpfung der Kinder oder dem (partiellen) Entzug des Sorgerechts verweigert hätten, in diesem Fall dem Vorwurf der Kindeswohlgefährdung und einer Anklage wegen Körperverletzung ausgesetzt gesehen hätten. An Klägern hätte es in Deutschland bestimmt nicht gefehlt.

    Knapp, sehr knapp sind wird an diesem Horrorszenario vorbeigeschrammt. Schon heute ist es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung so, dass die Weigerung eines Elternteils, das Kind „schutzimpfen“ zu lassen, einen partiellen Sorgerechtsentzug rechtfertigt, BGH, Beschluss v. 3.5.2017, XII ZB 157/16. Wer den STIKO Empfehlungen vertraut, erhält das (partielle) Sorgerecht für die Impfentscheidung (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.08.2021 – 6 UF 120/21). Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des OLG Zweibrücken stellt die strikte Ablehnung der COVID-19 Impfung einen Missbrauch des Sorgerechts dar, der gegen das Kindeswohl gerichtet ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Juli 2022, Az. 2 UF 37/22). Selbst wenn die Kinder gar keine Ahnung haben können, was eine Impfung ist, so ist gemäß dem OLG Zweibrücken die Impfung doch ein „Akt der Selbstbestimmung“.

    Schaut man auf die Empfehlungen in anderen Ländern, so sind die Empfehlungen der STIKO keineswegs zwingend. Die statistische Natur von Impfstudien verbietet schon ganz grundsätzlich einem wissenschaftlichen Zwang, denn das Nutzen-Risiko Verhältnis ist, wenn überhaupt, im Mittel positiv. Von der Grippeschutzimpfung wissen wir, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis in einigen Jahren negativ war. Die Gesellschaft, und damit die Gerichte, muß ihre Einstellung zur Wissenschaft überdenken und von diesem Religionsstatus wegkommen. Richter Dettmar hat das meiner Meinung nach getan. Damit fiel er aus dem Konsens.

    Ein Gerichtssaal ist nicht der richtige Ort, um Wissenschaft zu betreiben. Aber, meiner Meinung nach liegt der Kern des Vorwurfs gegen Richter Dettmar darin, dass er das Glaubensbekenntnis der wissenschaftlichen Konsensmeinung von Drosten, Wieler & Co angezweifelt hat. Das ist Häresie, Gotteslästerung.

    Für mich wiegen die Hausdurchsuchungen bei den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. Christian Kuhbandner, Prof. Dr. Ulrike Kämmer und Prof. Dr. Ines Kappstein schwerer, als der Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit des Richter Dettmar (falls ein „schwerer“ möglich ist). Denn der sachverständige Zeuge schafft mit seiner Aussage Tatsachen. Es ist seine Bewertung, die das Gericht zum Beweis heranzieht und ein Gericht kann nichts anderes entscheiden, als der Beweis hergibt. Umgekehrt kennen wir das vom RKI. Gerichte, die allein die (weiterhin unvollständigen) Daten des RKI herangezogen haben, und das sind eigentlich alle, konnten gar nicht anders entscheiden. Andere Entscheidungen wären erst möglich gewesen, wenn die Gerichte angefangen hätten, den Datensalat von RKI und PEI zu hinterfragen, z.B. indem die Gerichte Daten aus anderen Ländern, wie Schweden, herangezogen hätten.

    Bislang ist es von keinem Gericht gerügt worden, dass gerade keine unabhängigen Sachverständigen gehört werden, wie Prof. Dr. Christian Kuhbandner, Prof. Dr. Ulrike Kämmer und Prof. Dr. Ines Kappstein, sondern weiterhin nur Mitarbeiter der weisungsgebundenen Behörden des Bundesgesundheitsministeriums, nämlich des RKI und des PEI.

