„Die Menschen dieses Landes sind keine Untertanen.“ – Hans-Jürgen Papier

Justiz mit offenem Visier

Zur Frage von Masken in der Gerichtsverhandlung

Von Dr. Manfred Kölsch und Oliver Nölken

Zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und seiner zwischenzeitlich aufgetretenen Varianten ist das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen (MNB) oder sogar von medizinischen Masken in fast allen Lebensbereichen zur Pflicht erklärt worden. Die einschlägigen Vorschriften in den Corona-Verordnungen der Länder gelten grundsätzlich auch für Gerichtsgebäude als öffentliche Gebäude und als Arbeitsplätze.

Sie gelten jedoch nicht für die Gerichtsverhandlung selbst, und das hat einen einfachen Grund: Nach § 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) entscheidet der vorsitzende Richter über alle sog. sitzungspolizeilichen Maßnahmen, also über alles, was der Aufrechterhaltung der äußeren Ordnung des Verfahrens und dem Schutz der Verfahrensbeteiligten dient1. Weil Bundesrecht Landesrecht bricht (Art. 31 GG), ist der Vorsitzende, dem diese Kompetenz durch Bundesgesetz eingeräumt ist, in der Sitzung nicht an die Corona-Verordnungen des jeweiligen Landes gebunden.

In der Praxis führt dies zu einer sehr unterschiedlichen Handhabung des Maskentragens in Gerichtsverhandlungen. Es sind nicht nur maskierte wie unmaskierte Richter anzutreffen, sondern die Bandbreite reicht von Vorsitzenden, die sich weigern, mit Verfahrensbeteiligten zu verhandeln, die keine Maske tragen, bis hin zu solchen, die nicht mit Beteiligten verhandeln, die es tun. Repräsentative Daten dazu gibt es bislang nicht. Aus eigener Erfahrung wie aus Gesprächen mit Richtern und Anwälten aus dem ganzen Bundesgebiet gehen wir jedoch davon aus, dass die weit überwiegende Mehrheit von Richtern aktuell und seit Monaten das Tragen von Masken in ihrem Gerichtssaal verlangt.

Aber ist das überhaupt zulässig? Nach unserer Auffassung bietet es sich an, sich dieser Frage nicht ideologisch, sondern nüchtern und rechtlich zu nähern.

I. Das Verhüllungsverbot des § 176 Abs. 2 GVG

Bis Ende 2019 bestand § 176 GVG aus nur einem einzigen Satz:

Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.“

Diese knappe und klare Aufgabenzuweisung hätte wohl für einen Richter, der seinen Gerichtssaal für einen Ort des Infektionsrisikos und Masken für ein probates Mittel zu dessen Abwendung hält, ausgereicht, um eine Maskenpflicht zu verhängen.

Doch durch das am 13.12.2019 in Kraft getretene „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ wurde der Vorschrift des § 176 (jetzt: § 176 Abs. 1) GVG ein Absatz 2 hinzugefügt. Dessen Wortlaut ist eindeutig:

An der Verhandlung beteiligte Personen dürfen ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen. Der Vorsitzende kann Ausnahmen gestatten, wenn und soweit die Kenntlichmachung des Gesichts weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist.

1. Der genaue Inhalt des Verhüllungsverbots

Nach den Gesetzesmaterialien2, also den zugrunde liegenden Erwägungen des Gesetzgebers, gilt dieses Verhüllungsverbot für die Dauer der Gerichtssitzung nach § 169 GVG, ab dem Aufruf der Sache bis zum Verlassen des Gerichtssaals durch das Gericht. Das Verbot gilt nach dem Gesetzestext für die „an der Verhandlung Beteiligten“. Das sind z.B. Staatsanwälte, Parteien, Beschuldigte, Anwälte bzw. Verteidiger, Protokollführer, Nebenkläger, Zeugen, Sachverständige oder Dolmetscher. Für Richter gelten entsprechende Verhüllungsverbote nach den dienstrechtlichen Vorschriften (z.B. für Richter im Landesdienst nach § 71 DRiG i.V.m. § 34 S. 2 BeamtStG oder entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften). Nicht zum Kreis der Verfahrensbeteiligten gehören lediglich die Zuschauer in der Gerichtsverhandlung; für sie gilt nach wie vor lediglich § 176 Abs. 1 GVG.

Der Sache nach betrifft das Verbot „sämtliche Formen“ der Gesichtsverhüllung3. Es sind sämtliche „Textilien und andere Gegenstände (untersagt), die dazu dienen, das Gesicht oder Teile desselben zu verdecken“. Mit Gesicht ist „die Fläche zwischen Stirn und Kinn“ gemeint4.

Hiervon ausgehend, kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass auch das zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 praktizierte Tragen einer MNB oder einer medizinischen Maske unter den Begriff der Gesichtsverhüllung fällt und mithin nach dem Wortlaut des § 176 Abs. 2 GVG grundsätzlich unzulässig ist und erst recht nicht vom Vorsitzenden angeordnet werden darf.

2. Der Sinn und Zweck des Verbots

Die Verhängung solcher Verhüllungsverbote war das Ergebnis eines langen politischen Meinungsbildungsprozesses, der sich im Wesentlichen um die im Islam teilweise praktizierte Vollverschleierung von Frauen (Burka, Niqab) drehte, aber nicht darauf beschränkte. Die für die Neuregelung angeführten Gründe reichten wesentlich weiter und tiefer und berührten die Fundamente eines fairen, rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens. Die Gesetzesmaterialien nennen als Schutzzweck der Norm denn auch die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete „Wahrung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege“5.

Wesentliches Argument der Neuregelung war, dass es die Gerichte in ihrer Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit behindere, wenn sie sich nicht auch ein umfassendes Bild von der nonverbalen Kommunikation der Beteiligten machen könnten. Denn diese – und insbesondere der Gesichtsausdruck eines Gesprächsbeteiligten – bilde den Hintergrund, vor dem seine verbalen Äußerungen interpretiert würden; sie bestimme also die Gesprächsatmosphäre.6 Die Verhüllung des Gesichts könne für die übrigen Beteiligten verunsichernd wirken: „Sie können die Reaktion der verschleierten Person auf ihre Äußerungen nicht einschätzen. Dies kann (…) dazu führen, dass Parteien zurückhaltender in der Äußerung des eigenen Rechtsstandpunktes sind.“7

Besonders plakativ drückten es in der Debatte des Bundesrates am 21.09.2018 etwa zwei Landesjustizminister aus8:

Gesichtsverhüllungen sind mit der Wahrheitsfindung nicht vereinbar und deshalb im Gerichtssaal tabu. (…) Ohne Mimik und Gestik ist eine Aussage wenig bis nichts wert.“

(Peter Biesenbach, Justizminister NRW)

Der Rechtsstaat braucht den freien Blick ins Gesicht. Eine offene auch nonverbale Kommunikation ist Eckpfeiler einer effektiven Verhandlungsführung und damit unverzichtbar. (…) Wie soll ein Gericht im Falle einer Verschleierung beurteilen, ob die Zeugin plötzlich rot oder ganz blass wird, ob sie zu schwitzen beginnt oder unsicher in die Richtung eines Dritten blickt? Wie soll das Gericht ein gerechtes Urteil fällen, wenn es seine Erkenntnisse nicht auf Zeugen stützen kann, die es von Angesicht zu Angesicht gesehen und erlebt hat, weshalb es auch keinen Eindruck von der Glaubwürdigkeit hat?“

(Winfried Bausback, damaliger Justizminister Bayern)

Diese Erwägungen sind allgemeingültig. Sie hängen nicht davon ab, aus welchem Grund ein Verfahrensbeteiligter sein Gesicht verbirgt. Auch bei dem Verfahrensbeteiligten, der zum Zweck des Infektionsschutzes eine Maske trägt, hat das Gericht keinen „freien Blick ins Gesicht“. Auch bei ihm sieht es nur wenig von der Mimik und ist in der Wahrnehmung und Würdigung seiner nonverbalen Kommunikation eingeschränkt. Um es mit NRW-Justizminister Peter Biesenbach pointiert auszudrücken: Auch die Aussage eines Zeugen, der eine Maske trägt, ist „wenig bis nichts wert“. Die Auslegung der Norm nach ihrem Sinn und Zweck bestätigt und bestärkt also ihren unmissverständlichen Wortlaut.