    Gegen jede, schon damals verfügbare Evidenz gab es eine von oben verordnete, wissenschaftliche Einheitsmeinung, dass von Kindern eine besondere COVID-19 Infektionsgefahr ausging. Eine Lehrer-Organisation sprach von „kindlichen Virenschleudern“. Heute ist der (neue) Konsens, dass das falsch ist. Die Anklage gegen Richter Dettmar ist, zum einen, dass er Zweifel am wissenschaftlichen Konsens zugelassen hat und, zum anderen, dass er unabhängige Sachverständige dazu gehört hat. So wie es einem unabhängigen Richter zusteht.

    Folgendes noch zu der Unabhängigkeit der deutschen Gerichte.

    Gemäß § 5 Abs. 5 IfSG wird durch die Ermächtigung zur Rechtsverordnung nach § 5 Abs. 2 IfSG das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) eingeschränkt. Auf Basis dieser Ermächtigung wurde speziell für SARS-CoV2 (welche Virusvariante?) eine Rechtsverordnung erlassen. Der Name dieser Rechtsverordnung vom 25.05.2020 („Spahn Verordnung“) ist MedBVSV, „Verordnung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs bei der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie“. Mit § 3 Abs. 1 MedBVSV wurden für SARS-CoV2 zahlreiche Sicherheitsstandards des Arzneimittelgesetzes (AMG) außer Kraft gesetzt. Darunter fallen auch die Impfsubstanzen. Z.B. entfielen die Kennzeichnungspflicht, die Packungsbeilage, das Verbot der Verwendung über das Verfallsdatum hinaus, die staatliche Chargenprüfung und die Pflicht zur Deckungsvorsorge für Schadensfälle. § 3 Abs. 4 MedBVSV hebt die Haftung der Arzneimittelhersteller nach § 84 AMG und damit die Beweislastumkehr zugunsten von Impfopfern auf. Frau RAin Jessica Hamed hatte dazu Anfang April 2023 auf Twitter angemerkt,

    „Der Staat hat durch seine Gesetzesänderung bewusst Schadensersatzansprüche, für die er am Ende aufgrund der Verträge mit den Herstellern haften müsste, letztlich fast vollständig vereitelt.“

    Wahrscheinlich müßte man sogar schärfer formulieren, erst aufgrund der Senkung der Sicherheitsstandards, zusammen mit den „teleskopierten“ Zulassungsverfahren des PEI, die es gestatten sollten 10 – 15 Jahre Entwicklungszeit für einen Impfstoff auf unter ein Jahr zu senken, ist es zu den zahlreichen Impfschäden gekommen. Viele Menschen hätten sich vermutlich nicht impfen lassen, wenn sie gewußt hätten, unter welchen Umständen und mit welchen Haftungserleichterungen die neuartigen mRNA Impfstoffe zugelassen worden sind.

    Während das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) für SARS-CoV2 eingeschränkt wird, bleibt weiterhin die Frage offen, wie die zahlreichen Ausnahmen vom Arzneimittelgesetz geholfen haben den Zweck der MedBVSV zu erreichen, nämlich gemäß § 1 Abs. 1 MedBVSV, die „Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs während der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie“. Wo hat der Ausschluß der Haftung nach § 84 AMG geholfen, die Bevölkerung mit sicheren(!) Arzneimitteln zu versorgen?

    Klaus Ferdinand Gärditz (Uni Bonn) und Florian Meinel (Uni Göttingen) hatten am 26.3.2020 in einem Artikel in der FAZ unter dem Titel „Neues Infektionsschutzgesetz – Unbegrenzte Ermächtigung?“ auf den hochproblematischen Grundrechtseingriff auf Basis einer Rechtsverordnung nach § 5 Abs. 2 IfSG hingewiesen. Mir ist kein Gericht bekannt, dass die sehr fragwürdige Verfassungsmäßigkeit des Blankocheques des § 5 Abs. 2 IfSG angezweifelt hätte. Die Anklage gegen Richter Dettmar und die Zulassung der Klage soll wohl auch abschrecken, nicht zu weit vom verordneten Konsens zur Rechtsauslegung abzuweichen.