3. Absolutes Verbot der Verhüllung bei Identitätsfeststellung und Beweiswürdigung

Der Vorsitzende kann Ausnahmen von dem Verbot des § 176 Abs. 2 GVG gestatten (s. dazu unten), „wenn und soweit die Kenntlichmachung des Gesichts weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist“. In diesen beiden Kernaspekten des Verfahrens ist das Verbot also absolut; die Verhüllung des Gesichts darf vom Gericht nicht, auch nicht ausnahmsweise, gestattet werden.

Das ist im Hinblick auf den oben dargelegten Sinn und Zweck der Norm konsequent: Das Gericht muss wissen, wer vor ihm sitzt, und es muss sich ein umfassendes Bild von seiner Kommunikation, einschließlich der nonverbalen, machen können. Diese Kriterien sind Ausdruck einer von Offenheit geprägten Kommunikationskultur eines rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens, dessen zentrales Element der Austausch von „Angesicht zu Angesicht“ ist9.

Der Gesetzgeber erwartet daher vom vorsitzenden Richter, dieses Verbot durchzusetzen und auf seine Einhaltung hinzuwirken10 – falls entsprechende Bitten nichts fruchten, auch unter Anwendung seiner sitzungspolizeilichen Befugnisse aus § 176 Abs. 1 GVG bis hin zur Androhung und Anwendung von Ordnungsmitteln nach §§ 177, 178 GVG11. Auch dabei macht es keinen Unterschied, ob ein Verfahrensbeteiligter sein Gesicht aus religiösen Gründen, aus Unhöflichkeit oder aus Gründen des Infektionsschutzes verbirgt.

4. Die ausnahmsweise Gestattung

Außerhalb der Erfordernisse der Identitätsfeststellung und Beweiswürdigung „kann“ der Vorsitzende Ausnahmen vom Verbot der Gesichtsverhüllung gestatten. § 176 Abs. 2 GVG räumt ihm also ein Ermessen ein, bei dessen Ausübung er sich von sachgerechten und nachvollziehbaren Gründen leiten lassen muss.

Auszugehen ist auch dabei vom Charakter dieser Ermessensregelung als Ausnahme von einer Verbotsnorm. Vom Gesetzgeber gewollt ist also keinesfalls, dass außerhalb von Identitätsfeststellung und den für die Beweiswürdigung maßgeblichen Vorgängen in nennenswertem Umfang Masken oder andere Gesichtsbedeckungen getragen werden. Der Gesetzgeber hatte vielmehr die Situation im Blickfeld, dass ein Verfahrensbeteiligter im Einzelfall den Wunsch kundtut, ihm das Tragen einer Gesichtsbedeckung zu erlauben.

Die Beschränkung auf den Einzelfall gilt ausdrücklich auch für den Wunsch, aus medizinischen Gründen eine Maske zu tragen. In ihrem seinerzeitigen Antrag zur Neuregelung des § 176 GVG hatten die Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern ausdrücklich auf eine entsprechende Ausnahmeregelung verzichtet und hervorgehoben, es könne sich allenfalls um „in der Praxis seltene Fälle“ handeln, denen im Rahmen der prozessrechtlichen Vorschriften angemessen Rechnung zu tragen sei12. Durch den Verzicht auf eine Ausnahmeregelung zugunsten eines generellen Verbots werde sogar Konfliktpotenzial vermieden, denn andernfalls „müsste der Vorsitzende jeweils vor Beginn der Verhandlung prüfen, ob die medizinische Indikation, etwa durch ein aussagekräftiges (fach-)ärztliches Attest, hinreichend glaubhaft gemacht ist oder nicht.“13

Nur in einem engen Rahmen werden also – konkret bestehende und glaubhaft vorgetragene – gesundheitliche Gründe in der Ermessensentscheidung des Vorsitzenden zum Tragen kommen können. Hier hat eine Verhältnismäßigkeitsprüfung darüber stattzufinden, ob die gesundheitlichen Gründe das gesetzliche Gebot zu einer offenen Verhandlungsführung überwiegen.

Insbesondere reicht die Berufung auf eine abstrakte Behauptung oder den Verdacht auf einen „virusbedingten Ausnahmezustand“ nicht aus. Hält das Gericht die Infektionsgefahr in einer Gerichtsverhandlung generell für zu hoch und auch im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos nicht für vertretbar, so müsste es stattdessen die Verhandlung vertagen.14

II. Der versperrte Umweg über § 176 Abs. 1 GVG

Das Zwischenergebnis könnte klarer kaum sein: § 176 Abs. 2 GVG verbietet die Gesichtsverhüllung, auch wenn sie mit Alltagsmaske oder medizinischer Maske stattfindet. Das Tragen von Masken ist absolut unzulässig, wenn es die Identitätsfeststellung oder die Beweiswürdigung stören könnte. Abseits davon kann es im Einzelfall gestattet werden. § 176 Abs. 2 GVG bietet aber in keinem Fall eine Handhabe für die Verhängung einer Maskenpflicht in der Gerichtsverhandlung. Etwas Verbotenes „gestatten“ ist etwas grundsätzlich anderes, als einem Verfahrensbeteiligten etwas von ihm nicht Gewolltes aufzuzwingen15.

Soweit von vorsitzenden Richtern eine Maskenpflicht im Gerichtssaal verhängt wird (und sie sich überhaupt über die rechtlichen Grundlagen vertiefte Gedanken machen), wird diese stattdessen auf die – vermeintliche – Generalklausel des § 176 Abs. 1 GVG gestützt. Wir erinnern uns: Der Satz, der früher den ganzen § 176 GVG bildete und zur Regelung der sitzungspolizeilichen Gewalt des Vorsitzenden über Jahrzehnte vollauf genügte. Dass § 176 Abs. 1 GVG eine hinreichende Grundlage für eine Maskenpflicht biete, vertrat etwa das Landgericht Frankfurt/Main in einem Beschluss vom 05.11.202016 mit näherer Begründung.

Diese Rechtsauffassung erstaunt nicht nur, sie beruht auf einem offensichtlichen Fehler – ja geradezu einem Anfängerfehler. Sie ignoriert nämlich eine allgemeine und grundlegende Auslegungsregel im Recht: „Lex specialis derogat legi generali.“ Zu Deutsch: „Das spezielle Gesetz verdrängt das allgemeine Gesetz.“17 Dies bedeutet: Ist ein Sachverhalt (hier: die Gesichtsverhüllung) in einer Spezialvorschrift (§ 176 Abs. 2 GVG) vollständig und abschließend geregelt, dann ist zur Regelung dieses Sachverhalts ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift (§ 176 Abs. 1 GVG) ausgeschlossen und unzulässig18.

Diese Auslegungsregel gründet in der Vermutung, dass der Gesetzgeber keinen Rechtssatz schaffen wollte, der über keinen praktischen Anwendungsbereich verfügt. Genau das wäre jedoch der Fall, wenn man statt der speziellen Vorschrift „einfach“ die allgemeine anwenden könnte, etwa weil einem das Ergebnis besser gefällt. Konkret also: Müsste der Vorsitzende das Verbot und die engen Ausnahmeregelungen des § 176 Abs. 2 GVG nicht beachten und könnte er stattdessen nach § 176 Abs. 1 GVG das Maskentragen nach Belieben gestatten oder anordnen, dann wären seine Befugnisse genau dieselben, als wenn § 176 Abs. 2 GVG niemals eingeführt worden wäre.

Es verwundert kaum, dass sich das Landgericht Frankfurt/Main19 mit dem Verhältnis der beiden Absätze des § 176 GVG zueinander gar nicht auseinandergesetzt hat; so kam es von vornherein nicht in die „Verlegenheit“, sich zur Lex-specialis-Regel äußern zu müssen. Erstaunlicher ist da schon, dass das Bundesverfassungsgericht20 auf ähnlicher Linie und äußerst schmallippig eine Verfassungsbeschwerde einer Rechtsanwältin gar nicht erst zur Entscheidung angenommen hat21.