    • Detlef Schober auf 17. April 2023 bei 7:27
    • Antworten

    Ist das ganze Verfahren nicht eher eine Rechtsbeugung der Staatsanwaltschaft Erfurt?
    Wer sich inhaltlich nicht mit Gutachten anerkannter Wissenschaftler aus politischen Gründen nicht beschäftigt, ist untragbar in der Rechtspflege.
    Wenn ein Staatsanwalt politisch weisungsgebunden ist, ist er kein Staatsanwal, sondern Politanwalt und Vasall der jeweils herrschenden Regierung.
    Damit ist die Judikative keine Säule der sogenannten Demokratie mehr.
    Womit haben wir es also zu tun in der BRD und vor allem in Erfurt???

  8. In einer der vielen Predigten, die an diesem Sonntag gehalten wurden, in dem u. a. der folgende Vers zitiert wurde : „Wehe denen, die das Böse gut nennen und das Gute böse; die Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis; die Bitteres zu Süßem machen und Süßes zu Bitterem! (5Mo 25,1; Spr 4,17; Jes 32,5; Hes 13,19; Am 5,7; Mi 3,2)“ ist der Theologe W. Nestvogel mit einigen Sätzen auch auf das Verfahren gegen Richter Dittmar eingegangen.

  9. Gibt es schon Entscheidungen darüber, ob die Hausdurchsuchungen rechtens waren? Und wie hängt die Suspendierung von Dettmar mit dem Strafverfahren zusammen? Ab wann müsste die Suspendierung wieder aufgehoben werden?

    • Dr. Hanna Gabriele Lademann Priemer auf 16. April 2023 bei 22:25
    • Antworten

    Ich hoffe sehr, dass das Verfahren gut ausgeht und wünsche allen Beteiligten Kraft und Durchhaltevermögen weiterhin.
    Es wird Zeit, dass ein Zeichen für den Rechtsstaat gesetzt wird.

    • Bettina auf 16. April 2023 bei 17:52
    • Antworten

    Im ersten Abschnitt unter Nr. 2 heißt es, dass der Entscheidung von Richter Dittmar u. a. die Überzeugung zu Grunde lag, das er die rechtlichen Grundlagen für die von ihm kritisch beleuchten Maßnahmen für verfassungswidrig hielt.
    In einem Strafrechtskommentar von Schoenke / Schroeder heißt es zum Rechtsbeugungsparagraph, das auch die Unterlassung von rechtlich gebotenen Handlungen Rechtsbeugung sein kann, wie das Nichtvorlegen eines für verfassungswidrig gehaltenen Gesetz gem. Art. 100 GG.
    Das haben viele Richter leider versäumt, meine ich.

  10. Liebe „KRiStAs“,

    Danke für den langen aber sehr lehrreichen Artikel.

    Danke für euer wirken.

    Danke, dass es euch gibt.

    Beste Grüße,
    Carsten (PolifA)

    • Klaus W. auf 16. April 2023 bei 17:25
    • Antworten

    Den beiden vorigen Kommentaren ist im wesentlichen nichts hinzuzufügen. Ich habe eine 75-jährige Lenebserfahrung und bei klarem Verstand war von Anfang an klar um was es hier gehen soll und noch weiter geht: politisch motivierte Justiz! Und man hat karrieregeile Staatsanwälte oder Staatsanwältinnen gefunden, die, wie diese faktenbasierte Analyse unzweifelhaft aufzeigt, gewillt waren dieses Gesinnungsverfahren zu betreiben. Dies ist in jedem Fall bereits ein weiterer Skandal in der Reihe der unrühmlichen deutschen Justizgeschichte. Es ist zu hoffen, dass die Richter der Kammer des LG Erfurt die notwendige Sicht der Rechtsstaatlichkeit haben und dieser Farce mit einem eindeutigen Freispruch 1. Klasse für Herrn Richter Dettmar ein Ende bereiten und in ihrer Urteilsbegründung der StA Erfurt eine schallende rechtliche Ohrfeige erteilen.
    Respekt an KRiStA

      • Bettina auf 16. April 2023 bei 18:25
      • Antworten

      Im ersten Abschnitt unter Nr. 3 steht auch etwas von einem Anfangsverdacht, weil Richter Dittmar nicht zuständig gewesen sein soll, für eine Entscheidung nach dem Paragraph über das Kindeswohl.