III. Pragmatische Lösungen

Wir sind keine „Corona-Leugner“, und wir bezweifeln nicht die Sinnhaftigkeit von Infektionsschutzmaßnahmen in Gerichtsverhandlungen. Schon gar nicht ist es unsere Absicht, mit diesem unserem Beitrag unnötige Konflikte in die Verhandlungen von Kolleginnen und Kollegen zu tragen. Alle Beteiligten sind aufgerufen, in diesen ungewöhnlichen Zeiten mit pragmatischen Lösungen ihren Beitrag zum Funktionieren der Justiz zu leisten.

Nur müssen diese Lösungen auf dem Boden des geltenden Prozessrechts gesucht werden und nicht außerhalb von ihm. Vorsitzende Richter, die entgegen dem geltenden Recht Verfahrensbeteiligte zum Tragen von Masken zwingen oder es auch in Situationen dulden, in denen es ohne Ermessensspielraum verboten ist, tragen nicht zu einer respektierten und funktionsfähigen Justiz bei, sondern zu einer Erosion des gesetzlich gewollten offenen Gerichtsverfahrens mit „freiem Blick ins Gesicht“.

Stattdessen kann und sollte im Rahmen der Gerichtsorganisation Sorge dafür getragen werden, dass Gerichtsverhandlungen in ausreichend großen Sälen durchgeführt werden, die es den Verfahrensbeteiligten ermöglichen, jederzeit großzügigen Abstand zueinander zu halten. Werden diese Sitzungssäle ausreichend und ordentlich gelüftet, geht das Ansteckungsrisiko gegen Null, ohne dass eine Maske dann noch nennenswerten zusätzlichen Eigen- oder Fremdschutz bieten könnte oder gar müsste.

Im Übrigen gilt, wie in jeder Verfahrenslage: Ein guter Vorsitzender wird seine Prinzipien kennen und durchsetzen können, ohne auf ihnen reiten zu müssen. Es liegt in seinem Beurteilungsspielraum, was er für die Identitätsfeststellung und Beweiswürdigung braucht, und wie viel er außerhalb davon zulassen kann und möchte, ohne die Würde des Gerichts und den Charakter der Verhandlung zu gefährden.

In jedem Fall entscheidend ist, dass der Richter selbst seiner Vorbildfunktion gerecht wird und „mit offenem Visier“ verhandelt. Im Idealfall wird dann ein kurzer Hinweis am Beginn der Verhandlung, dass die Maske abgenommen werden kann, dafür ausreichen, dass die Verfahrensbeteiligten das auch tun.

1 Lückemann in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 176 Rn. 5.

2 BT-Drs. 19/14747, S. 43/44.

3 Ebda., S. 43.

4 Ebda.

5 Ebda., S. 43 f.

6 BR-Drs. 408/18, S. 5.

7 Ebda.

8 BR-Plenarprotokoll 970, S. 274 f.

9 Wickern, in LR-StPO, 2018, § 176 GVG Rdnr. 16;§ 178 GVG, Rdnr 5

10 BT-Drs. 19/14747, S. 43.

11 Heuser/Bockemühl, „Der Rechtsstaat braucht den freien Blick ins Gesicht“ – Maskerade in der Hauptverhandlung?, KriPoZ 2020, 342; ebenso: auf der Heiden, Prozessrecht in Zeiten der Corona-Pandemie, NJW 2020, 1023 [1024].

12 BT-Drs. 18/408, S. 5.

13 Ebda.

14 Heuser/Bockemühl, a.a.O., S. 346.

15 Ebda., S. 347 f.

16 Az.: 2-03 T 4/20.

17 Siehe zum Überblick https://de.wikipedia.org/wiki/Lex_specialis, abgerufen am 21.04.2021, und zur Vertiefung die dort nachgewiesene rechtsmethodische Literatur.

18 Ebenso Heuser/Bockemühl, a.a.O., S. 348.

19 A.a.O.

20 Beschluss v. 28.09.2020, Az.: 1 BvR 1948/20.

21 Allenfalls im Ergebnis, aber nicht in der Begründung mag dies vertretbar sein: Bekanntlich ist das BVerfG keine „Superrevisionsinstanz“, die dazu berufen wäre, jede falsche Rechtsanwendung durch die Instanzgerichte zu korrigieren.

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