      Ein Anfangsverdacht besteht dann, wenn „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine Straftat vorliegen. Voraussetzung ist das Vorliegen konkreter Tatsachen, die es möglich erscheinen lassen, dass eine Straftat vorliegt, bloße Vermutungen reichen nicht aus.

      Ich denke nicht, dass die Annahme einer Zuständigkeit, welche ja hier auch streitig ist, eine Straftat sein kann, die zu verfolgen wäre. Zumal es auch die §§ 17 ff GvG mit entsprechenden Telos gibt, auf die hier ja auch eingegangen wird.
      In dem oben von mir genannten Kommentar, steht an selber Stelle, dass nicht nur Entscheidungen in Betracht kommen, die ein Verfahren abschließen, sondern auch vorbereitende Verfahren.

      Daher könne auch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft unter § 336 StGB fallen.

    • Chris Hauck auf 16. April 2023 bei 17:11
    • Antworten

    Mit großem Interesse habe ich, Laie in Hinsicht auf das Thema, diesen hochinteressanten Text gelesen und Danke Ihnen für die lupenreine und sehr nachvollziehbare Darstellung, die mich mit grosser Sorge erfüllt. Aus dem Naturschutz kenne ich bereits jede Menge völlig unverständlicher und dem Naturschutz sehr abträglichen Rechtsauffassungen, die sogar bei noch laufenden Verfahren und ausstehenden artenschutzrechtlichen Gutachten, die Fällung von Bäumen erlaubt, was ja zu unumkehrbaren Tatsachen führt. So gesehen gab es keine Illusionen über die dominierende und oft genug auch empörende Art der deutschen Rechtsprechung. Im hier vorliegenden Fall ist offensichtlich, das kluge Menschen mit Rückgrat sich dem eigenen Wissen und einer objektiven Wissenschaft zu verpflichten, in der deutschen Justiz unerwünscht sind. Es wurden Exempel statuiert, die als Strafmassnahmen gegen ‚Abweichler‘ durchaus entlarvbar sind, siehe auchvHausdurchsuchungen, willkürliche monatelangen Konfiszierung von Privateigentum etc. […] Blinder Gehorsam in obskuren Seilschaften und Gewissenlosigkeit dürfen nicht die Kriterien werden, nach denen in Deutschland Richter ernannt werden. Bitte bleiben Sie standhaft, sie können stolz auf die Arbeit von Krista sein, auf Ihnen und Ihrer Organisation ruhen unzählige Hoffnungen auf Gerechtigkeit.

      • Detlef Schober auf 17. April 2023 bei 7:20
      • Antworten

      Danke Chris,
      ich schließe mich vollumfänglich Ihren Ausführungen an! Bravo!
      Welche Charaktere beherrschen die Staatsanwaltschaften hier in der BRD?
      Was ist speziell in Erfurt los?
      Für mich sind das Zustände, die aus der Zeit von 1933 an bekannt sind.

    1. Herzlichen Dank für derartigen Einblick in die juristischen „Dunkelkammern“ und Ihre unermüdliche Arbeit, die man nicht hoch genug schätzen kann.
      Obwohl schon vielfach erwähnt, aber leider nie wahrgenommen, obwohl es substantiell wäre, zumindest aus meiner Sicht:
      Der Grund, warum das Justizsystem in diesem Land nach meiner Wahrnehmung nicht neutral und frei in der Entscheidung ist/sein kann bzw. auf wackligen Füßen steht, ist eindeutig eine fehlende funktionelle Gewaltenteilung. Diese muss unabhängig sein, d.h. Legislative, Judikative und Exekutive müssen auf Augenhöhe, aber ohne gegenseitige Beeinflussung zueinander separiert sein. Ein Justizministerium das in der Exekutive und damit in Regierungsnähe angesiedelt ist, widerspricht jeder demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand und sind ursächlich für dieses Verfahren u.v.m. Spanien könnte hier als Vorzeigebeispiel gelten. Warum das seit der Gründung der Bundesrepublik und Ratifizierung des Grundgesetzes so unangetastet bleibt und nie Gegenstand eines Änderungsantrages war, ist mir als juristischer Laie ein Rätsel.

      1. Ergänzung aus akutem Grund:

        https://philosophia-perennis.com/2023/04/19/gefaehrliche-gleichschaltung-gefaesertes-disziplinarrecht-soll-auch-fuer-richter-gelten/

        So geht es weiter bis es zu spät ist. Aufschrei, Widerstand? Nicht bei uns, wir sind da sehr entspannt und können was aushalten. Man darf gespannt sein, wie die letzten Jahre schon.

  11. Vielleicht hilft es ja argumentativ im Verfahren, aber ich hatte mein grundschulpflichtiges Kind mit diesem (hier anonymisierten) Schreiben an die Schulleitung vor allen Maßnahmen über die gesamte Zeit schützen können: https://menschen.rechte.ovh/Musterschreiben_Befreiung_Grundschule.png

      • Matthias auf 21. April 2023 bei 8:59
      • Antworten

      Glückwunsch, wie du deinen Nachwuchs beschützt hast.
      Bleibt ihr der Schule immer noch fern?

    • News2020 auf 16. April 2023 bei 13:52
    • Antworten

    Es ist ja eine ehrenvolle Absicht eine Menge von angeblich entlastenden Informationen hier vorzutragen. Meines achtens hat sich der Richter hier missbrauchen lassen und ist einem Irrtum aufgesessen. Die detailierte Begründung seiner damaligen Entscheidung/ Beschlusses rechne ich ihm ehrlich gesagt nicht persönlich zu. […]

    • Thomas Th. auf 16. April 2023 bei 13:48
    • Antworten

    Wenn die Darstellung richtig ist, was wohl unterstellt werden darf, dann fragt sich doch eher, ob man nicht die handelnden Staatsanwältinnen wegen Rechtsbeugung verfolgen muss. Es gilt schließlich das Legalitätsprinzip. Was den General mitumfasst, der laut Geschäftsverteilungsplan einen weiblich klingenden Vornamen hat. Da geht nichts ohne Bericht und Vorabfax, oder wie das heute heißt. (Unser LOStA selig stand angeblich immer kerzengerade hinter dem Schreibtisch, wenn der General mit ihm telefoniert hat). Die Leute, die in so einem Fall auch noch das Hauptverfahren eröffnen, trifft das natürlich ebenso. Nur könnte bei denen einer von dreien dagegen gewesen sein, weshalb die leider außen vor bleiben.

    Hier gilt das Prinzip, dass man den Mann drankriegen muss. In meinem Unverstand erinnert mich das an die Zeiten von Hilde Benjamin.

    • Elke M. auf 16. April 2023 bei 13:20
    • Antworten

    Hervorragendste, brillant und sachlich erstellte Analyse – für Nichtjuristen tatsächlich verständlich dargelegt! Sie zeigt klar verständlich, logisch und konsistent die Schwächen seitens Anklage bzw. der Staatsanwaltschaft auf, auch mit den streckenweise ergangenen Widersprüchlichkeiten bezüglich der Zuständigkeiten und Formalitäten in dem Verfahren, denen die Staatsanwaltschaft von vornherein deutlich klarer hätte begegnen können und müssen! Etliches aus dieser Anklageschrift hätte sich damit erübrigt.
    Auch gerade im jetzigen Paradigmenwandel in der Rückschau auf die Coronamaßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit wünsche ich nun der Kammer in Erfurt in dem Verfahren einen tatsächlich guten und objektiven Weitblick und Gerechtigkeit gegenüber Herrn Richter Dettmar.

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